Mittagsschlaf: Wärme-Schaltkreis im Gehirn macht Fruchtfliegen müde

Im Süden ist der traditionelle Mittagsschlaf normal. Mit der Erderwärmung dürfte er sich weiter verbreiten – auch, weil es offenbar biologische Gründe gibt.

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Auch Fruchtfliegen werden bei Hitze müde.

(Bild: Gallio Lab/Northwestern University)

Lesezeit: 3 Min.

Wer im Sommer in Spanien unterwegs ist, wird bemerkt haben: Zwischen 14 und 16 oder oft gar 17 Uhr geht in manchem Viertel gar nichts mehr, die Türen bleiben zu. Erst später wird wieder geöffnet – dann aber auch gerne etwas länger, denn der eigentlich Abend beginnt erst gegen 21 Uhr. In der Schließzeit begehen die Spanier ihre traditionelle Siesta, ein Verdauungsschläfchen nach dem späten Mittagessen, das aber auch der in dieser Zeit besonders starken Hitze geschuldet ist, bei der fast niemand freiwillig auf die Straße möchte.

Doch woher kommt der Wunsch nach Siesta, wieso werden wir bei Hitze schläfrig? Diese beständige sowie für Bewohner nördlicherer Gefilde verlockende Tradition könnte biologische Gründe haben, wie eine Forschergruppe der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois nun gezeigt hat. Im Tierversuch mit Drosophila, der Fruchtfliege, stellten die Wissenschaftler fest, dass ihr Gehirn eine Art Thermometerschaltkreis hat, der bei starker Wärme müde macht. Die Siesta hat damit einen interessanten neurologischen Hintergrund, der selbst bei deutlich primitiveren Organismen als dem Menschen wirksam zu werden scheint.

Denn im Versuch zeigte sich, dass auch Drosophila dazu neigt, an warmen Tagen mitten am Tag ein Schläfchen einzulegen. Dieses Verhalten sei programmiert, wie auch ein Blick ins simulierte Konnektom, dass es für die 100.000 Hirnzellen der Fliege mittlerweile gibt, zeigt. Dabei ist die Temperatursensorik offenbar unterteilt in Warm und Kalt. Das Hirnthermometer für die Kälte hatten die Forscher bereits vor zwei Jahren beleuchtet. Es könnte unter anderem teilweise dafür verantwortlich sein, dass manche Tiere Winterschlaf halten.

Bei den Fruchtfliegen liegt die ideale Temperatur bei 25 Grad Celsius. Wird es wärmer, reagieren ihre "absoluten Wärmerezeptoren" und die Tiere beginnen, ihr Aktivitätsverhalten anzupassen. "Veränderungen der Temperatur haben starke Auswirkungen auf das Verhalten sowohl bei Mensch als auch Tier", sagt Marco Gallio, der Associate Professor für Neurobiologie am Weinberg College for Arts and Sciences und Mitautor der Studie ist. Auch auf den Schlaf könne die Temperatur "extreme Effekte" haben bis hin zum Winterschlaf. Die spezifischen Bereiche des Gehirns, die für diese Aufgaben zuständig sind, gelte es nun zu kartieren. Eine Nervenzelle, die heiße und kalte Temperaturen zu integrieren scheint, um den Schlaf zu beeinflussen, wurde bei Drosophila bereits identifiziert. Sie könnte ein Startpunkt für weitere Studien werden und so weitere Hinweise auch für das menschliche Bedürfnis nach einem Mittagsschläfchen oder einer Ruhephase an warmen Tagen liefern.

(bsc)