Studie zu Depressionen: Wer verheiratet ist, hat sie seltener

Sosehr die Menschen ĂĽber ihre Ehe klagen: Alleine ist es offenbar doch psychisch schlechter. In einer groĂźen Studie mit 100.000 Personen wurde das nun gezeigt.

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Nachdenkliche Frau (Symbolbild).

(Bild: Shutterstock)

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"Ich hätte einfach gerne meine Ruhe": Wer das in einer langjährigen Beziehung schon einmal gesagt hat, sollte sich das besser zweimal überlegen. Denn: Lebt eine Person in einer Ehe, lebt sie normalerweise auch gesünder. Das wurde bereits für Herzerkrankungen demonstriert. So sind die Ängste vor einem Herzinfarkt bei Verheirateten geringer und auch die Erholungsprognose, sollte ein solcher auftreten, besser, wie bereits vor über zehn Jahren erforscht wurde. Doch auch für den psychischen Status tut Ehe gut: Das Risiko, an depressiven Symptomen zu leiden, ist dann geringer. Das haben chinesische Wissenschaftler von der medizinischen Fakultät der Macao Polytechnic University nun in einer großangelegten Erhebung gezeigt, die sich auf 100.000 Personen in sieben Ländern erstreckte und am Montag im Journal Nature publiziert wurde.

Die Psychologie geht derzeit davon aus, dass fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung weltweit unter schweren Depressionen leiden. Ältere Studien hatten bereits die Tendenz gezeigt, dass das Leben in einer Ehe das Risiko senken kann. Es wurden dabei aber stets nur ein oder zwei Länder meistens in der westlichen Welt einbezogen und sozioökonomische Faktoren oder das Thema Bildung außen vor gelassen. Das Team um Kefeng Li und Kollegen aus Macau konnten nun auf Einzelpersonen heruntergebrochene Daten von insgesamt 106.556 Teilnehmern analysieren, die eine recht gute Ländermischung zeigten: Großbritannien und Irland in Europa, USA und Mexiko in Nordamerika sowie China, Südkorea und Indonesien in Asien. Es gab dabei bei einer Teilgruppe von 20.000 Personen auch eine Follow-up-Periode, die zwischen 4 und 18 Jahren lag. Insgesamt, so die Forscher, haben unverheiratete Personen gegenüber verheirateten Menschen ein um 79 Prozent höheres Risiko, in ihrem Leben mindestens einmal an depressiven Symptomen zu leiden.

Allerdings gibt es auch eine Kehrseite der Medaille: Geht die Ehe schief, sieht das ganz anders aus. Hier kam heraus, dass Geschiedene oder getrennt lebende Personen ein um 99 Prozent höheres Risiko depressiver Symptome haben als gegenüber (dann hoffentlich glücklich) verheirateten. Beim Blick auf unverheiratete Personen kommt das Depressionsrisiko offenbar auf die Herkunft an. Im Westen war es grundsätzlich noch höher als in Asien. Auch sind unverheiratete Männer häufiger depressionsgefährdet als unverheiratete Frauen. Wer mehr Bildung genossen hat und trotzdem nicht verheiratet ist, ist ebenfalls häufiger Opfer depressiver Symptome.

Es gibt einige Theorien dazu, warum verheiratete Personen seltener depressiv zu sein scheinen. Kefeng Li und Co. meinen, dass die Paarbeziehung den Beteiligten eine bessere soziale Unterstützung gibt, es sind in der Beziehung meist höhere ökonomische Ressourcen vorhanden und es könnte allgemein zu einem positiven Einfluss aufeinander kommen, was das Wohlbefinden erhöht. Wohlgemerkt gilt das nur dann, wenn die Ehe funktioniert, also glücklich ist. "Unsere länderübergreifende Analyse deutet darauf hin, dass unverheiratete Personen ein höheres Risiko für Depressionen haben. Bei allen Bemühungen, dieses Risiko zu mindern, sollte die Rolle des kulturellen Kontexts, des Geschlechts, des Bildungsniveaus und des Konsums von Substanzen berücksichtigt werden."

Letzteres betrifft unter anderem das Rauchen, das bei Unverheirateten in China und Mexiko negative Auswirkungen auf den Depressionsstatus hatte. In China, Korea und Mexiko galt ähnliches für Alkoholkonsum. Bei der Studie ist zu berücksichtigen, dass sie sich allein traditionelle Paarbeziehungen zwischen Frauen und Männern betrachtete, homosexuelle oder transsexuelle Personen kamen in den Daten nicht vor. Zudem gab es bei den 100.000 Personen keine klinischen Depressionsdiagnosen, sondern der Status wurde mittels Fragebogen erfasst. Das ist bei psychologischen Untersuchungen dieser Größenordnung allerdings nicht ungewöhnlich. Die Daten waren landesrepräsentativ und lassen sich auf eine Gesamtbevölkerung von fast 550 Millionen Erwachsenen hochrechnen.

(bsc)