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Missing Link: Die Zukunft von Rund- und Mobilfunk steht auf dem Spiel

Stefan Krempl
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(Bild: Suwin/Shutterstock.com)

Die Zukunft des UHF-Bands wird Ende 2023 auf der WRC in Dubai entschieden. Die Bundesregierung will die "Kulturfrequenzen" auch für Sicherheitsbehörden öffnen.

Spektrum ist ein knappes Gut – und seine Verteilung damit heftig umkämpft. Dies zeigt sich aktuell vor allem am UHF-Band im Bereich 470-694 MHz, das aktuell vor allem für die terrestrische digitale Übertragung linearer Fernsehprogramme (DVB-T2) sowie für den Betrieb lokaler Funkstrecken im Rahmen der professionellen Veranstaltungstechnik zugeteilt ist. Über die Zukunft dieser "Kulturfrequenzen" über 2030 hinaus wird im Kern die Weltfunkkonferenz 2023 (WRC-23) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) entscheiden, die vom 20. November bis zum 15. Dezember in Dubai stattfindet. Dabei geht es nicht nur um das digitale Antennenfernsehen, sondern etwa auch die terrestrische Radioübertragung (UKW beziehungsweise DAB+).

Die Finger nach dem begehrten Ultra-High-Frequency-Band strecken neben den Bestandsnutzern des terrestrischen Rundfunks und Anbieter drahtloser Produktionsmittel (PMSE) für Organisatoren und Dienstleister im Bereich Veranstaltungstechnik vor allem auch Interessen aus, die das Spektrum für mobiles Breitband nutzen wollen. Dazu gehören Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), die Bundeswehr sowie Mobilfunkbetreiber, die die ansteigende Datennutzung der Smartphone- und Tablet-Generation bewältigen müssen.

Niedrige Frequenzen unterhalb von 1 Gigahertz eignen sich besonders gut, um größere Flächen wie ländliche Regionen und das Innere von Gebäuden zu versorgen. Sie haben die Eigenschaft, besonders stabil und weitreichend Signale übertragen zu können. Für Mobilfunker sei dies besonders interessant, da sie so "relativ große Gebiete abdecken" könnten mit einer vergleichsweise niedrigen Anzahl von Basisstationen, weiß Slawomir Stanczak, Professor für Netzwerkinformationstheorie an der TU Berlin. "Gute Argumente" sieht er "auf allen Seiten". Die Politik müsse daher abwägen. Für ihn deutet aber viel darauf hin, dass wir uns von der Position verabschieden sollten, "dass Spektrum ausschließlich exklusiv für Einzelne zur Verfügung steht". Es seien die Verbraucher, "die das wollen". Zudem müssten zunehmend auch Maschinen und Autos vernetzt werden.

Gertrud Husch, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), überraschte nun Mitte Juni auf einer Veranstaltung von Telefónica in Berlin mit der Ansage, dass sich die Bundesregierung für eine gemeinschaftliche Inanspruchnahme des UHF-Bands durch verschiedene Bedarfsanmelder ausspreche. Dabei heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel: "Wir wollen das UHF-Band dauerhaft für Kultur und Rundfunk sichern." Für Husch ist das offenbar kein Widerspruch: Bei der angestrebten "ko-primären Nutzung" gelte es zu beachten, dass der Rundfunk "seine berechtigten Bedarfe erfüllt" bekomme.

Daneben sieht Husch aber "zusätzlichen Spielraum" für das Militär und die Sicherheitsbehörden. Wie viel für wen hier zur Verfügung gestellt werden könne, werde sich während der WRC und den Jahren danach zeigen, wenn die Bundesnetzagentur die Beschlüsse der Konferenz national umsetzt. Darüber hinaus Anteile aus dem UHF-Spektrum für den öffentlichen Mobilfunk festzulegen, sei einer der schwersten Herausforderungen. Auch diese Option solle aber zumindest aufrechterhalten werden. Es sei nämlich wichtig, dass die Mobilfunkunternehmen ebenfalls "rechtzeitig Planungssicherheit haben". Auch sie müssten ausreichend Frequenzen für Anwendungen wie Künstliche Intelligenz (KI) und 6G mit deutlich höhere Datenübertragungsraten bis zu 100 GBit/s zur Verfügung haben, was "mindestens eine Verzehnfachung gegenüber 5G" darstellen würde.

Die Entscheidung der Bundesregierung, die laut Husch "sicherlich nicht einfach war", größtmögliche Flexibilität biete und noch mit den europäischen Partnern abgesprochen werden müsse, ist ein Etappensieg für die Mobilfunker. "Deutschland sollte sich auf der Weltfunkkonferenz für eine ko-primäre Mobilfunkzuweisung aussprechen, damit eine effiziente Frequenznutzung und eine leistungsstarke Mobilfunkversorgung auch zukünftig sichergestellt sind", schrieb Nadine Wendrowski, Regulierungsexpertin bei Telefónica, etwa im Mai in einem Blogbeitrag [1]. "Wichtig ist daher, dass sich die Bundesnetzagentur und das BMDV proaktiv für die Öffnung für Mobilfunk in diesen Frequenzbereichen einsetzen – denn eine Unterstützung der Mobilfunkzuweisung ist eine Unterstützung des digitalen Fortschritts Deutschlands."

Andreas Gegenfurtner, Präsident Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS), begrüßt den Kurs in Richtung ko-primär. Beim UHF-Band gehe es um einen Kuchen von insgesamt 224 MHz, was eine "große Dimension" habe. Der Deutschen Telekom stünden für ganz Deutschland nur 205 MHz zur Verfügung. Es sei also sinnvoll, den Blaulichtbehörden ein Stück abzugeben, denn sie "stehen für die Rettung von Menschenleben". Für die Hilfe "wollen wir die bestmögliche Leistung haben" mit Spektrum "nur unter 1 GHz". Kommunikation sei schließlich längst "eine unserer Lebensadern geworden".

"Missing Link"

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Andreas Gegenfurtner

(Bild: Stefan Krempl)

Als Einsatzbeispiele nennt Gegenfurtner schwere Verkehrsunfälle oder Schlaganfälle, bei denen die Retter Vitaldaten so schnell wie möglich an die Klinik übertragen können sollten. Bei großen Lagen wie Waldbrände wollten sie "Drohnen draußen haben". Mit dem heute für die BOS verfügbaren schmalbandigen Netz ließen sich solche Anwenden nicht fahren. Diese verfüge momentan über rund 5000 Standorte, mit denen sich bei weiter reichenden und leistungsstärkeren Frequenzen "ohne große Investitionen unglaublich viel erreichen".

"Der Frequenzhunger folgt dem Datenhunger", wirbt Valentina Daiber, Vorstand Recht und Unternehmensangelegenheiten bei Telefónica Deutschland, für die Position der Netzbetreiber. Das Datenvolumen steige um circa 50 Prozent pro Jahr und habe sich bis 2027 pro Nutzer vervierfacht. In zehn Jahren sei so ein "immenser Bedarf an zusätzlichem Spektrum von bis zu 1000 MHz" zu erwarten. Für sie steht damit fest: Wenn die Politik "neue Spuren auf der Datenautobahn bauen möchte, brauchen wir neue Frequenzen". Bisher sei auch jeder Generationswechsel im Mobilfunk mit zusätzlichem Spektrum verknüpft worden.

Dieses Jahr müssten die ITU-Mitglieder noch nicht genau festlegen, wie das UHF-Band möglicherweise künftig aufgeteilt wird, meint Daiber. Wichtig sei aber, bei der Konferenz "die Tür für die Zukunft" nicht zu verschließen. Keiner wisse genau, wie sich 2030 die Situation darstelle. Alle interessierten Parteien trügen leidenschaftlich ihre Haltung vor. Es bringe aber nichts, Kultur gegen Leben oder Smartphone zu "traden". Da auch die Digitalisierung der Industrie mit auf der mobilen Plattform basiere, müssten sich die Kämpfer die Hand reichen und für alle tragbare Kompromisse suchen.

Basecamp-Teilnehmer: Valentina Daiber, Andreas Gegenfurtner, Kathrin Böttcher, Johannes Schätzl, Dr. Volker Ziegler, Slawomir Stanczak

(Bild: Stefan Krempl)

Kathrin Böttcher, Leiterin Medienpolitik im ARD-Generalsekretariat, hält davon nichts: "Ko-primär ist alles andere als flexibel" und markiere "den Beginn des Ausstiegs von der Fernseh-Terrestrik", moniert sie. Das Frequenzband reiche indes "jetzt schon nicht aus". Bei der Olympiade in Frankreich im Sommer 2024 müssten die Veranstalter etwa "vermehrt auf Kabel" umsteigen. Der digitale Antennenfunk sei aber ein wichtiger Verbreitungsweg für die öffentlich-rechtlichen Sender, da diese "alle erreichen" müssten.

Aktuell nutzten viele Zuschauer noch lineares Fernsehen, holt Böttcher weiter aus. Das klassische Programm werde aktuell durchschnittlich drei Stunden pro Tag konsumiert. Ein DVB-T-Empfangsgerät biete hier einen sehr niedrigschwelligen, kostengünstigen Zugang für alle, die "nicht abhängig von Mobilfunk- oder Kabelverträgen" sein wollten. DVB-T2 erfahre daher mehr Zuspruch. Die Nutzerzahlen in den Digitalisierungsberichten seien zwar nicht sehr hoch – 6 Prozent der deutschen Haushalte gucken demnach per Antennenfunk fern –, in den vergangenen drei Jahren aber um 30 Prozent gestiegen. Generell habe der Rundfunk eine Zukunft auf DAB+ und habe auch bei der Katastrophe im Ahrtal als einziger Kanal noch funktioniert, um Leben zu retten.

Radio- und TV-Sender sowie die Veranstaltungstechnik "haben bereits viele Frequenzen verloren", gibt Böttcher zu bedenken: "Künstler können Konzerte nicht mehr veranstalten." Netze resilienter zu bauen, zu verdichten und andere kreative Lösungen zu finden, sei zwar sinnvoll. Das so freigeschaufelte Spektrum dürfte aber "in zwei Jahren wieder aufgebraucht" sein. Nötig sei ferner eine europäische Harmonisierung: Länder wie Frankreich, Polen und Großbritannien hielten an TV-Antennenfunk fest. Da Frequenzen nicht an nationalen Grenzen Halt machten, könnte das UHF-Band so hier nach 2030 "nur in einer ganz kleinen Region rund um Kassel störungsfrei genutzt werden".

Mit 5G Broadcast hat die Lobbyistin für Das Erste einen weiteren potenziellen Trumpf in der Hand. Mit dem neuen Übertragungsstandard sollen lineare Rundfunkinhalte direkt auf mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets verbreitet werden ‒ ganz ohne WLAN, sonstige Internetverbindung oder SIM-Karte und Mobilfunkvertrag. "Verschiedene Ausspielwege sind wichtig", hebt Böttcher dazu hervor. Alle Seiten bräuchten ferner jetzt Klarheit, um Investitionsentscheidungen treffen zu können, nicht erst im Jahr 2030.

Die deutsche Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen richtete schon vor einem Jahr gemeinsam mit Partnern aus 17 europäischen Ländern einen flammenden Appell an politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden [3]. Die Beteiligten fordern in dem "Call to Europe", den Bereich 470-694 MHz für den Rundfunk sowie den Betrieb lokaler Funkstrecken im Rahmen der professionellen Veranstaltungstechnik zu erhalten. In der gesamten EU nutzten 80 Millionen oder 43 Prozent der Haushalte digitales terrestrisches Fernsehen.

Event-Organisatoren bräuchten UHF-Frequenzen "für den ordnungsgemäßen Betrieb von drahtlosen Mikrofonen, In-Ear-Systemen, Talk-Back-Systemen und Audioverbindungen, insbesondere im Rahmen von Live-Veranstaltungen", ist dem Weckruf zu entnehmen. Sie ermöglichten tourenden Musikern und Künstlern, mit ihrer eigenen Beschallungsanlage durch ganz Europa zu reisen. Zudem seien Kirchen, Schulen, Universitäten, Messeveranstalter und viele andere auf das Spektrum angewiesen. Letztlich brauche ganz Europa die Frequenzen auch im Interesse "einer freien Gesellschaft". Zu den hiesigen Unterzeichnern gehören neben den Öffentlich-Rechtlichen Media Broadcast, die Landesmedienanstalten, die Initiative SOS (Save Our Spectrum), Sennheiser, die Privatsendervertretung Vaunet und der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI.

Bereits Ende 2021 empfahlen Medienberater in einer Analyse für die Bundesnetzagentur [4] indes, digitale Antennen-TV zu reduzieren oder abzuschalten und das entsprechende Spektrum teils für die BOS und den Mobilfunk freizugeben. Für die 20 Prozent der Bevölkerung, die in dünn besiedelten Gebieten ohne oder mit schlechtem Handy-Empfang leben, würde das UHF-Spektrum den Experten zufolge nach 2030 einen "kapazitativen Mehrwert" bieten. Andererseits könnten "Mega-Events" wie die Tour de France oder der Eurovision Song Contest zeitlich und lokal begrenzt erhebliche Frequenzanforderungen von mehr als 150 MHz haben. Die Anforderungen der digitalen Mobilität wie das autonome Fahren erforderten dagegen "aus heutiger Sicht keine massive Erhöhung der Datenraten im ländlichen Raum".

Die europäische Gruppe für Frequenzpolitik (RSPG), die die EU-Kommission berät, schlug im Juni 2022 vor [5]: Die Mitgliedstaaten sollten die Flexibilität haben, das 470-694-MHz-Band für drahtloses Breitband zu nutzen. Voraussetzung dafür müsse aber sein, dass dies "mit den Rundfunkbedürfnissen in dem betreffenden Mitgliedstaat vereinbar ist" und den DVB-T-Betrieb in den Nachbarländern nicht einschränke.

Johannes Schätzl, Mitglied im Digitalausschuss des Bundestags, hält die von der Bundesregierung anvisierte gemeinschaftliche Nutzung des UHF-Bands für richtig. Die Politik müsse priorisieren. Den Behörden stehe dabei das erste Zuschlagsrecht zu, wenn sie das Spektrum angemessen verwendeten. Es gebe Optionen, die einschlägigen Frequenzen "maximal effizient" einzusetzen und so den Nutzerkreis zu vergrößern. Der SPD-Politiker kennt nach eigenen Angaben keinen, der den digitalen Antennenfunk "auf Stationärgeräten" schaut. Er sieht die Zukunft so nicht in DVB-T2, sondern bei IP-basierten Anschlüssen. Die WRC-23 setze aber eh nur einen Rahmen, der durch nationale Regulierer noch ausgefüllt werden könne. Hierzulande obliege es also der Bundesnetzagentur, die beiden favorisierten Nutzungen primär ins UHF-Band zu geben.

Die Mobilfunker müssten bei einer solchen Lösung aber mitspielen und ihre Verträge so ausgestalten, dass Nutzer die Öffentlich-Rechtlichen jederzeit über ihr bisheriges Datenvolumen streamen könnten, betont Schätzl. ARD, ZDF und das Deutschlandradio sollten "so kostengünstig wie möglich zur Verfügung" stehen. Der Sozialdemokrat stößt so die Debatte über Zero Rating neu an [6]. Der Europäische Gerichtshofs hat dazu entschieden, dass einschlägige "Nulltarif"-Angebote wie "Stream On" der Deutschen Telekom und "Vodafone Pass" mit dem im EU-Recht verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung des Datenverkehrs unvereinbar sind [7]. Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (Gerek) lässt für solche Tarifoptionen daher kaum mehr Spielraum [8].

Die einstigen Nulltarif-Optionen der zwei großen Netzbetreiber wären eine Lösung für die neue Herausforderung der Versorgung der Öffentlichkeit mit Inhalten etwa des Ersten und des Zweiten gewesen, glaubt Schätzl. Bei Daiber leuchten angesichts dieses Vorschlags aber rote Lampen aufgrund der Netzneutralität und der hohen Investitionskosten der Betreiber für den Netzausbau auf. "Wer ganz ohne Kosten Daten durch unsere Netze spült, hat kein Interesse, Datensparsamkeit walten zu lassen und effizient zu denken", gibt die Telefónica-Vorständin auch zu bedenken. Sie begrüßt daher den umstrittenen Kurs der EU-Kommission hin zu einer Infrastrukturabgabe [9], über die sich große Plattformbetreiber an den Kosten für den Netzausbau beteiligen sollen [10].

Sein Vorschlag verletze das Kernprinzip des offenen Internets nicht, hält Schätzl dagegen. Die Betreiber wüssten genau, wie viel Datenvolumen nötig sei für die Öffentlich-Rechtlichen. Private Rundfunksender sollten aber nicht eingeschlossen werden, da es für diese jetzt auch kein Grats-Abo auf DVB-T2 gebe.

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt auf der WRC-23 [11] wird das obere 6-GHz-Band (6425–7125 MHz) sein. Vertreter des Mobilfunks fordern, auch dieses für die Branche zu öffnen. Eine solche Möglichkeit "würde nicht nur ein Mehr an Spektrum" zur Bewältigung des steigenden Datenverkehrs bedeuten, unterstreicht die Telefónica-Juristin Wendrowski [12]. Dazu komme der Vorteil, dass diese Frequenzen "die perfekten Kapazitäts- und Ausbreitungseigenschaften" hätten, "um effizient und bedarfsgerecht dort bereitgestellt zu werden, wo perspektivisch" Engpässe aufträten.

Bei 6 GHz seien die Bandbreiten relativ hoch, die Abdeckung aber nur "locker", erläutert der Netzwerkexperte Stanczak. Jenseits stationärer Räumlichkeiten träten so etwa in fahrenden Fortbewegungsmitteln rasch Lücken auf. Generell sei es entscheidend, Frequenzen "so effizient wie möglich" einzusetzen. Dafür brauche es neue Technologien, die aus Deutschland und Europa kommen sollten. Letztlich gebe es aber physische Grenzen. So gehe die Spektraleffizienz etwa auf Kosten von Energieeinsparungen, was zu widersprüchlichen Zielsetzungen führe.

Die Branche müsse die Energieeffizienz "ganz anders angehen", mahnt Volker Ziegler, Chefarchitekt bei Nokia. KI etwa könne bis ins Spektrum-Management helfen. Angesichts zunehmend symmetrischer Bandbreitennutzung wäre es "extrem wertvoll", gerade in den "Midbands" wie 6 GHz für den Mobilfunk "etwas freizuschalten". Andererseits habe eine "exklusive Zuweisung" von Spektrum für Bereiche wie die öffentliche Sicherheit oder die Medizin ebenfalls Vorteile, da diese so bandbreitenhungrige Dienste ohne große Hürden aufsetzen könnten.

Bei 6 GHz sei die Lage "nicht einfacher", berichtet Husch vom BMDV. Auch hier mache sich die Regierung für eine offene Herangehensweise sowie eine ko-primäre Nutzung stark. Im Idealfall sollten hier der öffentliche Mobilfunk und WLAN "möglichst kooperativ" nebeneinander existieren. Insgesamt äußerte die Ministerialbeamtin die Hoffnung, dass die "Bedarfsträger nicht aufeinander herumhacken", sondern "Verständnis füreinander entwickeln". Man wird ja noch träumen dürfen.

Die EU wollte ihren gemeinsamen Standpunkt, den die Mitgliedstaaten dann bei den Verhandlungen auf der WRC-23 vertreten sollen, eigentlich schon im 1. Quartal 2023 festlegen. Die Kommission führte dazu voriges Jahr eine Konsultation durch [13], in deren Rahmen sie 63 Stellungnahmen erhielt.

Selbst US-Konzerne wie Meta brachten sich dabei ein: Der Facebook-Mutterkonzern warnt dabei davor, das 6-GHz-Band für den Mobilfunk umzuwidmen: Dies könnte die Gigabit- und die Nachhaltigkeitsziele der EU gefährden. Der Einbezug von funkgestützten Netzwerken wie WLAN in dieses Spektrum würde dagegen den Endnutzern die besten Konnektivitätsvorteile bieten, den digitalen und grünen Wandel in der EU unterstützen und Innovationen. Die Auswertung der Eingaben und die Abstimmung mit den Regierungsvertretern der EU-Länder dauert offenbar noch an: bis dato hat die Kommission keinen Vorschlag für den Beschluss der angestrebten gemeinsamen Linie gemacht.

(bme [14])


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[4] https://www.heise.de/news/Studie-zum-TV-UHF-Band-Es-wird-eng-fuer-DVB-T2-nach-2030-6301487.html
[5] https://rspg-spectrum.eu/wp-content/uploads/2022/06/RSPG22-014final-Draft_RSPG_Opinion_WRC23.pdf
[6] https://www.heise.de/news/Frequenz-Poker-Sozialdemokrat-bringt-Zero-Rating-fuer-ARD-und-ZDF-ins-Spiel-9194335.html
[7] https://www.heise.de/news/EuGH-Zero-Rating-von-Telekom-und-Vodafone-verstoesst-gegen-Netzneutralitaet-6180849.html
[8] https://www.heise.de/news/Netzneutralitaet-EU-Regulierer-schliessen-Nulltarife-bei-Zero-Rating-klarer-aus-7143217.html
[9] https://www.heise.de/news/Netzabgabe-Monopolkommission-und-Verbraucherschuetzer-warnen-vor-Datenmaut-8986354.html
[10] https://www.heise.de/news/Netzausbau-EU-fordert-Kostenbeteiligung-von-Big-Tech-Plattformen-7372854.html
[11] https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/weltfunkkonferenz.html
[12] https://www.basecamp.digital/standpunkt-6-ghz-wichtige-entscheidung-auf-der-weltfunkkonferenz/
[13] https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/13445-Weltfunkkonferenz-2023-Standpunkt-der-EU_de
[14] mailto:bme@heise.de