Software zertifiziert Bürgerjournalismus

"YouProve" heißt eine neue App für Android-Handys, die sicherstellen soll, dass Inhalte auf Smartphones nicht manipuliert worden sind. Damit gibt es erstmals eine Art Echtheitszertifikat für Bürgerjournalismus.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.

"YouProve" heißt eine neue App für Android-Handys, die sicherstellen soll, dass Inhalte auf den Geräten nicht manipuliert werden.

Immer häufiger kommen Inhalte für Nachrichtenmedien direkt vom Bürger selbst – sei es nun bei Unfällen, Naturkatastrophen oder zuletzt während des arabischen Frühlings, bei dem Bilder von den Straßen große Wirkung entfalteten. Das Problem: Es gibt bislang keine Verfahren, die zweifelsfrei nachweisen könnten, dass solches Material nicht manipuliert wurde, bevor es über den Sender zum Zuschauer gelangt.

Wissenschaftler an der Duke University in North Carolina haben deshalb nun eine neuartige Software für Android-Handys entwickelt, die eine Art Echtheitszertifikat für Bürgerjournalisten erstellt: Einmal installiert, überwacht das Werkzeug, was Nutzer mit Fotos in populären Bildbearbeitungs-Anwendungen wie Photoshop Express machen. Das auf dem Smartphone entstandene Originalbild wird dabei stets gesichert, so dass zu ihm zurückgekehrt werden kann. Ist der Bürgerjournalist unterwegs und nimmt mit dem Android-Handy Bilder auf, wird er von der Technik sanft aber bestimmt überwacht.

Auf einen Blick: Die YouProve-App zeigt Stellen auf Fotos an, die verändert wurden.

(Bild: Duke University)

Die "YouProve" genannte Software kann anschließend für jeden Interessierten Veränderungen darstellen – beispielsweise, wenn am Gesicht einer Person manipuliert wurde. Die Software arbeitet mittlerweile außerdem auch mit Tondateien, um Schnitte und andere Veränderungen im Originalmaterial mitzuspeichern und nachträglich erkennbar zu machen.

"Beim arabischen Frühling und den Protesten im Iran im Jahr 2009 waren wir von Bürgerjournalisten abhängig, um Informationen zur Lage vor Ort zu erhalten", sagt Landon Cox, Computerwissenschaftler an der Duke University, der zum YouProve-Projektteam gehört. "Aber Inhalte, die durch Crowd-Sourcing entstehen, spielen mittlerweile bei vielen Gelegenheiten eine wichtige Rolle. Gefälschte Medienprodukte könnten hier schwerwiegende Konsequenzen haben. Es ist deshalb wichtig, sicherzustellen, dass die Informationen, die die Konsumenten bekommen, auch akkurat sind."

Prüfroutine: User können eine Web-Anwendung nutzen, um die Echtheit von Inhalten nachzuweisen.

(Bild: Duke University)

YouProve will dieser Garant der Infoechtheit sein. Werden bürgerjournalistische Inhalte mit der Technik auf Angebote wie die Plattform "iReport" des US-Nachrichtenkanals CNN hochgeladen, der regelmäßig Video- und Fotomaterial von Nutzern übernimmt und auf den Sender bringt, wird auf Wunsch ein nicht fälschbares Zertifikat mitgeliefert. Dieses soll die Echtheit und Integrität der übermittelten Daten garantieren. Überprüfen kann das virtuelle Siegel dann jeder Nutzer über eine Web-Anwendung, die die Forscher programmiert haben.

In Tests soll YouProve veränderte Bereiche in Fotos oder Audio-Clips mit einer Genauigkeit von 99 Prozent korrekt identifiziert haben. Dabei wurde das Material auf Veränderungen wie Kompression, Schnitte, Unschärfen und ausgetauschte Bildteile geprüft.

YouProve-Technik: Damit Manipulationen ausgeschlossen werden, steckt die App recht tief im Betriebssystem.

(Bild: Duke University)

Einen Pferdefuß hat das Verfahren allerdings: Es muss zunächst genügend Nutzer geben, die bereits sind, die Tracking-Software überhaupt zu installieren. Dies könne nur freiwillig geschehen, glaubt das Projektteam, das bei seiner Arbeit Unterstützung von Microsoft Research erhielt. Eine Möglichkeit wäre, YouProve-geprüfte Inhalte speziell zu markieren, so dass Nutzer sie als Qualitätsmerkmal wahrnehmen. Alternativ könnten Medien Bürgerjournalisten zusätzlich vergüten, wenn sie die Technik einsetzen.

Außerdem muss die Handy-Plattform, auf der YouProve läuft, selbst vor Manipulationen geschützt sein. Das Betriebssystem Android, für das die Software derzeit optimiert ist, lässt sich zwar grundsätzlich abdichten, doch mit Maßnahmen wie dem sogenannten Jailbreak, bei dem das ganze System für den Nutzer schließlich offenliegt, könnte die Manipulationssicherheit ausgehebelt werden.

Und YouProve ist auch aus einem anderen, untechnischen Grund nicht perfekt: Zwar deckt etwa der Fotoprüfteil der Software Veränderungen eindrucksvoll grafisch auf, doch ist eine manipulationsfreie Aufnahme an sich noch kein Garant für Wahrheit. Bilder oder Töne könnten schließlich auch ganz einfach gestellt sein. Das kann YouProve noch nicht katalogisieren. (bsc)