Kampf gegen Verkehrslärm: Blitzer sollen Rowdys erfassen

Die Lärmbelastung durch getunte Autos und Motorräder nimmt zu. Gegen den Krach sollen Blitzer helfen, doch deren Einsatz ist rechtlich nicht ganz einfach.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 20 Kommentare lesen
Endrohr Auspuff

Fahrer von getunten Autos und Motorrädern erfreuen sich am Klang ihrer Maschinen - und nerven damit Anwohner.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

In Städten wie auf dem Land nimmt der Verkehrslärm durch laute Motorräder und Fahrzeuge zu. Innerorts sind es Autoposer, in landschaftlich reizvoller Umgebung Biker, die Anwohner mit ihrem fahrbaren Untersatz beschallen. An einigen Orten hat das Ausmaße angenommen, die nur schwer erträglich sind. Abhilfe könnte ein Lärm-Blitzer schaffen, doch sein rechtssicherer Einsatz ist nicht ganz einfach. Dennoch macht sich die Initiative "Silent Riders" dafür stark, einen Versuch zu starten.

In Nideggen in der Eifel lassen viele Menschen nachts trotz der hohen Temperaturen die Fenster zu. Auch Nideggens Bürgermeister Marco Schmunkamp (parteilos) kann die Motorradfahrer bis tief in die Nacht hören, obwohl er ein Stück von ihren Lieblingsstrecken entfernt wohnt, wie er erzählt. Bürger beschweren sich regelmäßig bei ihm über den Lärm. Schmunkamp ist nicht nur Bürgermeister, sondern auch Vorsitzender der Initiative "Silent Riders": Er will den Fahrern mit überlauten Maschinen das Handwerk legen.

Die Initiative fordert den Einsatz von Lärm-Blitzern. Die Geräte messen im Gegensatz zu Radarfallen nicht das Tempo, sondern den Lärmpegel von Autos und Motorrädern. Mit einer Kamera und einem Kennzeichenlesegerät könnten überlaute Fahrer identifiziert werden. Ziel sind Strafzettel mit Dezibel statt überhöhtem Tempo. Solche Lärm-Blitzer werden aktuell in Frankreich und der Schweiz getestet. Auch in Nordrhein-Westfalen werden die Rufe danach lauter.

"Die Motorradfahrer sagen, ihr nehmt uns unsere Freiheit", sagt Schmunkamp. "Aber die Freiheit endet doch da, wo ich jemanden anderen einschränke. Wenn da einer zum Beispiel meint, er muss besonders laut im zweiten Gang durch den Ort fahren." Auch im westfälischen Hamm werden Lärm-Blitzer gefordert. Die CDU rief die Stadt dazu auf, sich für ein Pilotprojekt beim Land zu bewerben. In Dortmund verlangen CDU und Grüne gemeinsam, den Einsatz von Lärm-Blitzern zu prüfen.

Verkehrsgeräusche kommen plötzlich. Dies mache sie zur unangenehmsten Lärmquelle, sagt Akustik-Expertin Brigitte Schulte-Fortkamp. "Man weiß nie genau, wann ein Geräusch auftauchen wird, wie laut es sein wird und wie lange es dauern wird", so die Lärmforscherin. An solche Verkehrsgeräusche könne man sich nie ganz gewöhnen, auch wenn man es sich einrede. "Das ist ein Trugschluss, und zwar ein gefährlicher", erklärt Schulte-Fortkamp. Anhaltender Verkehrslärm sei vor allem nachts nervenzehrend und könne auf Dauer krank machen: Neben Stress und Ängsten drohten im schlimmsten Fall Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Aktuell ist die Polizei für die Verkehrslärm-Prüfung zuständig, oft mit eigenen Messgeräten. Die maximal erlaubten Dezibel stehen im Fahrzeugschein. Lärm-Blitzer bräuchten keine Polizisten an ihrer Seite. In Deutschland werden die Geräte aktuell allerdings weder genutzt noch getestet. Die Technik sie nicht kompliziert, sagt ein Sprecher des Bundesverbandes für Verkehrssicherheit in Berlin. Die Entwicklung und die Produktion von Lärm-Blitzern sei "überhaupt kein Hexenwerk".

Allerdings gebe es hohe rechtliche Hürden für den Einsatz der Geräte. Es fehle vor allem die Technik, um den Lärmpegel rechtssicher einzelnen Autos oder Motorrädern zuzuweisen, sagt ein Sprecher des NRW-Innenministeriums in Düsseldorf. Denn dafür dürften keine Zweitgeräusche in die Messung einfließen, etwa von entgegenkommenden Fahrzeugen.

Für das Ministerium bleiben Lärm-Blitzer deswegen erst einmal nur ein grundsätzlich "interessantes Projekt". Eine Ahndung wie bei Tempoverstößen sei aktuell ohnehin nicht möglich, weil der Bußgeldkatalog keine entsprechende Dezibel-Staffelung vorsehe. Bürgermeister Schmunkamp und "Silent Riders" fordern deshalb die Einführung von Lärmobergrenzen in Ortschaften. So könnten zum Beispiel die Fahrer schneller enttarnt werden, die ihre Auspuffanlagen manipuliert haben. "Aber davon sind wir in Deutschland noch meilenweit weg", sagt Schmunkamp.

(mfz)