Lach-Smileys bei ernsten Themen: Wie Emojis im Netz emotionalisieren

Seite 2: Zu viel, verwirrt, genervt und nicht verstanden

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Fast 80 Prozent der Menschen in Deutschland versenden Emojis. 41 Prozent benutzen sie mindestens einmal am Tag – 23 Prozent tun dies mindestens einmal pro Woche. Zwei Drittel der Nutzerinnen und Nutzer nimmt immer nur dieselben drei bis vier Emojis – in erster Linie in Messenger-Diensten wie WhatsApp, Threema oder Signal. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 1000 Befragten über 16 hervor, die anlässlich des World Emoji Days veröffentlicht worden ist. "Emojis sind zu einem elementaren Teil der Internetkultur geworden und prägen die Kommunikation insbesondere unter jungen Menschen", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Die Umfrage macht auch deutlich, dass sich Emoji-Nutzende bei der Verwendung keineswegs einig sind. Die eine Hälfte antwortet häufig nur mit Emojis auf Nachrichten – die anderen 50 Prozent nervt es nach eigenem Bekunden, wenn andere nur mit Emojis antworten. 10 Prozent der Menschen sind von Emojis grundsätzlich genervt. 13 Prozent sagen: Es gibt zu viele Emojis.

Mehr als die Hälfte (57 Prozent) hat sich schon mal durch Emojis verwirrt gefühlt – bei Frauen tritt dieses Gefühl häufiger auf (61 Prozent) als bei Männern (54 Prozent). Ein Drittel (34 Prozent) gibt zudem zu, die Bedeutung vieler Emojis nicht zu verstehen. Für die meisten Fans haben Emojis aber gleich mehrere Vorteile: Für 69 Prozent sparen sie Zeit bei Textnachrichten. 44 Prozent helfen Emojis, andere besser zu verstehen. Fast ebenso viele (42 Prozent) können sich und ihre Emotionen besser ausdrücken – für Frauen (48 Prozent) gilt das deutlich stärker als für Männer (36 Prozent).

Mit den kleinen Gesichtern drücken wir unsere Gefühle aus. Einer der größten Vorteile von Emojis: Jeder versteht sie, egal ob jung oder alt oder woher man kommt. Also, das könnte man meinen. Doch ist das wirklich so?

Manche, wie das klassische fröhliche Emoji oder das sehr beliebte "Tränen lachende" Gesicht, erkennt jeder – bei einigen anderen ist die Bedeutung aber etwas missverständlich.

Einige Beispiele: Die Katze mit der weit aufgerissenen Schnauze erschrickt nicht vor einem Hund, sondern ist in Wahrheit einfach nur müde. Das Gesicht mit den großen Augen und roten Wangen soll kein Erstaunen, sondern Scham ausdrücken. Der Mensch mit der abgeknickten Hand ist eigentlich eine Servicekraft, die gerne hilft. Stattdessen wird das Bildchen meist für den Ausdruck "Ist mir egal" verwendet. Und das hochrote, böse guckende Gesicht sieht zwar wütend aus, soll jedoch Schmollen darstellen.

Doch wer legt die Bedeutung eigentlich fest? Das gemeinnützige Unicode-Konsortium, das für die Entwicklung und Standardisierung der Emojis zuständig ist, gibt auch Hinweise darauf, wie die Bildchen korrekt eingesetzt angewendet werden sollten.

Und dennoch: "Es gibt eine Reihe von Emojis, bei denen es durchaus zu Konflikten kommen kann. Da kann man ganz schnell ins Fettnäpfchen treten", sagt Sprachwissenschaftler Steffen Pappert von der Universität Duisburg-Essen. Beispielsweise das Emoji, bei dem Zeigefinger und Daumen einen Kreis bilden. "Das gilt für uns als 'Okay-Zeichen', in anderen Ländern hat das allerdings dieselbe Bedeutung wie der Stinkefinger", erklärt der Experte. Praktisch: Wer sich bei der Verwendung einiger Emojis unsicher ist, kann ihre Bedeutung auf "Emojipedia.org" (in englischer Sprache) nachlesen.

Das schnaufende Gesicht, bei dem aus der Nase kleine Dampfwolken kommen, sieht trotzig aus. "Es wird im Japanischen aber ganz anders verstanden, nämlich als Triumph oder Sieg, bei uns jedoch eher als Wut oder schlechte Laune", sagt Pappert. Selbst der kleine Hundehaufen mit dem lachenden Gesicht wird nicht überall gleich interpretiert. "In Japan verschickt man dieses Emoji wenn man jemandem Glück wünscht, so wie bei uns das Kleeblatt", sagt Linguistin Christa Dürscheid (PDF) von der Universität Zürich.

Aber nicht nur der kulturelle sondern auch der individuelle Gebrauch einiger Emojis unterscheidet sich teilweise stark. Zu allem Überfluss sehen die Bildchen bei Google, Whatsapp, Facebook, Twitter und je nach Betriebssystem des verwendeten Smartphones auch noch anders aus. Wenn also jemand mit einem iPhone ein Emoji versendet, kann es sein, dass bei einem Empfänger mit einem Samsung-Smartphone ein etwas anderer Eindruck entsteht, als der Sender beabsichtigt hat.

(tiw)