Linguistik: Wie KI seltene Sprachen retten soll

In Neuseeland will ein indigenes Paar die Māori-Sprache mittels KI am Leben erhalten. Damit stellt es infrage, was KI sein könnte und wem sie dienen sollte.

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, Illustration: Edel Rodriguez

(Bild: Illustration: Edel Rodriguez)

Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Karen Hao
Inhaltsverzeichnis

Im Hinterzimmer des alten, grauen Gebäudes in der nördlichsten Region Neuseelands hilft einer der fortschrittlichsten Computer für Künstliche Intelligenz dabei, die Zukunft der Technologie neu zu definieren. In dem Gebäude ist Te Hiku Media zu Hause, ein gemeinnütziger Māori-Radiosender, den Peter-Lucas Jones und Keoni Mahelona betreiben. Die beiden kauften den Rechner im Angebot zum halben Preis und fingen an, ihn mit ihren eigenen Algorithmen für die Verarbeitung natürlicher Sprache zu trainieren. Sie verfolgen damit den Traum, die Māori-Sprache wiederzubeleben und gleichzeitig die Kontrolle über die Daten ihrer Gemeinschaft zu behalten.

Wie KI koloniale Muster befördert

Künstliche Intelligenz kann durch Übersetzung in Echtzeit Brücken zwischen Kulturen schlagen oder mühsame Routinetätigkeiten übernehmen. Doch oftmals reproduziert sie stattdessen Ungerechtigkeit und Diskriminierung und greift dabei auf Muster kolonialer Herrschaft zurück. Kritiker fordern deshalb, ihre verborgenen Strukturen offenzulegen.

Mahelona, ein gebürtiger Hawaiianer, der sich in Neuseeland verliebte und dort niederließ, lacht über die Ironie der Situation. "Der Computer steht auf seinem Gestell ausgerechnet in Kaitaia – einer heruntergekommenen, ländlichen Stadt mit einem hohen Anteil indigener Bevölkerung und großer Armut. Ich glaube, wir sind ein bisschen unter dem Radar", sagt er.

Das Projekt ist radikal anders als die Art, wie die KI-Industrie typischerweise arbeitet. In den letzten zehn Jahren haben KI-Forschende das Feld mit dem Dogma "Viel hilft viel" an immer neue Grenzen getrieben: mehr Daten für größere Modelle für bessere Ergebnisse.