Parkkhäuser für Elektronen

Der koreanische Elektronikkonzern Samsung will bald deutlich voluminösere Flash-Speicherchips anbieten. Der Trick liegt in einer erweiterten räumlichen Struktur.

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Von
  • Kate Greene

Forschern bei Samsung ist es gelungen, neue Flash-Chips zu entwickeln, die doppelt so viele Daten speichern können wie die derzeitige Technik - und zwar ohne mehr Platz auf der Platine zu verbrauchen. Dazu verwendeten sie mehrere Siliziumschichten, um eine dreidimensionale Struktur aufzubauen. Die Arbeit wurde bei der "International Electron Device"-Konferenz in San Francisco vorgestellt. Laut Forschungsleiter Soon-Moon Jung ist es mit diesem Ansatz möglich, in Kombination mit herkömmlichen Herstellungsverfahren sogar Terabit-Flash-Chips herzustellen - die würden dann aus insgesamt acht Schichten Silizium bestehen.

Die Flash-Technik ist inzwischen in zahlreichen Gadgets vorhanden - egal ob Handys, USB-Sticks oder MP3-Spieler. Gleichzeitig wird sie auch für den direkten Einbau in Laptops und Desktop-PCs immer interessanter. Im Gegensatz zu Festplatten bestehen Flash-Speicher aus unbeweglichen Teilen und sind daher haltbarer. Gleichzeitig lassen sie sich je nach Bauweise sogar schneller auslesen. Zudem bewahren sie ihren Dateninhalt im Gegensatz zu herkömmlichem RAM auch dann, wenn kein Strom mehr fließt.

Ähnlich wie bei Siliziumprozessoren, bei denen Jahr für Jahr mehr Transistoren auf eine bestehende Fläche aufgebracht werden, erweiterte sich auch die Flash-Speicherkapazität mit zunehmender Miniaturisierung. Das Problem: Wie bei den CPUs gibt es auch hier natürliche Grenzen - irgendwann lassen sich die Bestandteile nicht weiter verkleinern, weil die Produktionsprozesse und die Physik nicht mehr mitspielen. Das könnte bei Flash-Speichern bereits in einigen Jahren der Fall sein. Aktuell werden diese häufig in 60-Nanometer-Technik hergestellt. Bis 2009 wird sich dies nochmals bis auf 30 Nanometer schrumpfen lassen. Laut Samsung-Mann Jung ergeben sich ab dann allerdings Probleme: Strukturen, die kleiner als 30 Nanometer sind, neigen dazu, elektrische Ladungen nicht mehr korrekt zu speichern. Das kann dann zu Datenverlust führen - die Chips arbeiten nicht mehr zuverlässig.

Jung und Kollegen versuchten deshalb, herkömmliche Produktionstechnologien zu verfeinern, ohne auf die Miniaturisierung zu setzen. Dabei verfolgten sie zwei Hauptziele: Erstens sollte der benötigte Raum für die dazu notwendige 3D-Struktur so klein wie möglich bleiben, zweitens mussten die zusätzlich notwendigen Herstellungsschritte so gering wie möglich ausfallen, um die Kosten nicht weiter zu steigern.

Dazu konnten die Samsung-Forscher auf einen Prozess zurückgreifen, den das Unternehmen bereits für 3D-Strukturen bei statischem RAM verwendet hatte. Diese Produktionsmethode setzt auf ein qualitativ hochwertiges monokristallines Siliziumsubstrat für die erste Schicht. Die bildet dann das Fundament für eine zweite Schicht ähnlicher Qualität.

Flash-Speicher mit einer Schicht ähneln dabei einem Parkplatz: Elektronen füllen die Speicherzellen ähnlich wie Autos die vorhandenen Stellplätze. Durch die zweite Siliziumschicht kam nun mehr Platz hinzu: Aus dem Parkplatz wird ein zweigeschossiges "Parkhaus".

Das Problem: Eine zweite Schicht benötigt als Fundament immer auch Platz auf der ersten, der eigentlich ebenfalls für Speicherzellen verwendet werden könnte, erklärt Vivek Subramanian, Professor für Elektroingenieurwesen an der University of California in Berkeley. Aber anders geht es nicht.

Die Herausforderung der Samsung-Forscher war daher nun, die Fläche dieser "Fenster" genannten Basispunkte weitestgehend zu begrenzen. Dies gelang mit Hilfe einer bestimmten Verteilungsstrategie. Oder, um bei der Parkhaus-Analogie zu bleiben: Sie setzten einzelne Trägerelemente ein, die so verteilt wurden, dass die Struktur genügend Unterstützung erhielt.

Ein weiterer Trick: Die notwendigen Verbindungen zur Kommunikation zwischen den Schichten und der Außenwelt wurden in einem Schritt aufgebracht. Hätte man diese Minidrähte in einem Zusatzschritt angebracht, würden die 3D-Chips deutlich teurer.

Problematisch dabei blieb noch, die beiden Schichten in Sachen Performance auf den gleichen Stand zu bringen. Aufgrund der elektrischen Eigenschaften der zweiten Schicht, die nicht geerdet ist, ließ sich nur eine Speicherzelle gleichzeitig löschen. Speicherzellen in der ersten Schicht ließen sich hingegen gleich in mehreren großen Brocken löschen. Im Prototyp der Samsung-Forscher brauchte die zweite Schicht schließlich satte 32 Mal länger, die gleiche Datenmenge zu löschen, als die erste. Dieses Problem lösten Jung und Kollegen nun dadurch, dass sie einen neuartigen elektrischen Aufbau wählten, der die zweite Schicht genauso erdet. Erst dann glichen sich die Löschgeschwindigkeiten beider Schichten an.

Der Prototyp-Speicherchip, der in San Francisco angekündigt wurde, befindet sich derzeit noch in einem frühen Stadium - und er speichert bislang nur 32 Bits. Die grundlegenden Ergebnisse der Arbeit seien dennoch ermutigend, sagen Experten: "Ich halte das für eine interessante Demonstration des Konzepts", meint etwa Subramanian. So seien die elektrischen Eigenschaften sehr gut: "Dass mehrere Schichten übereinander so schön zusammenarbeiten, finde ich sehr gelungen."

Die Samsung-Forscher müssen nun aber beweisen, dass sich ihre 3D-Lösung auch vernünftig herstellen lässt. Zusätzliche Produktionsschritte lassen sich nicht ganz vermeiden - und das kostet dann durchaus etwas mehr. "Flash-Speicher werden immer über den Preis verkauft. Das ist ein halsbrecherisches Geschäft", meint Subramanian.

Bruce White, Manager der Advanced CMOS Group beim Samsung-Konkurrenten Freescale Semiconductor, sieht in der 3D-Fabrikation interessante Möglichkeiten - und zwar nicht nur für Flash-Speicher: "Wir halten diese für eine sehr wichtige Entwicklung." Die Technik sorge nicht nur für mehr Kapazität, ohne mehr Platz zu verbrauchen. Ingenieure könnten auch Flash- und DRAM-Schichten miteinander mischen. Das passe dann zusammen wie bei Legosteinen und könne die Bauteilfertigung vereinfachen: "Wir würden sehr gerne verschiedene Technologien auf das gleiche Substrat packen."

Bei Samsung brütet man nun über einem Zeitplan für den 3D-Flash-Speicher. Genaue Produktionstermine existieren noch nicht: "Das kann aber sehr schnell gehen, weil wir auf die vorhandene 2D-Technologie aufsetzen können", meint Forscher Jung.

Übersetzung: Ben Schwan. (nbo)