Schöner Lesen im Web

Eine browserbasierte Technologie soll die Anzeige von Originaldokumenten im Netz deutlich erleichtern.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Erica Naone

Ein neues Werkzeug zur Einbettung von Dokumenten auf Web-Seiten taucht auf immer mehr Angeboten auf – vom Speicherdienst Drop.io über das Wissenschaftsnetzwerk LabMeeting bis hin zum Weblog des US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama. Das dabei verwendete Format nennt sich "iPaper" und wurde vom US-Start-up Scribd entwickelt, das sich selbst als "YouTube für Dokumente" beschreibt. Die browserbasierte Technologie behält das Original-Layout eines Textes bei und lässt sich von 98 Prozent aller Internet-User verwenden, da sie das auf nahezu allen Rechnern installierte Flash-Plug-in verwendet.

Besonders lange Dokumente lassen sich auf einzelnen Web-Seiten eher schwierig darstellen, da sie sich dann nicht mehr leicht navigieren lassen. Entscheiden man sich hingegen dafür, solche Inhalte per Mail an den Empfänger zu schicken, kann es zu Kompatibilitätsproblemen kommen. Beispielsweise läuft das neue ".docx"-Format von Microsoft, das mit Office 2007 auf den Markt kam, mit vielen konkurrierenden Textverarbeitungen nicht mehr. Schwierige Dateien werden deshalb traditionell gerne in den Adobe-Dokumentenstandard PDF überführt, der das Layout beibehält und sich von den meisten Nutzern öffnen lässt.

Jared Friedman, Technologiechef von Scribd, reicht das allerdings nicht. Er sieht die Notwendigkeit, dass solche Dokumente auch direkt im Browser dargestellt werden müssen. Die meisten anderen Desktop-Anwendungen hätten bereits funktionierende Web-Komponenten, bei Adobes PDF sei dies nur teilweise der Fall. (Das verfügbare "Acrobat"-Plug-in zeigt zwar Dokumente im Browser an, übernimmt diesen dazu aber vollständig, so dass übliche Web-Bedienelemente wegfallen.)

iPaper will nun eine Brücke zwischen den Welten bauen. Nutzer können bestehende Dokumente wie PDFs, Word-Dateien oder Rich Text-Files umwandeln, in dem sie sie bei Scribd hochladen – oder seinen Partnern, die die Technik des Start-ups unterstützen. Dann lässt sich ein Dokument in die eigene Website einbauen. Leser können dort durch ein Dokument scrollen, es sich in einer Seitenübersicht ansehen, Funktionen wie Kopieren und Einfügen verwenden und es auf Wunsch auch selbst ins eigene Blog integrieren. Auch das Herunterladen als Offline-Dokument ist möglich, wenn der Ersteller dies erlaubt.

Scribd ließ sich bei iPaper von einer älteren Technologie namens "FlashPaper" inspirieren, die einst bei Macromedia (heute Teil von Adobe) entstand, wie Trip Adler, CEO und Mitbegründer des Unternehmens, gerne einräumt. Da Adobe nach dem Aufkauf von Macromedia die Unterstützung für FlashPaper einstellte, entschloss man sich bei Scribd, eine komplett neue eigene Version zu schaffen. iPaper basiert dabei wie erwähnt auf Adobe Flash, Dokumente werden ähnlich wie Videos auf eine Web-Seite "gestreamt": Das erlaubt es dem Nutzer, problemlos schnell auf Seite 500 eines 1000-Seiten-Dokuments zu springen, auch wenn es noch gar nicht ganz heruntergeladen wurde. Das Problem, dass Flash nicht besonders suchmaschinenfreundlich ist (auch wenn sich das in letzter Zeit ändert), will Scribd gelöst haben: iPaper-Dokumente werden zusätzlich in einem durchsuchbaren Format bereitgestellt.

Adler sagt, dass Scribd derzeit noch mit einem passenden Geschäftsmodell experimentiert. Zumindest wird die Technik bereits gut angenommen. Speicherdienste wie Drop.io oder Box nutzen iPaper, um die Darstellung von Dokumenten zu ermöglichen, ohne dass Nutzer sie herunterladen müssten. Scribd soll bereits jetzt 21 Millionen Besucher im Monat anziehen. Mögliche Geldquellen wären Werbung, die in angezeigte Dokumente eingebaut wird (technisch ist das bereits möglich) oder der Verkauf von Dokumenten als Bezahlinhalte.

Doch ganz ohne Konkurrenz wird die junge Firma wohl nicht bleiben. Bei Adobe denkt man darüber nach, FlashPaper wieder zu beleben, wie Al Hilwa, Analyst beim IT-Marktforscher IDC, meint. Auch der Konzern plane, die Darstellung von Dokumenten mit Web-Seiten zu kombinieren. Schon jetzt sei es möglich, PDF-Dateien mit Flash zu verbinden, so biete der Webdienst Acrobat.com entsprechende Funktionen an.

Bei Adobe betont man unterdessen, dass FlashPaper noch nicht beerdigt sei. Erik Larson, Produktmanagement- und Marketing-Direktor für Acrobat.com und einstiger Produktmanager für den FlashPaper-Bereich bei Macromedia, räumt zwar ein, dass das Produkt derzeit nicht weiterentwickelt werde. "Doch FlashPaper als Konzept geht es gut." Es lebe als Web-Dienst weiter, als "Server in der Cloud". (bsc)