Spielen mit Gedanken

Erste Anwendungen für die Steuerung von Computern über Hirnwellen gibt es bereits, doch sie gelten als langsam und unelegant. Bald aber soll die Technologie in einem Science-Fiction-Spiel zum Einsatz kommen.

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Von
  • Rachel Metz
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Bis man telekinetische Kräfte im normalen Leben nutzen kann, mag es noch etwas dauern. Schon bald Realität sein soll dagegen ein Virtual-Reality-Spiel, bei dem allein Gedankenkraft ausreicht, um Objekte aufzuheben und durch die Gegend zu werfen: Die Markteinführung ist für kommendes Jahr angekündigt.

Dahinter steckt Neurable, ein Start-up aus der Nähe von Boston. In diesen Tagen hat es begonnen, eine Demo-Version eines dystopischen Science-Fiction-Spiels namens "Awakening" vorzuführen (und ausprobieren zu lassen), an der das Unternehmen arbeitet. Es funktioniert mit einem Stirnband voller Elektroden, das an ein VR-Headset des Typs HTC Vive angeschlossen ist. In Awakening ist der so ausgerüstete Spieler ein Kind mit telekinetischen Kräften, das aus einem Regierungslabor entkommen muss, indem es Kraft seiner Gedanken Spielzeuge aufhebt und wirft – einen Hund aus Luftballons, Buchstaben-Würfel oder Regenbogen-Ringe.

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Die Technologie hinter diesem Spiel hat Neurable Anfang August bei der Siggraph-Konferenz über Computer-Animation und Interaktionstechniken in Los Angeles vorgestellt. Die Gehirnaktivität wird mit Trockenelektroden auf der Kopfhaut und Elektroenzephalographie erfasst. Software analysiert diese Signale und findet heraus, welche Aktivität im Spiel sie auslösen sollen.

Nach Angaben des Unternehmens soll Awakening in diesem Jahr fertiggestellt werden. Es hofft darauf, dass das Spiel und die dazugehörige Hardware irgendwann im kommenden Jahr von VR-Spielhallenbetreibern (von denen es immer mehr gibt) aufgegriffen werden.

Die Demonstration beginnt mit einer Kalibrierung. Ich muss die Namen von Spielzeugen – wie Zug, Flugzeug und so weiter – sagen, und eine Person mit VR-Headset und dem Elektroden-Band kann sie präzise und rasch aus einem Kreis aus im virtuellen Raum vor ihr schwebenden Objekten auswählen (was ich auf einem Computer-Monitor beobachten kann).

Rob Jacob ist Informatik-Professor an der Tufts University, wo er sich mit Schnittstellen zwischen Gehirn und Computern beschäftigt. Er sei begeistert davon, zu sehen, dass sich diese Art von Technologie auf den Mainstream zubewegt, sagt er. Bislang werde sie zumeist nur von Menschen mit schweren Behinderungen genutzt und sei klobig und langsam.

Neurable hat in kurzer Zeit viele Verbesserungen vorgenommen und verspricht noch mehr. Der Anlern-Prozess zum Beispiel dauert derzeit noch einige Minuten, doch laut dem Mitgründer und CEO Ramses Alcaide waren es früher zehn. Bis September, fügt er hinzu, solle dieses Training ganz wegfallen können, sodass Spieler sofort loslegen können.

Die Hardware ist allerdings immer noch relativ klobig, und an der Software muss noch viel verändert werden, bevor man sie als fertiges Produkt bezeichnen kann. Zudem, so sagt Jacob, funktioniert Technologie für Hirn-Schnittstellen bei manchen Menschen einfach nicht: "Das Gehirn ist einfach sehr kompliziert."

(sma)