Lithium-Boom führt zu Überkapazitäten

Die Bergbauindustrie hat sich an den boomenden Bedarf nach Akkus angepasst. Schon sinken die Preise stärker als gedacht.

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Plattform eines Tesla

Basis eines Tesla.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.
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Einst hieß es, die Welt stehe aufgrund des E-Auto-Booms vor einer Lithium-Krise. Der Grundstoff der heutzutage so beliebten Lithium-Ionen-Akkus, die in allem vom Smartphone über das Notebook bis zum Tesla stecken, schien nur noch unter größten Anstrengungen der Erde abzutrotzen zu sein. Doch offenbar hat der Markt hier gut reagiert: Die Branche hat sogar Überkapazitäten geschaffen.

So hat die Finanznachrichtenagentur "Bloomberg" Ende Juli um bis zu 30 Prozent gefallene Preise in sechs Minen ausgemacht, die erst kürzlich – seit 2017 – in Australien eröffnet worden waren. Während die Produktion noch steigt, gehen die Verkäufe im einstigen Boommarkt China aufgrund einer allgemeinen Wirtschaftskrise zurück.

Zuvor kannten die Förderer bei den Preisen nur eine Richtung: nach oben. Zwischen 2015 und 2018 verdreifachten sich diese fast, während die Zahl der E-Autos auf fünf Millionen Stück anschwoll, so "Bloomberg". Der Output der Minen dürfte jedoch weiter steigen. So will man in Australien in den kommenden zwei Jahren über 20 Prozent mehr des Leichtmetalls fördern.

In anderen Weltregionen wie Südamerika, wo traditionell große Teile der Lithium-Produktion herkommen, sieht es nicht anders aus. So will Chile, die Nummer 2 der Welt, die Förderung in den kommenden vier Jahren verdoppeln. Die Bank Morgan Stanley sieht bereits eine Krise auf die Mining-Konzerne zukommen. Ab 2020 gibt es große Überkapazitäten, glauben die Banker.

Nicht nur bei Lithium reagiert der Markt auf die Nachfrage. Auch bei anderen Akkurohstoffen wie Kobalt, Nickel, Graphit und Mangan wird die Produktion deutlich angeschoben. Das Problem: Gefördert wird nur in großen Mengen, wenn die Materialien eine längere Zeit über teuer genug sind. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

Wenn Lithium billiger wird und andere Rohstoffe besser verfügbar sind, gleichzeitig die Akkuproduktion in "Gigafactories" wie denen von Tesla effizienter wird – warum sind Batterieautos dann immer noch so teuer? Der Traum, auf ein gleiches Kostenniveau zu kommen wie beim Verbrenner, wird von vielen Autokonzernen geträumt, doch umgesetzt wird er nur langsam.

Dabei hätten sie mit günstigen Akkus kaum noch Gründe dafür, die Preise derart hoch zu halten. E-Autos sind weniger komplex als Verbrenner, die Elektronik ist ähnlich. Die Motoren sind meist schneller hergestellt und wartungsfreundlicher. All das müsste zusammen eigentlich gute Zeiten für E-Auto-Interessierte bedeuten. Doch vielleicht muss einfach noch etwas Geduld her.

(bsc)