Kernel-Log – Was 3.4 bringt (3): Grafik

Seite 2: AMD und Intel

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Der Radeon-DRM/KMS-Treiber des Kernels 3.4 wird die Grafikkerne der Familien "Southern Islands" (SI) und "Trinity" (TN) unterstützen (u. .a 1, 2, 3, 4). Zur auch als RAxx bekannten SI-Generation zählen die Grafikchips Tahiti, Pitcairn und Verde, die auf den Mittelklasse- und High-End-Karten der Radeon-HD-Serien 7700, 7800 und 7900 sitzen. Ein Gallium3D-Treiber für Mesa 3D, der mit dem Kernel-Treiber zusammenarbeitet, befindet sich in Entwicklung; eine Vorabversion ist Anfang April erschienen. Ein Treiber für den X-Server von X.org (DDX-Treiber) soll für Beschleunigungsfunktionen auf diesen Gallium3D-Treiber zurückgreifen; er ist aber bislang nicht erhältlich.

Trinity ist der Codename für eine mit Grafikkern ausgestatte Reihe von Prozessoren, die AMD vermutlich in den nächsten Wochen vorstellt. Sie sollen die Llano-Prozessoren aus AMDs Serie A beerben, die vornehmlich in PCs und Notebooks der unteren und mittleren Preisklassen eingesetzt werden. Kurz nachdem die Unterstützung für die Trinity-GPU in den Kernel einzog, erschien die Version 6.14.4 des Radeon-Treibers für den X-Server von X.org, der den auch Aruba genannten Grafikkern ansprechen kann; das gelang so schnell, weil die GPU eng mit dem Cayman-Chip verwandt ist, der zur schon länger unterstützten Northern-Islands-Generation (viele Karten der 6000er-Serie) zählt. Parallel hatten AMD-Entwickler auch die Libdrm und den Entwicklerzweig von Mesa 3D um Unterstützung für die Trinity-GPU erweitert.

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Die "Was Linux 3.4 bringt"-Serie

Das Kernel-Log kann bereits jetzt einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen der noch im Mai erwarteten Linux-Version 3.4 geben, da alle größeren Neuerungen bereits in den ersten zwei Wochen nach Fertigstellung des Kernels 3.3 integriert wurden; Linux 3.4 befindet sich daher jetzt in der Stabilisierungsphase, in der die Kernel-Hacker normalerweise keine größeren Änderungen mehr vornehmen.

Über einige der Neuerungen von Linux 3.4 hat das Kernel-Log bereits berichtet:

Dieser Artikel schließt die "Was 3.4 bringt"-Serie ab.

Für die Northern-Islands-Chips sowie die Vorgängergeneration "Evergreen" (viele Karten der 5000er-Serie) bringt Linux 3.4 2D-Tiling-Unterstützung; diese Technik verteilt die Daten auf eine Weise im Grafikspeicher, welche die Performance verbessern kann. Das Tiling lässt sich zusammen mit dem Radeon-DDX-Treiber x86-video-ati 6.14.4 nutzen.

In den Kernel 3.4 ist zudem eine zweizeilige Änderung eingezogen, durch den der Nutmeg genannte "DisplayPort auf VGA"-Adapter bei Serie-A-Prozessoren nun endlich funktionieren soll. Diese Korrektur entstand nach mehreren Wochen Fehlersuche, die der zuständige Entwickler Jerome Glisse im Blog-Eintrag "Weeks in the life of GPU driver developer" in einer Weise beschreibt, die zeigt, welchen Aufwand die Kernel-Entwickler teilweise treiben.

Die Intel-Entwickler haben einen Patch eingebracht, durch den Linux 3.4 die Grafikkern-Stromspartechnik RC6 bei Intels Sandy-Bridge-Prozessoren mit GPU (Graphics Processing Unit) standardmäßig verwendet. Da die Technik die Leerlauf-Leistungsaufnahme typischerweise um drei bis fünf Watt senkt, kann die Änderung die Akku-Laufzeit von Notebooks spürbar verlängern und die Geräuschentwicklung merklich senken, da die Lüfter weniger Wärme wegschaffen müssen. Über den Kernel-Parameter "i915.i915_enable_rc6=1" kann man die Stromspartechnik auch bei älteren Linux-Versionen aktivieren; bei manchen Systemen soll sie allerdings zu Abstürzen oder Bildfehlern führen.

Diese Probleme will man beseitigen, indem Linux nun den tiefsten Schlafzustand von RC6 meidet. Laut den Intel-Entwicklern soll der tiefste Schlafzustand die Leistungsaufnahme nicht viel weiter reduzieren als der jetzt verwendete, weniger tiefe Modus. Anwender, die trotzdem den tiefsten Schlafzustand der Sandy-Bridge-GPU nutzen wollen, können diesen über Kernel-Parameter freigeben, die ein ebenfalls für Linux 3.4 aufgenommener Patch nachrüstet.

Die Intel-Entwickler haben zudem einen Bug im Intel-DRM/KMS-Treiber i915 behoben, durch den es gelegentlich zu Speicherverfälschungen kam, wenn diese aus dem Ruhezustand (Hibernate/Software Suspend/ACPI S4) aufwachen. Die Korrektur für das wohl schon über ein Jahr alte Problem ist auch in die Stable- und Longterm-Kernel 3.0.27, 3.2.14 und 3.3.1 eingeflossen.

Der Intel-Treiber wird ab Kernel 3.4 Interlacing bei der Ausgabe via HDMI und SDVO beherrschen (1, 2). Der i915-DRM/KMS-Treiber sollte bei neueren Grafikkernen die beiden bislang ungenutzte Techniken Swizzling und Ppgtt nutzen, die die Grafikperformance etwas verbessern können. In der Stabilisierungsphase wurden allerdings Probleme beim Zusammenspiel zwischen DMA-Remapping und Ppgtt bekannt, daher nutzt der Kernel letzteres nur, wenn das unter anderem für VT-d benötigte DMA-Remapping nicht aktiv ist – etwa wenn man VT-d im BIOS-Setup deaktiviert hat.