Möbel: Software errechnet Bauanleitung aus Smartphone-Fotos

Aus ein paar Dutzend Fotos eines Möbelstücks kann eine Software eines amerikanisch-chinesischen Forschungsteams komplette CAD-Daten extrahieren.

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(Bild: Noeckel et al.)

Lesezeit: 3 Min.

Allein aus Smartphone-Fotos haben US-Wissenschaftler eine komplette Bauanleitung für Holzmöbel generiert, einschließlich der Zuschnittmuster für die Bretter . Dazu machte das Team um James Noeckel von der University of Washington in Seattle 30 bis 70 sich überlappende Fotos eines Möbelstücks von allen Seiten.

Aus diesen Bildern erzeugten sie mit der kommerziell erhältlichen Photogrammetrie-Software „RealityCapture“ eine dreidimensionale Punktewolke. Bei diesem Verfahren schließt die Software aus den unterschiedlichen Blickwinkeln auf ein Objekt auf dessen räumliche Tiefe. (Paper der Wissenschaflter.)

Um aus der Punktewolke ein nachbaubares 3D-Modell zu machen, mussten die Forscher verschiedene Probleme lösen: So sind unter anderem einige Stellen der Möbel auf allen Fotos verdeckt. Außerdem geht aus der Punktewolke nicht hervor, wo die Verbindungen zwischen den Bauteilen sind. Um aus den Daten brauchbare Vorlagen zu machen, hat die amerikanisch-chinesische Forschungsgruppe einen Algorithmus geschrieben, der Position, Fläche und Umriss von Bauteilen aus der Punktewolke extrahiert. Das Ergebnis war eine „übervollständige“ Teileliste, da einzelne Bretter jeweils von mehreren Seiten auf den Fotos zu sehen waren. In weiteren Schritten löste der Algorithmus Volumenkonflikte auf und verfeinerten die Schnittkanten so, dass klare geometrische Formen entstanden. Dabei nutzte er auch die Fugen, die auf den Fotos zu sehen waren.

Auf diese Weise erzeugten die Forscher CAD-Modelle von einem Schemel, einem Nachttisch, einem Bücherregal, einem Tablett, einer Bücherstütze und einem Tisch. Um die Genauigkeit des Algorithmus abzuschätzen, legten sie die entstandenen CAD-Modelle auf die realen Fotos und maßen die Abweichung. Die Wurzel der mittleren Fehlerquadratsumme (RMSE) betrug 0.2 bis 0.48. „Das zeigt, dass die Geometrie unserer rekonstruierten Formen nahe am realen Objekt bleibt“, heißt es im Paper.

Auch bei der Zahl der Teile lag der Algorithmus meist richtig – außer beim Nachttisch, dort ermittelte er nur sieben statt zehn Bretter. Bei einem siebten Beispiel, einem komplexen Schemel, konnte der Algorithmus einige Teile überhaupt nicht zuordnen. Als Verbindung unterstellten die Forscher, dass alle Bretter stumpf aufeinander gefügt werden. Zapfen oder sonstige komplexere Verbindungen konnte der Algorithmus nicht erkennen.

Ihr Versuch zeige, dass sich die Methode auch gut für das „Reverse Engineering“ anderer Objekte eigne. Das sei beispielsweise hilfreich, um Design-Variationen bestehender Objekte mit CAD-Software durchzuspielen. Das Fernziel sei eine App, die aus Fotos automatisch die Blaupausen für den Nachbau von Möbeln erzeugt, sagte Noeckel zum „New Scientist“.

(grh)