Softbank steckt 100 Milliarden Euro in KI

Masayoshi Son wettet eine gigantische Summe auf Firmen, die mit künstlicher Intelligenz Wirtschaft und Gesellschaft erneuern. Ihm geht es um Megatrends.

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Japan Softbank iPhone 5

Masayoshi Son – hier mit einem frühen iPhone.

(Bild: dpa, Everett Kennedy Brown)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Der Japaner Masayoshi Son ließe sich getrost als Kanarienvogel in der Welt künstlicher Intelligenz (KI) verstehen. Der Gründer von Softbank, dem inzwischen größten Technikinvestor der Welt, hat über drei Fonds bereits weit mehr als 100 Milliarden Euro in mehr als 140 Mega-Startups investiert, die seiner Meinung nach die KI-Revolution anführen werden.

Sons Besonderheit ist dabei, dass er in den USA genauso gut vernetzt ist wie in China oder Indien. Der Chef seines Investmentgeschäfts stammt selbst vom südasiatischen Subkontinent. Und in China ist Son bereits seit 1999 selbst aktiv, als er mit einer frühen Beteiligung am heutigen Onlinehandelsriesen Alibaba das große Los kaufte.

Noch heute machen Alibaba-Aktien den Großteil von Softbanks Firmenwert aus. Die Liste seiner Investitionen gibt damit eine gute Übersicht über die Machtverteilung in der KI-Welt. Dabei lassen sich einige klare Trends ablesen.

US-Unternehmen gaben in der Frühphase noch den Ton an. Softbank hat sich dabei über seinen 2017 gegründeten Softbank Vision Funds an vielen Internet-Stars in aller Welt beteiligt, die irgendwie KI für seine Geschäftszwecke zu nutzen versprachen. Aber die meisten sind in den USA beheimatet, darunter die Unternehmens-Chat-App Slack wie auch der Mitfahrvermittler Uber (Softbank ist auch an dessen chinesischen und südostasiatischen Rivalen beteiligt).

Nicht alle Investitionen waren erfolgreich. Der Kollaps von Sons Liebling WeWork, einem globalen Bürovermieter, hat ihm harte Kritik seiner arabischen Geldgeber für den ersten Vision Fund eingebracht, und seinen Ruf als Spürnase für Megastartups angekratzt. Aber die Börsengänge des ersten Vision Funds zeigen, dass die US-Szene am Finanzmarkt das größere Gewinnpotenzial besaß.

Diese Woche erklärte Son zur Vorstellung von Softbanks Quartalsbilanz, wie viel Geld Börsengänge seiner Wetten ihm bisher gemacht haben. Und da dominieren US-Werte.

Die Anteile an Uber schlugen sich Ende 2020 im Portfolio des Softbank Vision Fund mit 11,3 Milliarden Dollar nieder, dicht gefolgt von dem Auslieferungsriesen Doordash mit 9 Milliarden Dollar, dessen jüngster Börsengang den Wert von Softbanks Investment mehr als Verdreizehnfacht hat. Chinesische Börsengänger wie der Online-Doktor-Konzern "Ping An Good Doctor" stehen derweil mit weniger als einer Milliarde Dollar in der Liste.

China ist im Kommen: Beim zweiten Softbank Vision Fund, den die Japaner mangels neuer Partner seit 2019 bisher allein aufbauen, sieht die Lage anders aus. Chinesische Firmen machen einen größeren Teil der bald 39 Firmen aus Softbanks zweitem Portfolio aus. Und das ist auch kein Wunder: Mit seinem großen Markt und seinen wachsenden Internet- und Technikriesen ist China im Bereich KI zu einem wirklichen Herausforderer der USA aufgestiegen.

Bei zwei der Unternehmen lässt sich sogar schon der Marktwert an der Börse messen. Der größte ist dabei der chinesische Online-Offline-Makler Beike, dessen Aktienbeteiligung mit einem Wert von 6,4 Milliarden Dollar bereits auf dem dritten Rang von Softbanks KI-Rangliste liegt. Dies spricht für die wachsende Finanzkraft der chinesischen Börsen.

Besonders hob Son allerdings zwei chinesische Initiativen aus dem Bereich Ausbildung und Training hervor, die durch die Pandemie einen ganz besonderen Schub erhalten haben. VIP Think hat Son im September 2020 zu seinem wachsenden Reich addiert. Das Unternehmen bietet KI-gestützte Online-Klassen für drei- bis neunjährige Kinder an.

Der Unterricht findet dabei in Kleingruppen statt. Über die Kamera im Tablet oder Notebook analysiert das System dabei, wie die Kinder sitzen oder sprechen und analysiert Mimik und die Geschwindigkeit von Antworten. Zusätzlich werden Tests genutzt, um personalisierte Lernpläne auszuspucken. 85 Prozent der Kunden würden ihre Verträge mit VIP Think verlängern, behauptet Son.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Die chinesische Trainings-App Keep hat es ihm ebenfalls angetan. Der Dienst hat es mit der Kombination von Workouts, Live-Klassen, Diätratschlägen, eigenen Trainingsgeräten und Nahrungsmitteln zu Chinas führender Fitnessplattform gebracht. 210 Millionen Nutzer habe Keep schon, sagt Son. Und jeden Monat kämen zehn Millionen hinzu. Selbst Apple-Chef Tim Cook habe sich dieses chinesische Unternehmen angeschaut, verrät Son.

Indiens Bedeutung in der KI-Welt wächst: Das zweite Milliardenvolk der Welt bringt ebenfalls neue smarte Online-Dienste hervor. Son hat in einige investiert und versucht ihnen, bei der globalen Expansion zu helfen. Den Bezahldienst PayTM hat Softbanks japanisches Mobilnetz Softbank unter dem Namen PayPay popularisiert. Der Hotelverwalter Oyo baute ebenfalls sein globales Netz aus, bevor die Pandemie den Tourismus stoppte.

Europa spielt noch eine kleine Rolle: Softbank ist auch in Europa aktiv, nicht immer mit Erfolg. So hatte sich Son auch am vermeintlichen Fintechwunder Wirecard beteiligt, das sich allerdings als Betrug entpuppte. Besser fahren die Japaner allerdings mit dem deutschen Gebrauchtwarenhändler Auto1, der gerade an die Börse gegangen ist.

Japan spielt eine Rolle als Inkubator, nicht KI-Startup-Szene: Besonders kritisch geht Son mit seiner Heimat zu Gericht. Immer wieder beschwert er sich, dass er keine KI-Startups zum Investieren findet. Die neuen Unternehmen sind ihm zu klein, während ein Großteil der KI-Entwicklung in den Forschungsabteilungen der großen Technik- und Autokonzerne stattfindet.

Aber Son nutzt Japan als Katalysator für globale Karrieren seines Startupsschwarms. 30 bis 40 Unternehmen könnte er nach Japan bringen und sie damit aufpäppeln, meint er. Softbank sei eine Gans, die goldene Eier lege, dichtete Son am Montag. Und mehr noch: "Wir haben eine Turbo-Strategie, um weiße in goldene Eier zu verwandeln." Denn Softbank sei ein aktiver Investor, der neben Geld auch Expertise und sein globales Netzwerk mitbringe.

Die Revolution hat für Son erst begonnen: Selbst über einen Kollaps der Aktienkurse sorge er sich nicht allzu sehr, behauptete der Investor. Denn KI-Aktien hätten ihre Spitze noch nicht erreicht. "Die KI-Revolution hat erst begonnen", erklärte Son.

Bisher habe das Internet erst wenige Bereiche wie den Handel oder die Werbeindustrie umgewälzt, die etwa zehn Prozent der Weltwirtschaft ausmachten. Nun käme der Rest an die Reihe – und Softbank soll die Revolution anführen. "Ich würde gerne eine Welt ohne Unfälle, Krebs, Alzheimer, Klimawandel und Pandemien schaffen", philosophierte Japans Star-Investor. "KI hat die Macht, dies alles zu ändern."

(bsc)