Kernfusion im Video: Zu Besuch im Stellarator Wendelstein 7-X

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Inhaltsverzeichnis

Wo bekommen wir in Zukunft unsere Energie her? Windkraft, Solar- oder doch die Kernenergie? Letzteres ist gar nicht so abwegig. Allerdings nicht so, wie manche von euch das jetzt vielleicht denken.

Unter Kernenergie verstehen wir üblicherweise die Kernspaltung. Nach diesem Prinzip liefen unsere bisherigen Atomkraftwerke. Was für die Zukunft möglicherweise noch viel spannender sein wird, ist aber die Kernfusion. Denn an dieser potenziellen Energiequelle wird aktuell international geforscht. Dem sind wir nachgegangen und haben eine Kernfusionsanlage in Greifswald besucht.

In Greifswald befindet sich das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik. Unter anderem wird hier zur Kernfusion als potenzielle Energiequelle geforscht. Zu diesem Zweck steht hier seit 2014 der Wendelstein 7-X, die weltweit größte Fusionsanlage vom Typ Stellarator. Was das genau bedeutet und wie der aktuelle Stand der Forschung ist, erzählt uns Prof. Dr. Thomas Klinger, Direktor am Institut und Leiter des Bereichs Stellarator-Dynamik und –Transport, sowie des Experiments Wendelstein-7X.

Thomas Klinger:

Mein Name ist Thomas Klinger. Ich bin Direktor hier am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik. Seit 2005 habe ich die Leitung erst des Aufbaus und jetzt des Betriebes von Wendelstein 7-X inne. Wir befinden uns hier in der Torushalle. So nennen wir sie, weil diese Maschine torusförmig ist, also ringförmig. Man könnte sie auch Maschinenhalle nennen. Direkt hinter mir ist die große Versuchsanlage Wendelstein 7-X.

Thomas Klinger:

Das grundsätzliche Prinzip der Kernfusion ist sehr elementar, was es ja so reizvoll macht, der Sache nachzulaufen. Es funktioniert im Inneren der Sonne schon seit Milliarden Jahren wie bei jedem anderen Stern. Also in dem Sinne ist die Kernfusion die Energiegewinnung des gesamten Weltalls. Das Grundenergie-Prinzip des Weltalls, wo eigentlich alle Energie herkommt.

Und die Kernfusion funktioniert auf dem ganz einfachen Prinzip, dass durch die Verschmelzung leichter Atomkerne ein Energieüberschuss entsteht; durch den Massendefekt, der bei der Verschmelzung auftritt. Das heißt, es kommt zu einer kleinen Massendifferenz. Masse und Energie sind ja bekanntlich das Gleiche. Das lässt sich ineinander umwandeln. Das heißt, dieser Masseunterschied wird in Energie umgewandelt und diese Energie äußert sich in Form von Bewegungsenergie. Bewegungsenergie ist einfach ein anderes Wort für Wärme. Das heißt also, man macht aus Masse Wärme.

Ein Stellarator wie der Wendelstein 7-X ist eine spezielle Art von Fusionsreaktor, der entwickelt wurde, um die Energiequelle der Sonne – die Kernfusion – hier auf der Erde nachzubilden. Dabei werden leichte Atomkerne unter extremen Bedingungen miteinander verschmolzen, wodurch große Mengen Energie frei werden. Die Grundidee eines Stellarators ist es, Plasma so lange wie möglich einzuschließen, um die Fusionsreaktion aufrechtzuerhalten.

Thomas Klinger:

Das sichtbare Weltall besteht zu 98 % aus dem Zustand Plasma. Insofern ist das eigentlich der Standardzustand des Weltalls – des sichtbaren Weltalls wohlgemerkt. Insofern sind wir hier auf der Erde eher in einem Ausnahmezustand, mit unserer ganzen kalten Materie, der kondensierten Materie. Da müssen wir diesen Plasma-Zustand extra erzeugen, indem man ein solches dünnes Gas nimmt und es aufheizt.

In unserem Fall ist die Hauptheizungsmethode die Mikrowelle. Das heiĂźt, es werden Mikrowellen eingekoppelt. Diese Mikrowellen koppeln direkt an die geladenen Teilchen und dadurch bekommen die geladenen Teilchen Geschwindigkeit, also kinetische Energie und sind dann in der Lage wieder weiteres Plasma zu erzeugen. Das ist der Ionisationsprozess.

Also am Ende ist es einfach ein dünnes Gas, das man adäquat aufheizt, sodass es dann elektrisch geladen wird; dadurch, dass die Atomverbünde zerfallen.

Plasma und die Herausforderung des Einschlusses

Für die Fusion müssen Wasserstoffkerne (üblicherweise Deuterium und Tritium) auf sehr hohe Temperaturen erhitzt werden. Über 100 Millionen Grad Celsius. Um diese hohen Temperaturen in einem Plasma als extrem dünnes Gas aufrechtzuerhalten, darf es nicht die kalte Wand berühren, da es sonst ausgelöscht wird. Daher nutzt man magnetische Felder, um das Plasma in der Schwebe zu halten und einzuschließen, ohne dass es die Wände des Reaktors berührt.

Das Besondere am Stellarator

Im Gegensatz zu anderen Fusionsreaktoren verwendet der Stellarator ein ausgeklügeltes, dreidimensionales Magnetfeld, um das Plasma einzuschließen. Das geschieht ganz ohne den Einsatz von Strom im Plasma, was potenziell stabiler und sicherer ist. Bei anderen Reaktortypen, wie dem sogenannten Tokamak, wird Plasma durch starke elektrische Ströme im Plasma selbst stabilisiert. Beim Stellarator ist das nicht notwendig.

Der Magnetfeld-Käfig im Wendelstein 7-X

Der Wendelstein 7-X in Greifswald nutzt eine speziell geformte Spulenanordnung, um ein komplexes, verdrehtes Magnetfeld zu erzeugen. Die Spulen sind so geformt und angeordnet, dass sie das Plasma in einer spiralförmigen Struktur halten. Diese „verdrehte“ Form des Magnetfelds ist wichtig, weil sie das Plasma auf seinem eingeschlossenen Pfad stabilisiert und verhindert, dass es an die Reaktorwände driftet.

Aufbau und Ziel des Wendelstein 7-X

Der Wendelstein 7-X besteht aus insgesamt 50 supraleitenden Magnetspulen, die das Magnetfeld erzeugen. Diese Spulen müssen auf extrem niedrigen Temperaturen gehalten werden – nahe am absoluten Nullpunkt. Nur so sind sie supraleitend und können ohne Widerstand hohe Ströme leiten. Das erzeugte Magnetfeld schließt das Plasma ein und stabilisiert es. Ziel des Wendelstein 7-X ist es, zu beweisen, dass ein Stellarator über längere Zeit stabile Bedingungen für die Fusion aufrechterhalten kann. Das könnte in Richtung eines zukünftigen Fusionskraftwerks führen.

Erste Ergebnisse und die Zukunft

Der Wendelstein 7-X hat bereits einige erfolgreiche Experimente durchgeführt und gezeigt, dass das Konzept funktioniert. Die Forscher konnten das Plasma bereits für bis zu 8 Minuten stabil halten, was ein großer Fortschritt ist. Langfristig könnte der Stellarator – wenn er weiter verbessert wird – eine dauerhafte, saubere Energiequelle sein, die nahezu keine klimaschädlichen Emissionen produziert.

Neben der Magnetfusion, wie sie bei Stellaratoren und Tokamaks zum Einsatz kommt, gibt es noch eine weitere Art der Kernfusion: die Laserfusion.

Bei der Laserfusion wird ein winziges Kügelchen aus Wasserstoff (meist Deuterium und Tritium) mit sehr starken Laserstrahlen von allen Seiten beschossen. Die Laser erhitzen die äußere Schicht des Kügelchens so schnell, dass sie explosionsartig nach außen gedrückt wird. Dadurch wird die innere Schicht des Kügelchens komprimiert und extrem heiß, sodass die Atomkerne verschmelzen.

Thomas Klinger:

Die Laserfusion ist einfach noch mal ein ganz anderer Zugang zum gleichen Problem. Also, man möchte das Gleiche erreichen. Deuterium und Tritium miteinander verschmelzen. Der Zugang ist aber komplett komplementär.

Es ist eine Kompression des Brennstoffes – dieses Deuterium-Tritium-Gemisches – mithilfe des Lichtdrucks von sehr starken Lasern. Also ist es eine Art Implosion, die da gemacht wird. Das hat ein bisschen etwas vom Verbrennermotor. Wo man einen Tropfen reinschießt und diesen dann erst zu einer Implosion und dann einer Explosion bringt. Aber erst ist die Implosion notwendig, um die Verdichtung zu erreichen.

Das ist ein sehr kühnes Prinzip, für das man ja absolute Top-Laser braucht. Die besten, stärksten und intelligentesten Laser der Welt. Das treibt auch die Laserentwicklung enorm voran.

Bei einem Experiment am Lawrence Livermore National Laboratory in den USA, gelang im Bereich der Laserfusion 2022 ein Durchbruch. Erstmals konnte man den Brennstoff so zünden, dass durch Kernfusion mehr Energie frei wurde (3,15 MJ), als dem Brennstoff mit dem Laser zugeführt wurde (2,05 MJ). Um den Laser zu betreiben, war allerdings ein Vielfaches an Energie (300 MJ) nötig.

Die Laserfusion eignet sich gut für Experimente und gezielte Energiefreisetzung in kurzen, sehr intensiven Pulsen. Sie könnte in Zukunft auch in Fusionskraftwerken zum Einsatz kommen.

Während das Vertrauen in die Fusionstechnologie bei Klinger und Kollegen groß ist, gibt es auch Herausforderungen, die bewältigt werden müssen.

Thomas Klinger:

Die Kernfusion hat jede Menge Herausforderungen. Das ist auch der Grund, weshalb es auch so lange dauert. Weshalb das ein dickes Brett ist, an dem man bohren muss. Die Basis-Herausforderung ist, überhaupt erst mal diesen Materienzustand Plasma zu erzeugen und zu halten. Dabei sind die wichtigsten Parameter elementar. Ein Parameter ist die Temperatur – als Ausdruck für Teilchengeschwindigkeit – und das andere ist die Teilchendichte, also die Anzahl an Teilchen pro Kubikmeter. Und das muss zusammenpassen. Das ist so die plasma-physikalische Grundaufgabe, die gelöst werden muss.

Und dann kommt der zweite technologische Aspekt dazu. Denn man muss eine Maschine drumherum bauen, die das tatsächlich liefert. Und es ist auch ein nuklearer Prozess. Denn bei der Verschmelzung von diesen leichten Kernen auf der Erde entstehen Neutronen. Das liegt daran, dass man anders als auf der Sonne nicht den reinen Wasserstoff nimmt, sondern Wasserstoffisotope. Bei der Verschmelzung wird einerseits Helium frei und andererseits ein Neutron. Mit diesen Neutronen muss man umgehen.

Man braucht die Neutronen einerseits, um das Tritium zu erzeugen, aber die Neutronen aktivieren auch die ganze Stahlstruktur. Das heißt, das Ganze ist eine nukleare und auch radioaktive Anlage. Daher muss man Strahlenschutz betreiben. Strahlenschutz bedeutet Abschirmen, bedeutet Messen, bedeutet Abstände einhalten, bedeutet auch Remote-Handling. Man benötigt also Roboter, um mit diesen Bauteilen umzugehen. Es gibt also viele technologische Hürden. Man muss die Plasmaphysik – mit diesen Faktoren Temperatur und Dichte – mit der Technologie, das heißt einer Nukleartechnologie, zusammenbringen. Und das ist die große Aufgabe, die über die ganze Welt verbreitet wahrgenommen wird. Und dazu liefern wir hier unseren Beitrag.

Zwei der größten Kritikpunkte an der Kernspaltung, sind folgende:

1) Das Risiko, dass bei einem Super-GAU – wie wir ihn etwa in Tschernobyl oder Fukushima erleben mussten – immense Schäden an Mensch und Umwelt entstehen können. Diese ziehen sich noch über Jahrhunderte oder Jahrtausende fort.

2) Die Abfallprodukte, die entsorgt und gelagert werden müssen. Brennstäbe aus Atomkraftwerken sind in hohem Maße radioaktives Material. Die Halbwertszeit liegt hier bei Millionen von Jahren und ein Endlager wurde bei uns in Deutschland zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht gefunden.

Bei der Kernfusion gibt es zwar auch Risiken; mit denen der Kernspaltung sind sie allerdings nicht vergleichbar.

Thomas Klinger:

Das Risikospektrum bei der Kernfusion sieht anders aus [als bei der Kernspaltung]. Erstens: es gibt kein Havarie-Szenario. Wir kennen die großen Havarien von Kernspaltungsreaktoren sehr gut. Diese Arten von Havarien sind einfach per Prinzip ausgeschlossen. In simplen Worten gesagt, es gibt keinen GAU. Hintergrund ist auch letztlich, dass das Erzeugen und Aufrechterhalten eines Plasmas so schwer ist, dass wenn auch nur der kleinste Fehler passiert – entweder technisch oder menschlich – dann geht es aus und damit entsteht eine passive Sicherheit.

Der zweite Punkt ist die Menge an Fusionsbrennstoff, die sich in einem solchen Kraftwerk insgesamt befindet, also in allen Systemen rundherum. Das sind hier ein paar Kilo, nicht ein paar Hundert Tonnen. Das sind alles so Beiträge, die zu einer passiven Sicherheit führen. Selbst, wenn dort ein Verkehrsflugzeug hereinstürzen würde. Dann redet man von Kilo. Natürlich – damit muss man auch umgehen. Aber es ist eine ganz andere Kategorie [als bei einem Kernspaltungskraftwerk].

Abfälle entstehen auch bei der Kernfusion. Jedoch auch hier in weit geringerem Maße als bei der Kernspaltung.

Thomas Klinger:

Man hat keinen hochradioaktiven Abbrand, der für zig Jahrtausende endgelagert werden muss. Was aber gemeinsam ist: Es ist eine Nukleartechnik. Das heißt, man hat es damit zu tun, dass die gesamte Anlage aktiviert wird. Alle 50.000 Tonnen Stahl werden aktiviert und müssen zwischengelagert werden. Etwa 100 bis 150 Jahre müssen sie aufbewahrt werden, bevor sie dann voll ins Recycling gehen können.

Damit muss man umgehen. Es ist eine Nukleartechnik. Das heißt, man kriegt das nicht zum Nulltarif. Und es bedeutet, man muss Strahlenschutz machen, man benötigt einen Regulationsrahmen. Und dieser regulative Rahmen wird gerade neu definiert, neu geschaffen. Das ist auch ein Programm der Bundesregierung, genauso wie in der Europäischen Union, in den Vereinigten Königreichen und den USA. Alle arbeiten daran. Man muss das eben ausdifferenzieren, und das ist ein ganz anderes Risikospektrum [als bei der Kernspaltung].

Anders als bei der Kernspaltung ist das Produkt der Kernfusion nicht radioaktiv. Kein Vergleich also zu Atomabfällen, die bei der Kernspaltung anfielen.

Die Forschung an Wendelstein 7-X findet nicht nur aus rein wissenschaftlichem Interesse statt. Das große Ziel, das dahintersteckt, ist es, eine neue Methode zur Energiegewinnung zu entwickeln. Diese Methode könnte einen wichtigen Teil unserer Energieversorgung übernehmen.

Thomas Klinger:

Das Ziel ist, dass ein durchaus nennenswerter Beitrag zur Energieversorgung geliefert werden soll. Auch nicht alles; ganz bestimmt nicht. Aber ein nennenswerter Beitrag. Und zwar genau dort, wo ein solches Großkraftwerk sinnvoll ist. Das heißt, bei der Stabilisierung der Netze, bei den großen Verbrauchern, wie großen Industriekomplexen, bei Megacitys. Da werden Fusionskraftwerke sehr sinnvoll sein. Sie könnten die jetzigen Großkraftwerke sehr gut ersetzen.

Eine Meinung, die von vielen Forschern geteilt wird: Energie durch Kernfusion wird kommen. Wie lange das noch dauert, ist allerdings noch etwas schwierig vorherzusagen.

Thomas Klinger:

Also meine Einschätzung ist – und die wird, denke ich, geteilt von der Community – wir müssen noch eine Generation reinstecken. Aber wir haben noch einiges auf der Menüliste. Es gibt dort eigentlich keinen Showstopper, bei dem man sagt, da ist ein Problem, für das wir überhaupt keine Lösung haben. Aber es braucht Arbeit und es braucht Testanlagen, die sich weltweit orchestriert im Bau befinden. Alle technologisch ehrgeizigen Nationen haben dort ihre Programme und diese Programme sind international gut abgestimmt.

Aber es müssen Großanlagen, Testanlagen gebaut werden. Sowas findet immer auf einer Jahresskala statt. Und dann müssen die Testanlagen auch zielgerecht verwendet werden, dass man genau diese Probleme auf der Arbeitsliste dann auch angeht und dass man sie löst. Viele davon sind technologischer Natur. Also ich behaupte mal, die Fusion ist im Wesentlichen technologisch begrenzt. Wir gehen hier an die technologischen Grenzen, an die äußersten Grenzen, und die müssen immer wieder mühsam verschoben werden. Das alles kostet leider Zeit. Man muss diese Zeit investieren, um alles zu einem vollständigen Gesamtbild zusammenzubringen. Diese Zeit schätzen wir mit etwa einer Generation ab. Das heißt, man würde irgendwo in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts landen.

Kritiker bemängeln, dass es bis zur Inbetriebnahme noch sehr lange dauern könnte. Und dass wir bis dahin vielleicht schon gar keine Probleme mehr mit der Energieversorgung haben könnten. Klinger hat hierzu aber Einwände.

Thomas Klinger:

[Wenn es noch mindestens 30 Jahre dauert, bis die Kernfusion kommt], dann kann man sagen: "Oh, so spät! Dann ist das ja schon alles erledigt. Dann haben wir ja gar keine Probleme mehr." Alleine mir fehlt der Glaube.

Ich glaube, ab Mitte des nächsten Jahrhunderts wird es richtig bunt. Da werden die Energieproblematiken noch mal doppelt so stark drängen wie jetzt. Wir müssen nämlich auch anfangen, aufzuräumen. Denn selbst wenn es uns gelungen ist, die CO₂-Emissionen herunterzudrücken – wofür wirklich alles machen müssen – dann müssen wir das auch wieder herausnehmen aus der Atmosphäre. Das kann ja nicht drinbleiben. Alles braucht Energie.

Der Klimawandel hat eingesetzt. Er wird kommen. Wir versuchen, ihn zu bremsen. Aber die Folgen zu begrenzen; alles wird Energie brauchen. Alle menschliche Aktivität braucht Energie. W ir werden dort einen gewaltigen Hunger haben, auch an sehr großen, sehr massiven Energiequellen, die für sauberes Wasser sorgen, die für begrenzende Maßnahmen sorgen, die Pumpen betreiben; alles, was man sich überlegen kann.

Ich behaupte, es kommt vielleicht nicht morgen, aber es kommt gerade recht. Und der Punkt ist, wenn wir es jetzt nicht betreiben, wenn wir es jetzt nicht anschieben, werden wir es nicht haben, wenn wir es brauchen. Das wäre dumm. Wir müssen uns jetzt diese Option erarbeiten, damit wir es dann in der Hand haben, wenn wir es tatsächlich benötigen.

Da es bis zur flächendeckenden Nutzung noch einige Jahrzehnte dauern wird, steht oft die Frage im Raum, ob mehr finanzielle Mittel das Ganze beschleunigen könnten. Das muss Klinger leider verneinen.

Thomas Klinger:

Nein, es geht nicht zehnmal schneller, mit zehnmal mehr Geld. Sondern es gibt einfach auch technologische Zyklen, die durch die Tätigkeit, durch die Fertigung, durch die Planung, durch die Konzeption begrenzt sind. Und die einzige Methode, um das schneller zu machen – da gibt es im Prinzip drei Elemente.

1) Ein Element ist Parallelisierung; das heiĂźt ganz viel parallel zu machen und alles wegzuschmeiĂźen, was nicht geht. Sowas machen wir nicht, denn wir mĂĽssen mit Steuergeld extrem vorsichtig umgehen.

2) Das zweite Element, das damit verbunden ist, ist die Risikobereitschaft; die muss natürlich im öffentlichen Sektor null sein. Weil wir mit Steuergeld umgehen. Wenn wir durch eine Entscheidung ein technisches Risiko eingehen, dann führt das im schlimmsten Fall zu einer Reparatur, zu einem Verzug, zu Neubau. Da gehen die Steuergelder durch den Schornstein. Dann steht man im Schwarzbuch der Steuerzahler. Das darf nicht sein.

3) Und drittens – das ist mit den ersten beiden Punkten noch mal verbunden – Großanlagen-Bau im Rahmen des öffentlichen Dienstes ist natürlich auch eine spezielle Sache. Wir haben ein sehr rigides Regelsystem um uns herum. Das heißt, wir können ganz oft nicht frei entscheiden. Wir können das Personalmanagement nicht so machen wie in der Industrie. Wir können Vergabe nicht so machen, wie in der Industrie. Wir müssen immer europäisches Vergaberecht beachten, müssen Ausschreibungen machen, im öffentlichen Dienst Ausschreibungen machen. Die müssen dann bewertet werden und dann muss das alles prüfungskonform sein. Und das macht das Ganze natürlich relativ zäh.

Wenn die Prognosen der Forscher sich bewahrheiten, liegt die Zukunft unserer Energieversorgung zu großen Teilen in der Kernfusion. Experten wie Klinger schätzen, dass es noch eine Generation lang dauern wird, bis Kernfusionsreaktoren ans Netz gehen.

Der erste Prototyp eines Fusionsreaktors zur Stromerzeugung ist ab 2050 geplant. Der soll jedes Jahr 500 MW produzieren, etwa ein Drittel eines AKW. Wie hoch die Leistung eines "serienreifen" Fusionsreaktors sein wird, bleibt noch abzuwarten.

Ob bei der Magnetfusion am Ende Reaktoren des Typs Stellarator oder doch der Tokamak sich durchsetzen werden, bleibt noch abzuwarten. Möglicherweise werden auch beide Reaktortypen zum Einsatz kommen.

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