Schinkenspeck aus dem Meer

US-Forscher haben eine Rotalge gezüchtet, die besonders nährstoffreich ist – und außerdem im gekochten Zustand lecker mundet.

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US-Forscher haben eine Rotalge gezüchtet, die besonders nährstoffreich ist – und außerdem im gekochten Zustand lecker mundet.

Die Produktion von Fleisch ist bekanntlich wenig nachhaltig: Oft ist der Flächenverbrauch hoch und die anfallende Gülle der Tiere kann die Umwelt schädigen – vom Klimagas-Ausstoß durch Rinder einmal ganz abgesehen. Doch was tun, wenn man doch einmal ohne schlechtes Gewissen leckeren Schinkenspeck genießen möchte?

Wenn dieser nicht unbedingt wirklich vom Schwein kommen muss, naht vegetarische, ja sogar vegane, Abhilfe: Ein Wissenschaftler-Team um Chris Langdon am Hatfield Marine Science Center der Oregon State University (OSU) hat nun eine neue Variante von Rotalgen, wissenschaftlich Palmaria genannt, gezüchtet, die besondere Eigenschaften aufweist. Sie enthält diverse gesunde Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien, zeigt sich – im gebratenen Zustand – aber geschmacklich sehr besonders: Sie schmeckt ziemlich genau wie Schinkenspeck.

Forscher Chris Langdon.

(Bild: OSU)

Rotalgen wachsen an vielen Meeresküsten. Optisch sind sie wenig attraktiv: Sie wirken wie ein nasser, durchsichtiger Salat und verbreiten einen eher strengen Geruch. Die Algen werden bereits jetzt von Schiffen und an Stränden geerntet, um als Nahrungsmittelzusatz oder Delikatesse in einigen Weltregionen verwendet zu werden. Allerdings schmecken sie in Naturform und roh nach Fisch – eine Geschmacksrichtung, die nicht jedem behagt, sich eher für Sushi und Co. eignet und natürlich wenig mit Schinkenspeck zu tun hat. Dafür haben die Rotalgen bis zu doppelt so viele Nährstoffe wie zum Beispiel Kohl.

Die neu gezüchtete Rotalge der OSU hat neben dem Geschmacksaroma "Schwein" auch noch einen weiteren Vorteil gegenüber ihren natürlichen Verwandten: Sie wächst besonders schnell. Man kann sie in großen Tanks anbauen lassen und muss sie daher auch nicht im Meer ernten. Entsprechend bietet sich eine Kommerzialisierung an.

Kochen mit Seegras.

(Bild: OSU)

In Zusammenarbeit mit dem Food Innovation Center der OSU wollen die Forscher nun immerhin knapp 50 Kilo pro Woche erzeugen. Ein Verkauf ist zunächst in Nischenmärkten angedacht, etwa im wachsenden Veganer-Markt. Dazu wollen die Forscher zusammen mit Wirtschaftswissenschaftlern ihrer Hochschule einen Marketingplan aufstellen. Sie hoffen auf die Entwicklung einer ganz neuen Branche.

Daran besonders nachhaltig: Die Pflanze wächst in einem Rezirkulierungssystem. Benötigt wird dazu eine ausreichende Menge Seewasser und genügend Sonnenlicht. Damit könnte man sie auch auf dem flachen Land ohne große Mühe anbauen.

Palmaria sp. ist eine Rotalge.

(Bild: OSU)

Für Chuck Toombs, Professor am College of Business der OSU, ist die Pflanze ein "Superfood". Sie habe das Potenzial, eine neue Industrie im Bundesstaat Oregon zu bilden. Die Rotalgen-Art mit dem Schinkengeschmack, Palmaria mollis, haben sich die Forscher patentieren lassen.

Ursprünglich hatte das Team übrigens etwas ganz anderes vor: Sie züchteten Rotalgen, um damit Seeohren zu füttern, die in asiatischen Märkten hohe Preise bringen. Den Schnecken schmeckte die Pflanze: Sie entwickelten sich schneller als aus der Natur bekannt. (bsc)