MySQL setzt auf Wachstum

Auf der Basis guter Geschäfte in 2006 kündigt MySQL an, dieses Jahr an die Börse gehen zu wollen. Mit einer unternehmensweiten Lizenz will man den Anbietern proprietärer Datenbanken auf die Pelle rücken.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Oliver Diedrich

MySQL AB, Anbieter der populärsten Open-Source-Datenbank, prescht vor. Mit einem Börsengang und einem Kampfangebot gegen Oracle will das schwedische Unternehmen seine Position im Markt stärken.

Noch dieses Jahr, so erklärte MySQL-Chef Marten Mickos, werde MySQL an die Börse gehen. Ziel sei die amerikanische Börse, da nur ein Börsengang dort für ausreichend Sichtbarkeit sorge. Endgültig entschieden ist über Ort und genaue Modalitäten des Börsengangs jedoch noch nicht. In MySQL steckt bereits Geld einer Reihe von Investoren; darunter sind die auf Software und Open Source spezialisierten Venture Capitalists Benchmark Capital, Index Ventures und Intel Capital, aber auch der Open-Source-Anbieter Red Hat und die SAP AG. MySQL vertreibt und entwickelt die Datenbank SAP DB der Walldorfer seit ihrer Offenlegung unter dem Namen MaxDB.

MySQL-Chef Marten Mickos

Bislang sind erst wenige Open-Source-Unternehmen – überwiegend Linux-Distributoren – an der Börse: Den Anfang machte Red Hat im Sommer 1999, es folgten im Dezember der Rekord-Börsengang von VA Linux (heute VA Software) und im März 2000 Caldera (heute SCO). An der Pariser Börse wird seit 2001 MandrakeSoft (heute Mandriva) gehandelt, in Oslo seit dem letzten Jahr Trolltech, Anbieter von Entwicklungstools für Linux.

Mit dem neuen Angebot MySQL Enterprise Unlimited geht MySQL AB direkt auf die Anbieter proprietärer Datenbanken los: Für 32.000 Euro bieten die Schweden eine Jahreslizenz für den Einsatz von MySQL auf beliebig vielen Servern. Mit dem Angebot möchte man vor allem Kunden ansprechen, die bereits eine (teure) proprietäre Datenbank im Einsatz haben und so verlockt werden sollen, weitere Datenbank-Anwendungen auf MySQL zu entwickeln.

Die Attacke scheint vor allem gegen Oracle zu gehen: Eine Lizenz der Enterprise Edition von Oracle 10g kostet knapp 31.000 Euro (40.000 US-Dollar) pro Jahr – allerdings pro CPU. Selbst die Standard Edition, laut Oracle geeignet für "kleinere und mittelgroße Unternehmen", schlägt bereits mit rund 7.700 Euro (10.000 US-Dollar) zu Buche. Süffisant verweist MySQL im Zusammenhang mit der Ankündigung des neuen Angebots darauf, dass laut einer Umfrage der Independent Oracle User Group bereits ein Drittel aller Oracle-Anwender auch MySQL einsetzen.

Der auf einigen News-Diensten verbreiteten Aussage, MySQL wisse, dass Oracle ein Support-Angebot für MySQL plane, widersprach MySQL-Chef Mickos im Gespräch mit heise open. Man habe ihn missverstanden: Zwar vertreibe Oracle MySQL als Teil von Unbreakable Linux, aber alles darüberhinaus seien lediglich Gerüchte.

MySQLs Enterprise Server, im vergangenen Jahr vorgestellt, versteht sich als eine Art Rundum-sorglos-Paket für MySQL-Anwender. Abonnenten erhalten neben der Datenbank selbst regelmäßige Updates, Service-Pakete sowie aktuelle Security- und Bugfixes. Hinzu kommen 24/7-Support per Web und Telefon inklusive Kontakt zu den MySQL-Entwicklern, sofern nötig, und ein Monitoring- und Advisory-Dienst, der die laufenden MySQL-Installationen überwacht und bei Problemen frühzeitig Alarm schlagen soll.

Für 2006 meldet MySQL erfolgreiche Geschäfte und einen Rekordumsatz: Man habe über 2.500 neue Kunden hinzugewonnen, darunter die 1&1 Internet AG, Cisco, HP, Sage und Walt Disney. Gewinn, so Mickos im Gespräch mit heise open, hat das Unternehmen allerdings – anders als 2005 – wegen umfangreicher Investitionen 2006 nicht gemacht. Konkrete Zahlen nennen die Schweden wie schon in den vergangenen Jahren nicht.

Stattdessen verweist man darauf, dass sich MySQL mit dem LAMP-Stack (Linux, Apache, MySQL, PHP) als Grundlage zahlreicher neuer Web-(2.0-)Angebote etabliert habe. Das Unternehmen nennt unter anderem Google, Yahoo, YouTube, Flickr, Second Life und Wikipedia als Beispiele. Im vergangenen Jahr wurde die Open-Source-Version der Datenbank 12 Millionen Mal heruntergeladen. Laut Mickos sind rund 10 Millionen aktive MySQL-Installationen in Unternehmen im Einsatz.

Das 1995 gegründete Unternehmen beschäftigt rund 100 Entwickler. MySQL wird unter nach dem Dual-licensing-Prinzip unter GPL und unter einer Üproprietären Lizenz angeboten (siehe Artikel MySQL: Die freie Wahl. Geld verdienen die Schweden zum einen mit MySQL Enterprise, einer zertifizierten Version der Open-Source-Datenbank, und den zugehörigen Service- und Supportleistungen, zum anderen mit der proprietär lizenzierten Version der Datenbank, die den Lizenznehmern den Einbau in eigene Applikationen erlaubt, ohne den Quellcode der eigenen Anwendung offenlegen zu müssen. (odi) (odi)