Roboter-Forscher: "Im Grunde geht es darum, Menschen zu verstehen"

Panasonic will mit Robotern das Alltagsleben verbessern. Im Interview spricht Forschungschef Takeshi Ando über die Pläne des Konzerns.

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(Bild: Panasonic)

Lesezeit: 7 Min.

Hierzulande ist Panasonic eher für Consumer-Elektronik bekannt. In seiner japanischen Heimat mischt der Konzern jedoch auch kräftig in der Automatisierung mit. Jetzt will Panasonic seine Erfahrungen mit Robotern in der Logistik und Produktion nutzen, um Service- und Kommunikationsroboter für den Alltag zu entwickeln. So bringt ein autonomer Rollstuhl Menschen mit Gehbehinderung vollautomatisch an ihr Ziel. Und ein knuddeliges Roboter-Trio etwa soll Kleinkinder bespaßen, und aktuelle Fotos von den lieben Kleinen an die Eltern schicken, die derweil ihren Geschäften nachgehen. Im Interview mit Technology Review spricht Takeshi Ando, Forschungschef des konzerneigenen Robotics Hub über das zukünftige Leben mit Robotern.

Mr. Ando, was sind also aus Ihrer Sicht die schwierigsten technischen Herausforderungen, die es zu lösen gilt, wenn Sie Roboter im Alltag einsetzen wollen? Und wie wollen Sie diese Herausforderungen angehen?

Takeshi Ando: Vielen Dank für Ihre Frage. Wir sind uns bewusst, dass es viele Herausforderungen gibt, die wir bewältigen müssen. Was die technischen Aspekte von Robotern betrifft, so gibt es meiner Meinung nach zwei Dinge, die wir berücksichtigen müssen. Das eine ist, dass ein Roboter heute verschiedene Dinge handhaben müssen, die unterschiedlichste Formen und Beschaffenheit haben. Das unterscheidet sich sehr von der Situation, die Sie in der Fabrik haben. Die Roboter müssen etwas handhaben, das beispielsweise eine ganz weiche Beschaffenheit hat, und verschiedene Formen annehmen kann. Ich denke also, dieser Aspekt ist technisch sehr, sehr anspruchsvoll.

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, bezieht sich nicht auf die Technologie, sondern auf den geschäftlichen Aspekt der Roboter. Ich denke, in der Welt der Automatisierung war das sehr einfach. Wenn man die Effizienz verbessert, und wenn man die Produktivität steigert, dann bringt ein Roboter eine Menge Wert. Der Käufer des Roboter kann die durch die Roboter erzielte Kostensenkung direkt sehen.

Aber wenn darum geht, Roboter in das tägliche Leben der Menschen zu integrieren, ist es schwieriger ein Geschäftsmodell zu finden. Es geht um emotionale Bindung. Und emotionaler Wert ist sehr schwer in Geldwert zu übersetzen. Wir durchlaufen einen Prozess von Versuch und Irrtum, um zu lernen was für eine breitere Öffentlichkeit akzeptabel ist.

TR: Sie erwähnten das Greifen verschiedener Objekte. Wie wollen Sie dieses Problem lösen? Die andere Frage ist die Fortbewegung der Roboter. Ich denke, es ist eine Sache, in einer sehr kontrollierten Umgebung, wie z.B. einer Produktionsumgebung, mit Robotern zu arbeiten. Man lässt sie einfach mit Rädern hineinrollen. Aber Roboter im Alltag der Menschen zu haben, dafür wäre es besser, gehende Robotern zu haben. Arbeiten Sie also daran?

Ando: Sicherlich ist Transfer-Lernen dabei sehr effektiv. Aber ich denke auch, dass es wichtig ist, den mechanischen Ansatz zur Lösung dieses Problems zu betrachten. Beim Transfer-Lernen geht es darum, die Software zur Erhöhung der Flexibilität einzusetzen, beim mechanischen Ansatz geht es darum, die Hardware zur mechanischen Verbesserung der Flexibilität einzusetzen. Das ist ein Bereich, auf den sich Panasonic konzentriert. Was Ihre zweite Bemerkung zu den Beinen betrifft, kann ich Ihnen jetzt nicht alle Details verraten, aber in der Vergangenheit hat Panasonic an Robotern mit Beinen gearbeitet. Wir können nicht verraten, was wir derzeit entwickeln. Ich hoffe aber, Sie freuen sich auf die zukünftigen Produkte, die wir präsentieren werden.

TR: Lassen Sie uns also über Emotionen sprechen. Panasonic hat kleine Roboter zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Eltern und Kindern entwickelt. Können Sie ein wenig mehr über die Funktion dieser Roboter erzählen?

Ando: Es gibt diese drei Roboter, die eine Gemeinschaft bilden. Wenn ein Kind an Robotern interessiert ist, kann es sich den Robotern nähern, und die Roboter werden das Kind ignorieren oder sie können auf das Kind reagieren. Und dann kann das Kind anfangen, mit den Robotern zu interagieren, indem es lächelt oder wütend wird. Die eingebaute Kamera des Roboters erfasst die Reaktion des Kindes und teilt diese Bilder mit den Eltern. Damit soll die Kommunikation zwischen dem Kind und den Eltern verbessert werden.

Es geht also nicht um die Kommunikation zwischen dem Roboter und dem Menschen. Es geht um die Kommunikation von Mensch zu Mensch. Bei vielen sozialen Robotern in der Vergangenheit ging es darum, eine Kommunikation zwischen Menschen und Robotern zu ermöglichen, um eine freundschaftliche Beziehung zwischen Mensch und Robotern zu schaffen. Doch mit der heutigen Technologie scheinen viele Menschen dies nicht interessant genug zu finden. Deshalb konnten wir auch kein tragfähiges Geschäftsmodell sehen, bei dem Roboter mit Menschen kommunizieren.

Wir müssen aber noch ein konkretes Geschäftsmodell unter Verwendung dieser Roboter entwickeln. Denn wir versuchen nicht nur, Roboter zu verkaufen, sondern wir versuchen, aus den Informationen, die Menschen verbinden, Wert zu schaffen. Und wir möchten auch erfahren, wie die Menschen auf bestimmte Aktionen der Roboters reagieren, um genau zu verstehen, aus welchen Aktionen heraus die Menschen Freude und aus welchen sie Trauer empfinden. Es geht also im Grunde genommen darum, die Menschen zu verstehen. Das ist die Essenz des Geschäfts.

TR; Aber im Allgemeinen haben wir hier in Europa eine größere Skepsis gegenüber Robotern als in Japan - auch wenn diese speziellen Roboter sehr niedlich sind. Zudem gibt es besonders in Deutschland ein starkes Bewusstsein für Privatsphäre und Datenschutz. Wie gehen Sie damit um wenn Sie hier auf den Markt kommen wollen?

Ando: Wir erkennen an, dass die Privatsphäre in Europa ein sehr wichtiges Thema ist. Ich glaube, dass Europa in diesem Bereich weiter fortgeschritten ist als Japan, aber ich glaube auch, Japan holt auf. Um dieses Problem anzugehen, müssen wir uns in erster Linie an die regulatorischen Anforderungen halten.

Generell möchte ich jedoch sagen, dass man in der zukünftigen Gesellschaft nicht zu allen Datenanfragen nein sagen kann. Man kann nicht alle Datenanfragen ablehnen, man muss bestimmte Daten zur Verfügung stellen. Wenn Sie also bestimmte Daten bereitstellen müssen, dann halte ich es für wichtig, dass die Person, die Daten zur Verfügung stellt, das auch für lohnenswert hält.

Und wenn Sie in unserem Beispiel die Eltern nehmen, die viel Freude empfinden, wenn Sie Fotos ihrer Kinder erhalten, und die sehen, wie sich die Beziehung zu ihrem Kind mit unserer Technologie verbessert, dann stimmen diese Eltern vielleicht zu, uns Informationen zur Verfügung zu stellen. Ich denke also, wir müssen sicherstellen, dass wir einen Win-Win-Mechanismus entwickeln. (wst)