UMTS-Ausstieg ist gut fürs Klima

UMTS ist in Deutschland Geschichte, in Österreich und der Schweiz wird am Abschied gearbeitet. Das hilft auch beim Klimaschutz.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 193 Kommentare lesen
Antennen auf einem Masten

Symbolbild

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 9 Min.
Inhaltsverzeichnis

2024 gehen die österreichischen UMTS-Netze offline. Dann ist es dort vorbei mit dem "universal mobile telecommunication system", auch bekannt als 3G. In Deutschland erfolgte die 3G-Abschaltung bereits vor zwei Jahren, beim liechtensteinischen Netzbetreiber FL1 ist es diese Woche so weit. Ende 2025 folgen die Schweizer. Diese Schritte haben viele Gründe; einer davon ist der Stromverbrauch. Er liegt bei 3G vielfach höher als bei den jüngeren Funkstandards 4G (LTE) und 5G.

UMTS/3G verbraucht – je nach Systemtechnik – etwa 1000 bis 3000 Kilowattstunden pro übertragenem Terabyte, sagt der österreichische Branchenverband FMK (Forum Mobilkommunikation): "5G-Systeme sparen demnach mit etwa 50 Kilowattstunden (Verbrauch) pro Terabyte im Schnitt über 96 Prozent des Stromverbrauchs ein." Wichtigstes Element dabei ist die sogenannte spektrale Effizienz, wie der österreichische Mobilfunk-Netzbetreiber Drei (Hutchison Drei Austria) im Gespräch mit heise online betont hat. Dieser Mobilfunker bietet seit dem Vorjahr garantierte Mobilfunk-Bandbreiten auch für Privatkunden an.

Spektrale Effizienz, auch Bandbreiteneffizienz genannt, drückt ein Verhältnis aus: Wie viel Bit können pro genutzter Frequenzbandbreite in einer bestimmten Zeit theoretisch übertragen werden? Als Maßeinheit dienen Bit pro Sekunde pro Hertz (Bit/s/Hz). Die Spektrale Effizienz hängt davon ab, wie komplex ein übertragenes Signal (Symbol) ist, und wie rasch solche Symbole auf einander folgen. Ein einfaches Symbol wäre beispielsweise das Signal ja (1) oder nein (0). Ein komplexer moduliertes Symbol könnte etwa 010 oder 111 bedeuten, was ungleich höhere Informationsdichte erlaubt.

Mobilfunkgeräte sowohl auf Sender als auch Empfängerseite werden mit fortschreitender technischer Entwicklung immer "empfindlicher". Sie können deutlich feinere Unterschiede im Funksignal erzeugen und erkennen, mit zunehmendem Tempo, und auch immer mehr Funksignale parallel verarbeiten.

Bei GSM (2G) wurde die spektrale Effizienz durch komplexere Modulation gesteigert, so dass mit dem späten GSM-Renner EDGE (2.75G) deutlich mehr Daten übertragen werden können (bis 58,4 kbit/s pro Zeitschlitz) als mit dem älteren GPRS (2.5G, maximal 20 kbit/s pro Zeitschlitz). Die UMTS-Standards (3G) definieren eigentlich mehrere Funkverfahren; im deutschen Sprachraum wird die Variante WCDMA (Wideband Code Division Multiple Access) mit Frequenzduplex (FDD) üblich gewesen sein. In der Urform ("Release 99") vor etwa 20 Jahren waren damit im Downstream theoretisch bis zu 384 kbit/s möglich – allerdings auf einem stets fünf Megahertz breiten Trägersignal.

GSM braucht nur ein Fünfundzwanzigstel dieser Bandbreite, nämlich 0,2 MHz. Damit wäre UMTS gegenüber EDGE eigentlich ein deutlicher Rückschritt in Sachen Netzkapazität– würde man bloß eine einzelne Sendestation betrachten. Netzbetreiber schauen jedoch auf die Leistungsfähigkeit ihres Netzes insgesamt.

Mit dem Aufstieg von GSM zu WCDMA gelang eine Revolution: Seit 3G kann ein Mobilfunknetz überall mit der selben Frequenz funken. Bei GSM muss ein Respektabstand zwischen zwei Sendern, die mit der selben Funkfrequenz arbeiten sollen, eingehalten werden, damit sie einander nicht in die Quere funken. Der Netzbetreiber kann diese Frequenz also nicht beliebig bespielen. Ab 3G ist das anders. Die Geräte im Netz holen sich aus dem Schwall an Funksignalen "ihre" Daten heraus. Aus Sicht des Netzes, das nur begrenzt viel Funkspektrum nutzen darf, ergibt sich damit eine Vervielfachung der möglichen Netzkapazität.

Seither hat die Branche mehrere Schritte mit immer komplexerer Modulation sowie kürzeren Zeitabständen (Transmission Time Intervals, TTI) zwischen einzelnen Symbolen oder Symbolfolgen gesetzt. UMTS begann mit Quadraturamplitudenmodulation (QAM), es folgten 16 QAM (HSDPA, mit 16 möglichen Symbolen) und 64QAM (HSPA+).

Nette Sache, nur ist 5G inzwischen bei 256 QAM angelangt. Die Zeitabstände sind von ursprünglich 80 Millisekunden bei Release 99 auf 1 ms bei 4G und sogar Bruchteile davon bei 5G geschrumpft. Das bedeutet: Mit ungefähr dem gleichen Energieaufwand für das Aussenden des Funksignals kann ein Vielfaches an Information übertragen werden. Weil nicht alle Daten für einen einzelnen Kunden sein müssen, sondern sich viele Kunden die Bandbreite teilen können, ist es möglich, mit dem selben Funksignal und ähnlichem Stromverbrauch deutlich mehr Kunden parallel zu versorgen.