KĂĽnstliche Intelligenz: Wie Nutzer das kritische Denken verlernen

Studien zufolge büßen Anwender von KI-Tools geistige Leistungsfähigkeit ein. Aber die Persönlichkeit des Anwenders entscheidet; es kann auch anders laufen.

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(Bild: Thorsten HĂĽbner)

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Die Zeichen mehren sich, dass Wissensarbeiter, die sich zunehmend auf generative künstliche Intelligenz verlassen, dadurch ihre kognitiven Fähigkeiten auf Dauer spürbar schwächen. Ob in der Forschung, im Management oder im Marketing: Wer sich Texte von der KI übersetzen lässt, statt des Inhalts eines PDF-Dokuments lieber eine ad hoc generierte Zusammenfassung liest oder sich sogar den Inhalt einfach von einem Chatbot erklären lässt, der fordert seine geistigen Fähigkeiten anders und weniger als bei vergleichbaren Arbeiten ohne KI-Tools. In der Softwareentwicklung liefern KI-Tools ausformulierte Programmmuster und im Marketing griffige Claims. Softwareentwickler und Autoren sitzen nicht mehr vor dem sprichwörtlichen weißen Blatt und hoffen auf eigene Ideen, sondern sie bearbeiten immer häufiger die künstlich erzeugten Vorschläge einer KI.

Diese Vorgehensweise steigert oft die Produktivität, das mühevolle kritische Denken allerdings verschiebt sich zumindest, etwa auf die Kontrolle der Ergebnisse. Mit der Zeit steige nicht nur die Abhängigkeit von KI-Tools, sondern gleichzeitig nehme auch die Fähigkeit zu kritischem Denken ab, wie Forscher von Microsoft Research an der University of Cambridge in Großbritannien gemeinsam mit Kollegen der Carnegie Mellon University in Pennsylvania in einer Arbeit (PDF) belegen. Ihr Paper veröffentlichen sie zur CHI-Konferenz (Computer-Human Interaction) Ende April 2025 in Yokohama. 319 Wissensarbeiter schildern darin Hunderte Einsatzbeispiele für generative KI in ihrem Arbeitsalltag und dokumentieren mit ihrer Selbsteinschätzung, dass dabei der kognitive Aufwand für sie sinkt. Laut diesen Daten nimmt gleichzeitig das kritische Denken in Form des faktengestützten Nachdenkens ab.

c’t kompakt
  • Studien belegen, dass KI-Tools die Arbeitsweise von Wissensarbeitern deutlich verändern.
  • Die neuen Tools erhöhen die Arbeitseffizienz, können aber das kritische Denken schwächen, wenn der Anwender ihnen blind vertraut.
  • Wie bei Navigationssystemen, die die Orientierungsfähigkeit verringern können, steigt die Gefahr, je mehr und je häufiger man generative KI nutzt.
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Eine ähnliche Studie (PDF), von Michael Gerlich an der Swiss Business School (SBS) in Zürich, warnt ebenfalls, dass die Nutzer von KI-Tools gefährdet sind, tiefe Gedankengänge zu verlernen. Frühere Studien belegten bereits, dass Menschen, die sich regelmäßig auf ihr Navigationssystem verlassen, eine schlechtere geografische Orientierung aufweisen als andere, die ohne Navigationshilfe oder nach Karte unterwegs sind.

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