Missing Link: Künstliche Intelligenz in spiritueller Schwerelosigkeit

Seite 2: "Auf zum Mars!"

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"Auf zum Mars!" – mit diesen Worten begrüßten sich einst die Mitglieder der1931 gegründeten Moskauer Gruppe zur Erforschung von Rückstoßantrieben (GIRD), zu denen auch Koroljow zählte. Auch von Braun baute seine ersten Raketen im Rahmen des 1927 gegründeten "Verein für Raumschiffahrt".

Nur wenige Jahre später galt die Rede von Raumfahrt jedoch bereits als Landesverrat, in der Sowjetunion ebenso wie in Deutschland. Wernher von Braun kam wegen solcher Äußerungen sogar vorübergehend in Haft. Von seiner ursprünglichen Motivation kündete schließlich nur noch ein kleines Gedicht in der A4-Fibel, dem Handbuch für die Soldaten, die den Abschuss der V2-Raketen vorbereiten sollten:

Das Himmelsschiff im Weltenraum --
Ein Friedenswerk und Menschheitstraum --
mag das Jahrhundert einst begeistern!
Heut‘ heißt es eine Waffe meistern

In Kriegszeiten haben es kühne Visionen natürlich generell schwer. Das Prinzip scheint aber den Zweiten Weltkrieg überdauert zu haben: Zwar gilt die Raumfahrt mittlerweile als etablierte und akzeptierte Technologie, doch bei der Beantragung von Forschungsgeldern ist weiterhin Erdverbundenheit angesagt.

So erklärte mir ein Raumfahrtingenieur vor einigen Jahren, wie sich mit nuklearen Antrieben die Flugzeit zum Mars deutlich verkürzen und die Mission dadurch für Astronauten sicherer gestalten ließe. Auf meinen irritierten Einwurf, dass bemannte Missionen zum Mars derzeit von der Politik doch kategorisch ausgeschlossen würden, antwortete er: "Das schreiben wir natürlich so nicht in die Projektanträge. Aber letztlich ist das unsere Motivation."

Manch Leser oder Leserin mag jetzt bei der Erwähnung "nuklearer Antriebe" zusammengezuckt sein. Kernenergie – das geht ja gar nicht! Vielmehr sollten wir verstärkt auf solare Energie setzen. Dabei war es genau die Sonne und die Frage, woher sie ihre Energie bezieht, die zur Entdeckung der Kernenergie geführt hat.

Frühere Vorstellungen, es könne sich um eine riesige, glühende Eisenkugel handeln, wurden im Lauf des 19. Jahrhunderts unhaltbar, als geologische Forschungen und Charles Darwins Erkenntnisse zur Evolution des Lebens die Schätzungen zum Alter der Erde immer höher schraubten. Kein bekannter Brennstoff hätte das Feuer der Sonne über mehrere hundert Millionen Jahre in Gang halten können.

Der Geologe Thomas Chamberlin schließlich lenkte 1899 in der Zeitschrift "Science" den Blick ins Innere der Materie: "Reicht unser heutiges Wissen in Bezug auf das Verhalten der Materie unter solch außerordentlichen Bedingungen, wie sie im Sonneninnern herrschen, aus, um die Annahme zu gewährleisten, dass ihr Inneres keine unerkannten Wärmequellen beherbergt? Die innere Zusammensetzung der Atome ist bis jetzt fraglich. Möglicherweise sind sie komplexe Gebilde und Sitz gewaltiger Energien. Sicherlich würde kein sorgfältiger Chemiker behaupten, die Atome seien wirklich elementar oder in ihnen seien nicht gewaltige Energien eingeschlossen. Kein vorsichtiger Chemiker würde bestätigen oder leugnen, dass die außerordentlichen Bedingungen, die im Mittelpunkt der Sonne herrschen, nicht einen Teil dieser Energie freisetzen könnten."

Die folgenden Jahre bestätigten seine vorsichtig formulierte Vermutung – und demonstrierten auch bei dieser Technologie, wie sie sich mit zunehmender Reifung von ihrer ursprünglichen Vision löste. Heute erscheinen nukleare und solare Energie geradezu als Gegensätze. Dabei sind sie identisch. Der Unterschied liegt lediglich in der Art der Nutzung: passiv oder aktiv – genügt uns das nukleare Feuer der Sonne, oder wollen wir auch selber zündeln?