Missing Link: Don’t look up – ist der Satellitenmarkt noch einzufangen?

Seite 2: Noch keine internationale Verkehrsbeschränkung

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Erkannt ist das Problem mit der Kollisionsgefahr über unseren Köpfen eigentlich schon lange. Seit den 1990er Jahren, das waren noch ruhige Zeiten im All, kümmern sich Weltraumbehörden in Europa um das Thema. Die ESA startete 2009 ihr Programm "Space Situational Awareness” (SSA) und ein eigenes Space Debris Team kümmert sich mittlerweile um das Monitoring des wachsenden Schrottbergs im "New Space".

Debris Viewer

(Bild: ESA)

Verbindliche internationale Regeln für Müllvermeidung und Entsorgung gibt es immer noch nicht. Bislang wird hier allein auf freiwillige Selbstverpflichtungen gesetzt, etwa die Best Practices der 2019 entstandenen Safe Space Coalition.

SpaceX, das dieser Koalition nicht angehört, merkt in seinem jüngsten Kollisionsbericht an, dass es nicht allein für Nachhaltigkeit im All sorgen kann. SpaceX sei "eher bereit, Satelliten beim ersten Anzeichen von Problemen aus der Umlaufbahn zu entfernen, als abzuwarten, bis größere Effekte entstehen", heißt es im Bericht an die FCC. Doch dieses "kostspielige" Vorgehen nütze nichts, wenn andere Betreiber nicht mitzögen.

Solange auf internationaler Ebene keine Vorgaben gemacht werden, fallen Maßnahmen zur Sicherung der Orbits den nationalen Regulierungsbehörden zu. Sie können den Antragstellern, die knappe Frequenzen und viele Umlaufbahnen begehren, Auflagen machen.

Die FCC hat 2020 damit begonnen, ihre alten Bestimmungen zum Weltraummüll anzupassen. Mittlerweile hat sich die Behörde mit dem FCC Space Office eine eigene Weltraumabteilung zugelegt, um den Ansturm von Anträgen und Beschwerden zu bewältigen.

Im vergangenen Jahr zog die FCC eine harte neue Linie für Post-Mission-Objekte im All ein. Statt nach 25 Jahren müssen diese nun nach 5 Jahren aus dem Orbit geräumt sein. Darüber hinaus hat die FCC von den 30.000 von Starlink angemeldeten Plätzen nur 7500 bewilligt.

In Deutschland setzt man dem noch keine Grenzen. Bei der jüngsten Novelle der "Verwaltungsvorschrift für die Anmeldung, Koordinierung und Notifizierung von Satellitensystemen im deutschen Namen" hat man die Vorschriften über den "Betrieb am Ende der Lebensdauer" noch nicht verändert.

So heißt es genau wie schon in der Vorgängerversion der Vorschrift: "Auf die Pflicht des Nutzungsberechtigten, zum Schutz anderer Satellitensysteme vom geostationären Betriebsorbit auf eine sichere Friedhofsbahn zu wechseln, sowie auf die planerische Berücksichtigung von Wiedereintritts-Szenarien für größere Weltraumobjekte in niedrigen (nicht-geostationären) Erdumlaufbahnen wird besonders hingewiesen."

Immerhin "können" dem Nutzungsberechtigten "betriebliche Vorgaben zur Umsetzung von internationalen Standards zur Vermeidung von Weltraummüll ("Space Debris") gemacht werden". Auch gebe es Sicherheitsauflagen, sagt Guido Göddel, der bei der Bundesnetzagentur für die Satelliten verantwortlich ist. Diese Auflagen seien aber mit den Diensteanbietern individuell geregelt und "nicht öffentlich" erläutert Göddel.

Auch mit Blick auf die vielen Anträge von Starlink versichert die Bundesnetzagentur, die tatsächliche Platzierung im All "scheibchenweise" zugelassen. Die ITU-Anmeldungen seien lediglich Pläne und am nicht alle Positionen technisch überhaupt realisierbar, wie eine Expertin der Behörde ergänzt.

Die Anmeldungen zu beschränken, mit denen sich Starlink und andere ihre Plätze sichern wollen, sei nicht erforderlich, weil Orbitalpositionen kein knappes Gut seien. "Begrenzungen würden Sinn machen, wenn wir zum Ergebnis kämen, der Platz reicht nicht mehr für andere", sagt Göddel.

Auch das Bundeskartellamt beobachtet das Wettrennen um Orbitalpositionen und die nicht exklusiven Frequenzen abwartend. Auf Grundlage der gerade beschlossenen Kartellrechtsnovelle könnte die Behörde den Sektor auch ohne Missbrauchsanzeige eines Marktteilnehmers prüfen und eventuell Auflagen machen, um einen funktionierenden Wettbewerb herzustellen.

Mit der zuletzt angemeldeten Konstellation peilt Starlink einen neuen Markt an: Den Direct-To-Device-Bereich. Die angemeldeten Frequenzen im V-Band dienen dazu, neben dem "Fixed Broadband”-Satellitennetz auch einen "Mobile Satellite Service" anzubieten. Wenn Starlink eigene Mobilfunkdienste und passende Handys anbietet, wäre die vertikale Integration perfekt. Dann dürfte ein Streit um die jeweils exklusiv für Satelliten- beziehungsweise terrestrische Mobilfunkbetreiber vergebenen Frequenzbereiche entflammen.