30 Jahre "Jurassic Park" – großes Dinosaurier-Spektakel

Am 11. Juni 1993 kommt "Jurassic Park" in die US-Kinos. Spielbergs größter Erfolg gilt als CGI-Pionierleistung – doch nur 6 Filmminuten stammen vom Computer.

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(Bild: Universal Pictures)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • René Meyer
Inhaltsverzeichnis

Als Steven Spielberg vom kommenden Roman des "Westworld"-Autors Michael Crichton erfährt, ist er Feuer und Flamme: Dinosaurier in einem Vergnügungspark. Geklont aus Blutstropfen, die man in Stechmücken findet; Millionen von Jahren eingeschlossen in Bernstein. Dinos stehen hoch im Kurs. Die Firma Dinamation zeigt seit Anfang der achtziger Jahre in einer Wanderschau überall auf der Welt Roboter-ähnliche Modelle in Originalgröße.

1987 widmet der "Spiegel" den ausgestorbenen Riesen gar ein Titelthema. Auch Spielberg hat bereits Blut geleckt: Zusammen mit seinem Freund George Lucas produziert er 1988 den Trickfilm "In einem Land vor unserer Zeit", das die Urzeit-Welle befeuert. So sichert er sich für 1,5 Millionen Dollar die Rechte am Roman (der in Deutschland zunächst "DinoPark" heißt) und bietet dem Autor zusätzliche 500.000 Dollar für das Drehbuch.

Der Film steht und fällt mit der glaubwürdigen Darstellung der Saurier. Sie sollen realistisch wirken, wie Tiere, nicht wie Monster. Für die Nahaufnahmen lässt Spielberg Animatronics bauen, mechanische Puppen wie schon in "E.T." und "Der weiße Hai". Sie bestehen aus einem Metallskelett, das ein Drahtnetz überzieht, verfestigt mit Ton und mit einer Haut aus Latex. Das Meisterstück ist der T-Rex: 6 Meter hoch, 12 Meter lang, 4.000 Kilogramm schwer. Er kann seinen Kopf bewegen, mit seinem Maul schnappen und vieles mehr. Möglich machen es eine Vielzahl eingebauter Motoren, die von bis zu 20 Operatoren ferngesteuert werden. Erschaffer der Dino-Roboter ist das Team von Stan Winston, das auch hinter der Queen in "Aliens" steckt.

Es gibt viele Außenaufnahmen auf Hawaii und in der Mojave-Wüste; doch das Innere des Besucherzentrums mit seinen Laboren und ein Stück Hauptstraße entstehen im Studio. Der Angriff des T-Rex auf die Jeeps ist besonders anspruchsvoll, zumal der ständige Regen der Technik zu schaffen macht: Das Wasser ändert das ausbalancierte Gewicht des Riesen, dringt durch die Latexhaut in das Innere der Maschine und gefährdet die Elektrik.

Ursprünglich soll der übermächtige Gegner getötet werden; aber Spielberg entscheidet spontan, ihn auch im Finale im Besucherzentrum einzubauen. Das soll ursprünglich nur von zwei Raptoren bestritten werden, was ihm bei näherer Überlegung zu dünn vorkommt.

Animatronics sind prächtig für Nahaufnahmen, aber schwerfällig. Um Gruppen von Sauriern darzustellen und Verfolgungsjagden (etwa wenn der T-Rex hinter dem Jeep stapft), denkt Spielberg an Stop-Motion, eine uralte Technik, mit der schon "King Kong" 1933 in Szene gesetzt wird. Miniaturpuppen, die im Einzelbild-Verfahren aufgenommen und in reale Szenen kopiert werden. Zwar gibt es mit Go Motion eine Weiterentwicklung, die das Ruckeln verringert und Bewegungsunschärfe einbringt, doch Spielberg ist nicht zufrieden. Dennis Muren von ILM, der Spezialeffekte-Schmiede, die mit "Krieg der Sterne" startet, bringt die Lösung: Computer (überwiegend Workstations von SGI).

Jurassic Park – 30 Jahre (29 Bilder)

(Bild: Universal Pictures)

Bisher wird Software kaum für grafische Effekte eingesetzt; Beispiele sind das rankenähnliche Wasser-Wesen in "The Abyss" oder das Morphing in "Terminator 2". Nun soll es einen Schritt weitergehen, um "reale" Lebewesen, mit "natürlicher" Haut. Die Experimente beginnen mit einer rennenden Herde von Sauriern, zunächst als Skeletten. Spielberg ist begeistert von der flüssigen Darstellung. Der Go-Motion-Experte Phil Tippett ist zunächst niedergeschlagen, weil ihm klar wird, dass CGI die Zukunft ist. Doch er kann sein Wissen über Bewegungen von Tieren am Rechner einsetzen. Er führt nicht mehr Regie über Miniatur-Modelle, sondern über Computer-Saurier. Etwa über den enorm großen Brachiosaurus mit dem langen Giraffenhals am Anfang, der komplett digital ist.

Stop-Motion kommt trotzdem zum Einsatz, um gefilmte 3D-Storyboards zu erstellen. Diese Animatics arrangieren mit Modellen z.B. der Jeeps und mit Miniaturen der Schauspieler den Ablauf einer zu drehenden Szene. Alles fügt sich zusammen: reale Aufnahmen, Stan Winstons Roboter, Dennis Murens Software, Phil Tippetts Choreografie. Und kaum jemandem fällt auf, dass im größten Dino-Film aller Zeiten nur 15 Minuten Dinos zu sehen sind – 9 Minuten als Modell, 6 Minuten aus dem Computer.