Kernel-Log: 15.000.000 Zeilen Code, 3.0 wird Longterm-Kernel

Seite 2: Linux 3.0 wird Longterm-Kernel, Staccato

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Greg Kroah-Hartman hat zum Jahresanfang die Kernel-Versionen 2.6.32.52, 3.0.15 und 3.1.7 freigegeben, die ein Problem beim Aufwachen aus systemweiten Schlafzuständen beseitigen sollen. Einige Tage später folgten der Longterm-Kernel 2.6.32.53 sowie die Stable-Kernel 3.0.16 und 3.1.8.

In einem Blog-Eintrag und einer Mail an die LKML erläuterte Kroah-Hartman wenig später, wie er bei der Pflege der verschiedenen Kernel-Versionen weiter vorgehen will. Die Betreuung der 3.1er-Reihe will er in Kürze einstellen; lediglich ein oder maximal zwei Updates sollen noch erscheinen. Linux 3.2 wird wie bei Stable-Kerneln üblich bis kurz nach der Freigabe von Linux 3.3 weiter gepflegt.

Dem bislang als "Stable-Kernel" gewarteten Linux 3.0 verlieh Kroah-Hartman den Status "Longterm-Kernel". Um den will er sich mindestens zwei Jahre kümmern, wie er es vor einigen Monaten in einer Diskussion um die Vorgehensweise bei Stable- und Longterm-Kerneln vorgeschlagen hatte.

Die Pflege des Longterm-Kernels 2.6.32 will Kroah-Hartman bald einstellen; vermutlich in einem Monat "oder so". Möglicherweise würde jemand anders die Betreuung dann übernehmen, was aber noch nicht sicher sei. Er betont in dem Rahmen, dass alle anderen Longterm-Kernel von anderen Leuten gewartet werden und er zu den weiteren Planungen dieser Entwickler nichts sagen könne.

Steven Rostedt erläuterte in Umfeld der Ankündigungen von Kroh-Hartman, die auf Echtzeit-Eigenschaften hin optimierten RT-Kernel auf Basis von Linux 3.0 (3.0.y-rtx) ebenfalls zwei Jahre warten zu wollen.

Kernel

  • Der Entwickler "argp" hat einen längeren Blog-Eintrag verfasst, der die Arbeitsweisen der drei im Kernel enthaltenen Memory Allocator SLAB, SLUB und SLOB näher erläutert. Mit einem von ihnen verwalten und verteilen moderne Kernel kleinere Häppchen des Arbeitsspeichers, daher sind sie für die System-Performance wichtig.

Unterstützung für Grafikhardware

  • AMD-Entwickler Alex Deucher hat einige der Tabellen im Xorg-Wiki überarbeitet, mit denen sich unter anderem Grafikchip- und Produktnamen von AMD-Grafikhardware aufschlüsseln lassen. Mit diesen Angaben lässt sich etwa herausfinden, welche Radeon-HD-Modelle der 7000er-Reihe auf Grafikkernen der Northern-Islands-Generation basieren, für die es schon länger quelloffene Linux-Treiber gibt; die anderen Grafikkarten der im Dezember eingeführten 7000er-Serie erfordern bislang den proprietären Hersteller-Treiber. AMDs Entwickler arbeiten dem Berichten zufolge an quelloffenen Linux-Treibern, die wohl in den nächsten Woche oder Monaten freigegeben werden sollen.
  • Bereits kurz vor dem Jahreswechsel hat Keith Packard die erste als "Release Candidate" eingestufte Vorabversion des für März geplanten X-Servers 1.12 veröffentlicht. Mit ihr erhielt der X-Server von X.org die im letzten Kernel-Log angesprochene Unterstützung für Multitouch. Peter Hutterer, treibende Kraft hinter der Multitouch-Implementation für den X-Server, erläutert einige Aspekte zu "Multitouch in X" in den Blog-Einträgen "Getting events", "Pointer emulation" und "Touch grab handling".
  • Die nächste Version der OpenGL-Implementierung und 3D-Treiber-Sammlung Mesa 3D, die derzeit vorbereitet wird, wird die Versionsnummer 8.0 tragen. Zu diesem kürzlich vorgenommenen Versionssprung haben sich die Entwickler entschlossen, weil die für Februar geplante Version die erste sein wird, die OpenGL 3.0 vollständig unterstützt.
  • Daniel Vetter hat die Version der 1.1 der intel-gpu-tools veröffentlicht, die einige vornehmlich auf Intel-Grafikhardware abgestimmte Test- und Fehlerfindungs-Werkzeuge enthalten.
  • In einem Blog-Eintrag erläutert Kernel- und X.org-Entwickler Dave Airlie einige Fortschritte beim "hotplug server", durch den ein bereits laufender X-Server Grafikhardware ohne Neustart zuschalten kann. Das ist etwa für via USB angeschlossene Monitore sowie Systeme interessant, bei der man zwischen Prozessor-Grafik und separatem Grafikchip umschalten kann.

Kernel-Umland ("Plumbing layer"), Userland-Treiber, Entwicklertools, ...

  • Lucas De Marchi und Gustavo Barbieri haben die Version 3 von Kmod freigegeben (1, 2). Mit ihr enthält die Software auch einen Ersatz für Depmod und somit alles Nötige, um die Module-Init-Tools zu ersetzen, zu denen auch Lsmod oder Modprobe gehören. Diese Ablösung ist mittlerweile fest geplant, wie die Entwickler (1, 2) und der Betreuer der Module-Init-Tools bekannt gaben.
  • Stephen Hemminger hat die auf Linux 3.2 abgestimmte, aber auch mit älteren Kernel-Versionen arbeitende Version 3.2 von Iproute2 mit dem Werkzeug "ip" zur Netzwerkkonfiguration freigegeben.
  • Mathieu Desnoyers hat das 2.0 prerelease bundle 20111223 der maßgeblich von ihm vorangetriebenen Tracing-Lösung LTTng freigegeben.
  • Die kürzlich veröffentlichte Version 3.2.3 des Software-RAID-Werkzeugs Mdadm bringt bessere Unterstützung zum Reshape bei HostRAID-Controllern von Intel – also dem Vergrößern existierender RAIDs oder dem Migrieren zu einem anderen RAID-Level unter Datenerhalt.
  • Karsten Keil hat Git-Depots mit Software veröffentlicht, mit der sich CAPI-2.0-Unterstützung bei passiven ISDN-Chips mit dem mISDN-Treiber nutzen lässt. Dadurch kann man beispielsweise mit passiven ISDN-Karten faxen, was der Entwickler erfolgreich testen konnte.

LKML-Diskussionen

  • Tim Bird, eine der treibenden Kräfte hinter dem Android Mainlining Project, hat den Android Logger zur Begutachtung an die LKML geschickt. Damit wollte er eine Aufnahme des Frameworks vorbereiten, das Android zum Loggen nutzt. Es folgte reichlich Kritik an dem lediglich 700 Zeilen umfassenden Patch und dessen Ansatz. Bird hat die Diskussion kürzlich nochmals angeschoben und fragt kritisch, ob es trotz aller Kritik an der Implementierung nicht doch eine gute Idee sei, den Code aufzunehmen.
  • Linus Torvalds hat abermals betont, neue Kernel-Funktionen sollten so gut wie nie eine Konfigurations-Vorgabe setzen, durch die diese Funktion standardmäßig eingeschaltet würde. Bereits einige Wochen zuvor hatte er einige Kernel-Entwickler mal wieder daran erinnert, dass Regressionen ("regressions") bei der Kernel-Entwicklung absolut unakzeptabel sind.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangenen Kernel-Logs auf heise open und in c't. Neue Ausgaben des Kernel-Logs werden auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog" erwähnt; die englischen, bei den Kollegen von "The H" erscheinenden Übersetzungen auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog2". Gelegentlich zwitschert der Autor des Kernel-Logs unabhängig davon über einige Kernel-Log-Themen bei Identi.ca und Twitter als "@kernellogauthor". (thl).

(thl)