Speicher aus Glas

Der japanische Elektronikkonzern Hitachi hat einen neuen Datenträger entwickelt, der mehrere Hundert Millionen Jahre lang überleben soll.

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Der japanische Elektronikkonzern Hitachi hat einen neuen Datenträger entwickelt, der mehrere Hundert Millionen Jahre lang überleben soll.

DVDs, Festplatten oder Flash-Speichermedien sind alles andere als langlebig: Experten gehen davon aus, dass die meisten der von uns heute verwendeten Datenträger zwischen weniger als einem Jahrzehnt und rund 100 Jahren überstehen werden, je nach Gerätegüte und Materialqualität. Archivaren und Historikern bereitet dies in einer zunehmend digitalisierten Ära große Sorgen: Sie fürchten, dass wichtige Aufzeichnungen der Weltgeschichte verloren gehen könnten, weil wirklich haltbare Speichertechnik fehlt, um Dokumente zu sichern.

Forscher des japanischen Hitachi-Konzerns haben deshalb nun ein neues digitales Medium auf Quarzglasbasis entwickelt, das als Datenträger mindestens einige Hundert Millionen Jahre durchhalten soll – und dabei unkompliziert zu lesen ist. "Die Datenmengen explodieren Tag für Tag, doch in Sachen Aufbewahrung für spätere Generationen haben wir uns seit der Zeit, in der die Menschheit Informationen in Stein gemeißelt hat, kaum verbessert", sagte der beteiligte Wissenschaftler Kazuyoshi Torii bei der Vorstellung des Projekts, das zusammen mit dem Labor von Professor Miura Kiyotaka an der School of Engineering der Kyoto University entstanden ist.

Beschreibbare CD: Nichts für das nächste Jahrhundert.

(Bild: Wikipedia (cc-by-sa-2.0))

Der neuartige Datenträger ist ungefähr so groß wie eine Briefmarke und besteht aus mehreren Schichten. Informationen werden auf ihm lagenweise in Form mikroskopischer Punkte, die Nullen und Einsen repräsentieren, gesichert. Die Punkte lassen sich wiederum mit optischer Mikroskoptechnik auslesen und im Computer auswerten, was späteren Generationen selbst ohne spezielle Lesegeräte möglich wäre. So soll verhindert werden, dass ein zwar langlebiges, aber später nicht mehr entzifferbares Medium entsteht. Aber auch an heutige Generationen ist gedacht: Soll der Leseprozess schneller gehen, kann zudem eine LED-basierte Computertomografie-Methode verwendet werden, die die Forscher ebenfalls entwickelt haben.

Die Punkte werden in der Produktion mit einem Femtosekunden-Laser auf das Quarzglasplättchen gebannt, der mit verschiedenen Fokussierungen arbeitet. Dies erfolgt auch dank eines speziellen Lichtmodulators mit hoher Geschwindigkeit, ohne dass sich Schreibfehler einschleichen. Zudem wird der Kontrast optimiert, damit das Auslesen leichter fällt.

So groß wie eine Briefmarke: Neues Speichermedium auf Quarzglas-Basis.

(Bild: Hitachi)

Die Datendichte soll anfangs knapp 40 Megabyte pro Quadratzoll entsprechen, der aktuelle Prototyp ist mit zwei mal zwei Zentimetern bei einer Dicke von zwei Millimetern noch etwas kleiner. Zum Vergleich: 40 Megabyte entsprechen heutzutage ungefähr einer einzelnen im MP3-Verfahren komprimierten Musik-CD.

An Festplatten kommt die Informationskapazität damit zwar nicht heran, erlaubt aber zumindest die Sicherung besonders wichtiger Daten. Zudem glauben die Forscher, dass sich der Speicherplatz durch zusätzliche Schichten in dem Quarzglas leicht erhöhen lässt, was nur mit einem geringen Dickewachstum einhergehen würde. Bislang habe man erst das Niveau einer CD erreicht, wofür vier Schichten notwendig gewesen seien.

Glas-Speicher unter dem Mikroskop: Leicht auslesbar auch in 100 Jahren.

(Bild: Hitachi)

Laut Hitachi kann die Technik die unterschiedlichsten Chemikalien ebenso wie Temperaturen von 1000 Grad Celsius (zumindest für zwei Stunden) überstehen, wasserdicht und unanfällig gegen Feuer ist der Datenträger ebenso. Quarzglas ist zudem vergleichsweise schlagfest. Trotzdem darf der langlebige Datenträger nicht zerbröseln - dann lässt er sich nicht mehr auslesen. Takao Watanabe, ebenfalls Mitglied in dem Forscherteam, sieht das genauso: "Die Daten werden überleben, solange das Glas nicht zerbrochen wird."

Bislang ist noch nicht geklärt, ob aus den Quarzglasmedien wirklich kaufbare Produkte werden. Bei Hitachi kann man sich aber vorstellen, seine Kenntnisse beispielsweise mit Regierungsstellen zu teilen, die die Technik für besonders wichtige Dokumente nutzen könnten. Auch Museen könnten digitalisierte Teile ihre Kollektionen in dem neuen Format sichern, um sie langfristig aufzubewahren. (bsc)