Urteile in Prozess um kinderpornografische Darknet-Plattform erwartet

Der Prozess gegen mutmaßliche Betreiber einer Darknet-Plattform für Kinderpornografie endet bald. Anklagevertreter haben hohe Haftstrafen gefordert.

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(Bild: Zolnierek/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Eva Krafczyk
  • Isabell Scheuplein
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Nach jahrelanger Arbeit haben Ermittler vergangenes Jahr die weltweit größte Online-Plattform für den Austausch von Kinderpornografie zerschlagen. Seit Mitte September müssen sich vier mutmaßliche Betreiber vor dem Landgericht Frankfurt am Main verantworten. Es geht um teilweise schwerste sexuelle Gewalt an Kindern in einem schockierenden Ausmaß: Mehr als 400.000 Nutzer waren der Anklage zufolge weltweit in dem Darknet-Forum angemeldet. Zwei der Angeklagten sollen Kinder zudem selbst sexuell missbraucht haben. An diesem Dienstag (6.12.) sollen die Urteile fallen.

Das Ausmaß der Taten und der Schutz der Opfer, die teilweise durch Nebenklageanwälte vertreten waren, führten zu einem Prozess, in dem die unmittelbaren Verfahrensbeteiligten weitgehend unter sich waren: Schon bei der Verlesung der Anklage war die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden. Details zu dem, was die Richter zu den Leiden der Opfer erfuhren, sollten hinter verschlossenen Türen bleiben. Auch später mussten Besucher und Prozessbeobachter immer wieder den Saal verlassen.

Gegründet wurde die Plattform den Ermittlungen zufolge im Juni 2019, über eine Million Beiträge waren seitdem ausgetauscht worden. Es gab Chatbereiche in unterschiedlichen Sprachen, mehrere Unterkategorien sowie Tipps, um der Strafverfolgung zu entgehen. Die vier Angeklagten sitzen seit April vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Im Mai vergangenen Jahres hatte das Bundeskriminalamt die Verdächtigen festgenommen und die Plattform abgeschaltet.

Allein die Verlesung der mehr als 400-seitigen Anklageschrift dauerte zu Prozessbeginn am 14. September mehrere Stunden. Demnach veröffentlichten die Männer Fotos und Videos von Vergewaltigungen und Szenen, für die Kinder und Jugendliche zu gegenseitigen sexuellen Handlungen gezwungen wurden, auch Kleinkinder wurden sexuell missbraucht. Die Angeklagten gaben sich den Ermittlungen zufolge Spitznamen wie "Putzi", "Phantom" oder "Don Dildo".

Vor Gericht hatten sich die Angeklagten überwiegend schweigsam verhalten und lediglich eingeräumt, dass die vor der Polizei gemachten Angaben zu den ihnen vorgeworfenen Taten zutreffend seien, dass sie sie bereuten und auf therapeutische Hilfe hofften. Nur ein heute 42 Jahre alter Mann hatte versucht, vor Gericht reinen Tisch zu machen.

Fiktive Geschichten, die im öffentlichen Teil der Verhandlung verlesen wurden, gaben allerdings einen Einblick in die Sicht der Plattform-Nutzer auf Kinder, die als willige und freiwillige Sexualpartner dargestellt wurden. Hier hatten sich die Verfasser eine Alternativwelt zurecht geschrieben.

Die Anklagevertreter haben in ihren Plädoyers für zwei der Männer Sicherheitsverwahrung gefordert: Der 49 Jahre alte mutmaßliche Betreiber der Plattform aus dem Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern soll demnach für zwölf Jahre ins Gefängnis. Der 42 Jahre alte Angeklagte aus Paderborn soll laut Forderung der Generalstaatsanwaltschaft zu elfeinhalb Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt werden.

Die Verteidigung des 49-Jährigen hatte eine achtjährige Haftstrafe ohne Sicherheitsverwahrung gefordert, die Verteidigung des 42-Jährigen plädierte für eine "angemessene Strafe" ohne konkretes Strafmaß, aber ohne Sicherheitsverwahrung. Beiden Männern wird nicht nur der Betrieb der Plattform und die Kontrolle von Beiträgen vorgeworfen, sondern auch schwere sexuelle Gewalt an Kindern.

Für einen 60 Jahre alten Mann aus Norddeutschland, der in Paraguay lebte und dort am Computer sitzend gefasst wurde, forderte die Generalstaatsanwaltschaft eine achtjährige Haftstrafe. Die Verteidigung plädierte für eine "angemessene Freiheitsstrafe".

Ein 66 Jahre alter Angeklagter aus Hamburg, der mit mehr als 3600 Beträgen ein besonders aktiver Nutzer gewesen sein soll, soll nach dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zu sechs Jahren Haft verurteilt werden. Der Verteidiger erklärte, er fände eine Strafe von nicht mehr als zwei Jahren und zehn Monaten angemessen. Die Angeklagten sollen am Dienstag Gelegenheit zu ihrem letzten Wort erhalten, bevor das Urteil verkündet wird.

(tiw)