Missing Link: Spürhund Kalle sucht nach Kabelbränden

Ein Elektroinstallateur trainiert seinen anderthalbjährigen Malinois "Kalle" darauf, Kabelbrände zu erschnüffeln. Und Kalle kann noch mehr.

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Kalle in Aktion: Schüffeln, wo das Kabel schmort.

(Bild: privat)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Ulrike Heitmüller
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Kabelbrände sind gefährlich: Sie ereignen sich recht häufig und sind vor allem schwer zu lokalisieren. Man kann sie natürlich mit einem Kabelmesswagen suchen. So einen hat auch Bernd Haase, geschäftsführender Inhaber der "Elektrotechnik Haase GmbH" in Bargeshagen bei Rostock. Dessen Einsatz ist aber nicht immer, nun ja, sinnvoll: "Für draußen haben wir unseren Kabelmesswagen, aber mit 20.000 Volt würden wir ein Gebäude anstecken", meint er. Für drinnen hat er Kalle. Kalle ist eineinhalb Jahre alt, hat vier Beine, zwei große spitze Ohren und vor allem eine schwarze, feuchte und sehr empfindsame Nase. "Kalle" ist ein Hund, und Haase trainiert ihn darauf, Kabelbrände aufzuspüren.

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

Kabelbrände sind ein großes Problem. Das technische Fachpersonal des Institutes für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS), eine Institution der öffentlichen Versicherer, hat im vergangenen Jahr etwa 2000 Brandursachenermittlungen durchgeführt. Zwar wurden nicht alle Brände untersucht, weil die jeweiligen Auftraggeber bestimmten, nach welchen Gesichtspunkten das IFS eingeschaltet wurde. Es ging vor allem um Brände, die "erhebliche Schäden in und an Gebäuden verursacht haben", heißt es auf der Website des IFS.

Zu diesen Bränden wurden die Ermittlungsergebnisse in der IFS-Schadendatenbank gesammelt und statistisch ausgewertet. Diese Statistik ist also nicht repräsentativ für das gesamte Schadengeschehen. Aber in dieser Brandursachenstatistik der speziell untersuchten besonders schädlichen Gebäudebrände gehen 28 Prozent auf Elektrizität zurück. In der Gesamtstatistik der Jahre 2002 bis 2022 sind es sogar 32 Prozent. Wieviel davon Kabelbrände sind, ist nicht speziell erfasst, sie dürften aber einen erheblichen Anteil ausmachen.

Tückisch an einem Kabelbrand ist, dass man den Brandherd nur schwer findet. Ja, es stinkt, auch als Mensch kann man einen Kabelbrand wohl riechen – aber man kann ihn oft nicht lokalisieren. Wenn die Steckdose raucht, ist der Fall ziemlich klar. Aber oft genug kokelt irgendwas irgendwo hinter irgendeiner Wand leise vor sich hin, stinkt vor sich hin, und man findet nicht heraus, wo genau der Geruch herkommt. "Neulich waren bei mir zwei Leute von einer Wohnungsgenossenschaft. Die haben von einem Haus erzählt, in dem es sehr intensiv gerochen hat. Aber sie haben mit zwei Mann einen ganzen Tag lang gesucht, bis sie die Stelle endlich fanden", berichtet Bernd Haase.

In so einem Fall soll in Zukunft Kalle ins Spiel kommen. Noch ist der Hund in der Ausbildung. Zum Üben geht Bernd Haase mit Kalle in einen Raum, in dem er eine Geruchsprobe eines Kabelbrandes versteckt hat. Er sagt "Kabel", und auf dies Kommando flitzt der Hund los, schnuppert hier und schnuppert da, man hört sein lautes Atmen, und schließlich hat er den "Brandherd" gefunden. Bernd Haase betätigt einen kleinen Clicker. Das Geräusch sagt Kalle, dass der seine Aufgabe gut gelöst und beendet hat. Zur Belohnung gibt Haase ihm ein Spielzeug.

Kalle kann nicht nur gut riechen – er ist auch "nur" etwa so groß wie ein Schäferhund, aber sehr schnell und wendig. Mit anderen Worten: Er schafft es (fast) überall hin, im Gegensatz zum Kabelmesswagen, der groß ist und mit dem man eben nicht überall hingelangt. Ganz abgesehen vom eingangs genannten Gefährdungspotenzial. Noch ein Vorteil. So ein Hund ist wirklich praktisch. Naja – wenn der Halter erstmal rausgefunden hat, wie er mit ihm umzugehen hat.

Kalle ist nämlich ein Malinois. Das ist die kurzhaarige Variante des Belgischen Schäferhundes. Viele Leute sagen auch Mali oder Malli. "Oder Maligator", lacht Bernd Haase. Die Rasse ist nämlich ein bisschen speziell. Die Haases hatten so einen Hund bei einer Bekannten gesehen, beobachtet, und wollten auch einen Hund aus diesem Zwinger. "Aber nach einer Woche haben wir gedacht, das ist ein total durchgeknallter Hund. Zum Beispiel wollten wir spazieren gehen, und kaum haben wir die Tür aufgemacht, war er sofort mit unseren Schuhen weg. Lauter so Sachen."

Zum Glück hatte seine Familie vorher schon Hunde gehabt und wusste, was zu tun ist. Malinois sind Arbeitshunde. Sie wollen arbeiten. Der Mensch muss sie beschäftigen. Diese Rasse wird weltweit im Polizei- und Militärdienst eingesetzt, sie sind Schutz- und Wachhunde, Arbeitshunde, Fährtensucher. "Da habe ich die Polizei angerufen, und dort hat man mir ein Gespräch mit dem Hundeführer vermittelt."

Bei der Polizei kennt man das. Dort arbeiten viele Hunde: Mantrailer und auch Spürhunde, die für bestimmte Objekte ausgebildet werden: Rauschgift etwa, Geld – oder Datenträger. Das machen inzwischen viele Polizeien. Wie es funktioniert? Der Pressesprecher der Polizei Hamburg: "Uns als Polizei liegen keine Erkenntnisse dazu vor, auf welche exakte Geruchskomponente eines Datenträgers der Hund reagiert und diese mit gezieltem Training und den Wiederholungen aufspüren kann. Ob es eine bestimmte Legierung, ein Mineral, eine chemische Verbindung oder alles zusammen in einem Datenträger ist, können wir als Polizei nicht sagen." Egal wie, Hauptsache es funktioniert.