Nation Building
Viele Meeres-Anrainer schütten Sand auf, um ihre Landfläche zu erweitern. Aber keine Nation geht dabei so geostrategisch vor wie China.
China hat eine künstliche Insel mit Hafen und einer mehr als drei Kilometer langen Landebahn aufgespült: das Fiery Cross Reef, ein Teil der Spratly-Inseln mitten im Indischen Ozean.
(Bild: CSIS Asia Maritime Transparency Initiative/Digital Globe)
- Vince Beiser
Schäumender grau-schwarzer Schlamm strömt in den riesigen Laderaum des Schwimmbaggers „Ellis Island“. 24 Kilometer vor der Küste von Mississippi, im Golf von Mexiko, zieht er zwei je 30 Tonnen schwere gezahnte Schleppköpfe über den Meeresboden. Hochleistungspumpen saugen Sand und Seewasser über 90 Zentimeter dicke Rohre an Bord – alle drei Sekunden so viel, wie in einen Lkw passt.
Nach einigen Stunden ist der Laderaum gefüllt mit blubbernder grauer Suppe, und das Schiff nimmt Kurs aufs Festland. Nahe der Küste hieven die Besatzungsmitglieder den Kopf einer schwimmenden Pipeline an Bord und verbinden sie mit einem Rohr, das zum Laderaum führt. Die Pumpen des Schiffs fördern den Schlamm dann zu einer schwimmenden Verstärkerstation in etwa 1,5 Kilometer Entfernung, von wo er weitere acht Kilometer durch Rohrleitungen bis zum Strand von Ship Island gepumpt wird. Diese Insel, ein wichtiges Bollwerk gegen Stürme, besteht derzeit aus zwei Teilen – ihre Mitte wurde von den beiden Hurrikans „Camille“ (1969) und „Katrina“ (2005) weggespült. Nun soll sie wiederhergestellt werden. Nach einem Jahr Pendelverkehr wird die „Ellis Island“ dort rund 5,4 Millionen Kubikmeter Sand aufgeschüttet haben – genug, um die namensgebende Insel vor Manhattan 45 Meter tief zu begraben.
Es ist eine kolossale Operation. „Es ist erstaunlich, Leuten auf Google Earth zeigen zu können: Das habe ich gebaut“, sagt Brian Puckett von der Baggerfirma Great Lakes, die Ship Island aufschüttet. Aber im Vergleich zu dem, was China tut, ist die Insel nur ein Klecks im Ozean. China spült Inseln nämlich nicht nur auf, um neues Bauland zu schaffen oder die Küste zu schützen – für den Präsidenten Xi Jinping sind Schwimmbagger auch ein wichtiges geopolitisches Instrument. Sie haben die Macht, Land aus dem Nichts zu schaffen und Grenzen zu verschieben.
(anwe)
