.NET-Oberflächen mit Windows Forms oder WPF?

Seite 4: Nur wenige WPF-Tools

Inhaltsverzeichnis

Katastrophal war und ist auch die Werkzeugunterstützung. Mit dem Erscheinen von .NET 3.0 im November 2006 gab es keinen grafischen Designer für WPF in Visual Studio, sondern nur eine Alpha-Version. Der Designer erschien erst mit Visual Studio 2008 und hat trotz erheblicher Nachbesserungen in dem Service Pack 1 immer noch zahlreiche eklatante Schwächen. So fehlt Unterstützung für Animationen und Datenbindung. Das aus Windows Forms bekannte Drag&Drop von Daten aus dem Datenquellenfenster und die Auswahl von Daten aus den Datenquellen gibt es hier nicht. Der WPF-Designer bietet keine Unterstützung für Lokalisierung, anders als der Windows Forms-Designer, bei dem man elegant zwischen den Sprachen umschalten kann. Die Darstellung im WPF-Designer entspricht oft nicht dem Resultat zur Ausführungszeit. Beim Einsatz des Viewbox-Steuerelements, der Grundlage für nahtlos skalierbare Fenster, gibt der Designer ganz auf. Erst mit Visual Studio 2010 ist Anfang des kommenden Jahres, also mehr als vier Jahre nach dem Erscheinen von WPF ein adäquater Designer zu erwarten.

Mit dem von Photoshop inspirierten Expression Blend lassen sich auch WPF-Oberflächen erstellen

In der Zwischenzeit verweist Microsoft stets auf Expression Blend. Es unterstützt zwar alle Funktionen von WPF und bietet das gleiche Projektformat wie Visual Studio, sodass eine gemeinsame Bearbeitung eines Projekts mit Expression Blend und Visual Studio möglich ist. Aber es gibt zwei Dinge, die Entwickler von Expression Blend abschrecken: Erstens kostet es zusätzliche Lizenzgebühren, zweitens ist die Bedienung an Grafik-Produkten wie Adobe Photoshop orientiert. Ein typischer Softwareentwickler, der Steuerelemente platzieren und mit Datenquellen verbinden möchte, muss eine völlig neue Welt lernen.

Hier ist man dann auch direkt an einem zentralen Punkt angekommen. WPF ermöglicht nicht nur, dass ausgebildete Gestalter an den Oberflächen arbeiten, sondern WPF erzwingt diese neue Rolle geradezu. Dieser Zwang entsteht einerseits durch die Werkzeugsituation und andererseits durch die Möglichkeiten, die WPF bietet. Nicht jedes Projekt hat aber die Ressourcen, einen Gestalter einzusetzen. Dies ist nicht nur eine finanzielle Frage, sondern es fehlen am Markt schlicht Gestalter, die WPF beherrschen. Dabei ist die Einarbeitung in WPF sowohl für Entwickler als auch Gestalter hartes Brot oder anders gesagt: Die Lernkurve ist sehr steil.