Unsterblicher Briefwechsel

Seite 2: Unsterblicher Briefwechsel

Inhaltsverzeichnis

3. Das Gravitationsproblem: Ganz leicht zu lösen. Entweder man bringt das Schwein auf den Mars-Satelliten Phobos, auf dem geringe Schwerkraft herrscht (wo die Leute ja sowieso auf dem Mars vorbeischauen wollen) oder man lässt das Schwein einfach auf dem Weg dorthin los. Eine andere Möglichkeit wäre es, kurzfristig eine Hypergravitation zu schaffen, in dem man die Erde aushöhlt. Der schwere und eigentlich unnötige Kern kann einfach weg. Wenn wir es richtig anstellen, wird sich dadurch auch die Erdrotation so stark erhöhen, dass sich das Schwein mit einem kleinen Schubs ins die Lüfte erhebt.

4. Können nicht auf Bäume klettern: Wer sagt denn, dass Schweine nicht auf Bäume klettern können? Auf die Idee kommen wir nur, weil wir ihnen ihr Futter entweder in Trögen oder im Unterholz französischer Wälder servieren. Es fehlt ihnen einfach die Motivation zum Klettern. Im schlimmsten Fall hilft auch ein Toxin-behandelter Nano-Bonsai.

5. Keine Federn: Das Gen der Drosophila Antennapedia (für das es kürzlich den Nobelpreis gab), macht es möglich, aus Borsten Beine oder Antennen zu formen. Es gibt keinen Grund, dass das nicht auch mit Federn und Schweinen klappt.

6. Fehlende Motivation: Leicht zu lösen – LSD hilft.

7. Das Zwitscher-Problem: Helium-Säcke, unter den Achselhöhlen implantiert, pumpen jedes Mal ein bisschen Helium in ihren Rachenraum, wenn sie mit den Flügeln schlagen.

Obwohl all diese Strategien entweder auf exakten wissenschaftlichen Vorbildern oder purer Fantasie basieren, argumentieren die konservativen Kritiker hier in meiner Fakultät aus ihrem Elfenbeinturm heraus, dass bislang keiner dieser Methoden Erfolg bei dem Versuch beschert war, aus Borstenvieh Flugtiere zu machen. Allerdings hat ja auch noch niemand alle sieben Methoden gleichzeitig probiert! Außerdem bekomme ich fast keine Mittel für dieses Projekt zusammen: Die zuständigen Ausschüsse bestehen stur darauf, dass andere Wissenschaftler ein Peer-Review durchführen! Das PEPA-Programm wird jedoch längst von Dutzenden wichtiger Wissenschaftler befürwortet (oder jedenfalls nicht öffentlich angeprangert). Ihre Namen kann ich Dir nennen – auf Deinen ausdrücklichen Wunsch.

So großartig das auch klingen mag, so glaube ich doch, dass wir uns an einem historischen Wendepunkt in Sachen Schweine-Kultur oder auch Schweine-Flug befinden. Alle Borstentiere, die vor dem 14. April 2009 geboren wurden, werden ihr Leben lang nur auf dem Boden verbringen und dort nach Nahrungsresten stöbern und missgelaunt grunzen. Ihr Ringelschwänzchen wird dabei ständig im Gebüsch hängen bleiben. Nicht so ihre Kollegen, die nach dem 15. April 2009 (oder einige Tage später) geboren wurden: Sie haben es geschafft! Sie werden einst durch den breiten Himmel schweben, sich gegenseitig fröhlich zwitschernd grüßen, hier und da an Flugtrüffel knabbern und zwischendurch je nachdem das Panorama von Cambridge oder Phobos genießen. Natürlich werden sie auch ewig leben, weil sie sich an all jene Regeln halten, die Du in Deinen Artikeln so rührend umschrieben hast.

Was ich jetzt noch brauche, ist ein cleveres Marketingkonzept – vielleicht einen Preis oder so, der Journalisten und Konferenzorganisatoren glauben lässt, dass der einzige Grund, warum nichts von meinen Theorien bislang umgesetzt ist, an der Angst anderer Wissenschaftler liegt, mit mir darüber zu debattieren. Hast Du vielleicht einen Rat für mich?

Ich wünsche Dir das allerbeste, Richard Miller

Übersetzung: Ben Schwan (wst)