Missing Link: Indiens Weltraum-Startups reüssieren mit Kooperation und Effizienz

Indien hat den Mond erreicht. Weniger bekannt sind die Start-ups und Institute, die mit Weltraumtechnik neue Wege für Kommunikation und Datensammlung suchen.

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Panel mit schwarzen Feldern die wir Solarzellen wirken, aber Kamera-Sensoren sind

Kamera-Aufbau für den TD-2-Satelliten der indischen Firma Pixxel

(Bild: Pixxel)

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Inhaltsverzeichnis

Hinweis: The original English version of this article is available as well.

Ein dunkler, staubiger, eintöniger Raum, der als improvisiertes Labor dient. Hier treffen sich die beiden jungen Männer zum ersten Mal. Die beiden, mit denen alles begann. Wie der Serienhit "Rocket Boys" über Indiens Weltraumpioniere Homi J. Bhaba und Vikram S. Sarabhai zeigt, begann in diesem Umfeld Indiens Auseinandersetzung mit den Weltraumwissenschaften.

Beide waren jung, neugierig, experimentierfreudig und von der Raumfahrt begeistert; ihre erste Begegnung fand statt, als Bhaba (1909 –1966) Sarabhai (1919 – 1971) für ein Forschungsprojekt interviewte. Beide fühlten sich auf Anhieb auf einer Wellenlänge.

Gemeinsam beschritten sie neue wissenschaftliche Wege. Sie waren sich einig, was den Forschergeist und den unerbittlichen Einsatz für die Forschung betraf. Inhaltlich waren sie in vielen Fragen uneins, etwa in der Frage, wie die Atomphysik angewendet werden sollte. Der eine kämpfte für die Unabhängigkeit Indiens von ausländischen Energiequellen, der andere versuchte, die Probleme der "einfachen Inder" zu lösen. Doch ihre Freundschaft hielt bis zu Bhabas Tod. Würden sie heute ein kleines Labor in Indien besuchen, würden sie vielleicht ihre Einstellung ändern und gemeinsam an einem Strang ziehen.

Weniger staubig. Weniger düster. Aber in Indien gibt es heute viele Räume, in denen Innovatoren ihre Köpfe zusammenstecken, um neue Ideen, Prototypen und Pilotversuche für die Erforschung des Weltraums und darüber hinauszuentwickeln. Im indischen Forschungszentrum für Produktion außerhalb der Erde (ExTeM) arbeiten Forscher an der Entwicklung neuer Technologien für Herstellungsprozesse im Weltraum, vom 3D-Druck hybrider Metalle bis hin zur Herstellung von Kristallen und Biopharmazeutika.

Die ExTeM-Forschungsgruppe am Indian Institute of Technology in Madras verfügt über einen Turm für Fallversuche. Denn im freien Fall entsteht für kurze Zeit Mikrogravitation. "Wir verhandeln mit einigen Start-ups, die Mikrogravitationsplattformen als Dienstleistung anbieten, zum Beispiel für Parabelflüge, und arbeiten auch mit Start-ups wie Vellon Space zusammen, die sich auf Tests im Orbit vorbereiten", berichtet ExTeM-Professor Sathyan Subbiah.

Dann ist da Pawan Chandana, der sich vom Raketenentwickler zum Weltraumunternehmer gewandelt hat. Seine Experimente mit Festtreibstoffen und kryogenen Raketentechnologien führten zur Gründung der Firma Skyroot Aerospace. Das Unternehmen entwirft und baut Trägerraketen für die private indische Raumfahrtindustrie und kann bereits auf einen suborbitalen Start zurückblicken; kürzlich wurde die dritte Stufe der Vikram-I-Rakete erfolgreich getestet.

Ganz in der Nähe, in Hyderabad, bauen Studenten Drohnen für die Landwirtschaft mit autonomer Flugtechnik und programmierbaren Steuereinheiten mit GPS. Studenten des Gandhi Institute of Technology and Management haben mit dem Drohnen-Start-up Mydhili Aerospace bereits den Boden verlassen.

Und dann ist da noch die Rakete Agnikul, die an einer Universität in Madras mit dem Ziel entwickelt wurde, zweistufige Trägerraketen zu bauen, die sich besonders leicht an unterschiedliche Anforderungen anpassen lassen. Damit verfügt Agnikul über mehr als zehn Startplätze in Indien, weitere 25 sollen hinzukommen. Damit verspricht das Start-up Starts, die sich nach dem Zeitplan des Kunden richten; die Installation der Nutzlast soll maximal zwei Wochen dauern.

Von neuartigen Weltraumkartografen wie Digantara bis hin zu Hyperspektralsatelliten zur Erfassung von Weltraumdaten wie Pixxel haben viele Unternehmen und Forscher ein Auge auf die einst schwer fassbaren Grenzen des Weltraums geworfen. Der erdnahe Aufnahmesatellit Pixxel wurde 2022 von SpaceX ins All gebracht. Weitere Pixxel-Satelliten werden in diesem Jahr gestartet, sodass bis Anfang 2024 eine tägliche globale Abdeckung erreicht wird. Auch KaleideO plant, seine hochauflösenden optischen und multispektralen Sensoren mit großer Reichweite bald aus der Luft zu testen, was zur Herstellung von Satelliten und ihren Sensoren führen wird.

Indiens Branche für Weltraumtechnik schwimmt auf einer globalen Wachstumswelle. Grand View Research schätzt, dass der weltweite Markt 2030 732 Milliarden US-Dollar schwer sein wird, getragen von Nachfrage nach satellitengestützten Diensten für Telekommunikation, Rundfunk, Wettervorhersage und Fernerkundung. Die Nachfrage steigt nicht zuletzt, weil kleinere, manövrierfähigere Satelliten die Dienstleistungen kosteneffizienter und schneller umsetzbar machen.

Der globale Satellitenmarkt dürfte 2030 18,6 Milliarden US-Dollar umsetzen, schätzt Allied Market Research – dieses Wachstum kommt für Indiens Weltraumambitionen, inspiriert von den Erfolgen indischer Mond- und Sonnenmissionen, gerade recht. John Strand, CEO von Strand Consult, unterstreicht die rasant sinkenden Preise in der Satellitenbranche: "Der Preis von Schwerlast-Starts in den erdnahen Orbit ist von 65.000 Dollar pro Kilogramm auf 1.500 Dollar pro Kilogramm gefallen."

Das Indische Institut für Technik in Madras hat einen Turm für Fall-Experimente.

(Bild: IIT Madras)

Fragen Sie Pradeep Gupta, ehemaliges Mitglied der indischen Regierung und Gründer der Denkfabrik Security and Policy Initiatives, und er wird Ihnen sagen, dass die privatwirtschaftlichen Projekte der indischen Raumfahrtindustrie als Vorbild für andere Industrien dienen sollten - insbesondere das Indian National Space Promotion and Authorisation Centre (IN-SPACe), das gegründet wurde, um die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zu fördern.

Mydhili Aerospace hat ehrgeizige Ziele: "Neben kommerziellen Raumtransporten sehen wir in der Zukunft Anwendungen wie Software Defined Networking (SDN) und Edge Data Centres, die Kommunikation und Datenverarbeitung revolutionieren können", sagt Gründer und CEO Yerramreddy Nivesh Reddy.

Auch Risikokapitalgeber sind optimistisch. Smita Pawar von den Hyderabad Angels berichtet von zahlreichen Innovationen: "Viele Start-ups werden gegründet. Sie befinden sich noch in einem sehr frühen Stadium, werden aber bald die Aufmerksamkeit von Investoren auf sich ziehen und durchstarten." Pawan Chandana, Mitbegründer und CEO von Skyroot Aerospace, fügt hinzu: "Indiens jüngste Erfolge sollten das Vertrauen globaler Investoren in Indiens aufstrebenden Raumfahrtsektor stärken, auch in private Unternehmen, und mehr globale Joint Ventures, Investitionen, Kooperationen und Partnerschaften anziehen.