Von Vektorröhren zu Intel und Nvidia: 40 Jahre Supercomputer in Karlsruhe

Das Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) feierte sein Jubiläum mit alten und neuen (Super-)Computern, darunter HoreKa, Cyber 205 und Zuse Z22.

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Die Cyber 205 im KIT.

(Bild: Andreas Stiller)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Stiller

Vor 40 Jahren, im September 1983, nahm an der damaligen Universität Karlsruhe ein Computer vom Typ Control Data Cyber 205 den Betrieb auf. Diese CDC Cyber 205 galt trotz ihrer aus heutiger Sicht bescheidenen Leistung von 200 bis 800 Megaflops (64 Bit, 2 Pipes) als einer der schnellsten Vektorrechner weltweit. Heutzutage ist ein Notebook-Prozessor flotter.

Die Cyber 205 war die erste größere CDC-Neuentwicklung nach dem Weggang von Seymour Cray im Jahre 1972. Leider liefen viele der Systeme nicht rund, was dazu beitrug, dass sich CDC Ende der 1980er-Jahre aus dem Supercomputergeschäft verabschiedete. Am Max-Planck-Institut für Meteorologie lief sie immerhin so stabil, dass Klaus Hasselmann damit seine Klimamodelle entwickeln konnte, wofür er 2021 den Physik-Nobelpreis erhielt.

In Karlsruhe arbeitete die Cyber 205 ebenfalls jahrelang zufriedenstellend, berichteten die drei Laudatoren Erich Schnepf, Klaus-Peter Mickel und Prof. Dr. Rudolf Lohner – alle drei ehemalige Mitarbeiter der Uni Karlsruhe beziehungsweise des damaligen Kernforschungszentrums. Die beiden Institutionen schlossen sich 2009 zum Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) zusammen.

Später wechselte die Uni auf Vektorrechner von Fujitsu, verkauft etwa als SNI VP2600 von Siemens-Nixdorf. Mit dieser belegte man gemeinsam mit der Uni Aachen den ersten Platz der deutschen Systeme in der allerersten Top500-Liste vom Juni 1993. Insgesamt kam das KIT mit seinen beiden Vorläufern bis heute auf über 30 Supercomputer. Viele davon tauchten in den Top500-Listen der Supercomputer auf.

Bereits vor der KIT-Gründung wurden die beiden Rechenzentren der Institute zum Steinbuch Center of Computing (SCC) vereinigt. Und schon Mitte der 1990er-Jahre waren sie über eine Asynchronous-Transfer-Mode-Verbindung (ATM) mit 155 Mbit/s gekoppelt.

Seit 1983 haben das KIT und seine Vorgängerorganisationen mehr als 30 Hochleistungsrechner betrieben. Derzeit ackert im Campus Nord "HoreKa", der in Horeka Green (mit Nvidia-GPUs, 15 Petaflops Spitzenleistung) und HoreKa Blue (nur CPUs, 2 Petaflops Spitzenleistung) aufgeteilt ist. Das System ist rund 21 Millionen Mal schneller als die Cyber 205, schreibt das KIT. HoreKa Green erreichte rund 8 Petaflops im Linpack-Benchmark, was hierzulande nur von Rechnern der drei Großen im Gauss Centre for Supercomputing (GCS in Jülich, München und Stuttgart) übertroffen wird. Mit der Abwärme der wassergekühlten Supercomputer beheizt das SCC Büroräume, die mit Flächenheizungen für die niedrige Vorlauftemperatur von 45 Grad Celsius ausgestattet sind.

Die Rechenleistung verwendet das KIT für Fortschritte in den Materialwissenschaften, den Erdsystemwissenschaften, der Energie- und Mobilitätsforschung, im Ingenieurwesen, den Lebenswissenschaften sowie der Teilchen- und Astroteilchenphysik.

HoreKa im KIT (2 Bilder)

Der heutige HoreKa-Supercomputer im Karlsruhe Institut für Technologie (KIT). Mit moderner Hardware rechnet er dem Z22-System davon. (Bild: Amadeus Bramsiepe, KIT)

Die erste, noch mit 415 Röhren arbeitende Zuse 22-1 wurde 1957 auf der Hannovermesse vorgestellt und dann an die TU Berlin geliefert. Man kann sie heute im Konrad-Zuse-Museum in Hünfeld bewundern.

Zum Wintersemester 1961/62 kam eine Zuse 22-13 für 250.000 DM nach Karlsruhe. Offenbar stand sie zunächst in der Technische Hochschule Karlsruhe (Fridericiana, später dann Universität Karlsruhe) und ging etwas später an die heutige Hochschule Karlsruhe (HKA), die damals noch als "Badische Höhere Technische Lehranstalt" firmierte.

Dort wurde sie in die Obhut von Prof. Kammerer übergeben, der sie noch um einen Trommelspeicher erweiterte. Der bekam 1966 einen wichtigen Auftrag von außen, nämlich vom Deutschen Fußball-Bund (DFB), um per Computer die Termingestaltung für die nächste Bundesligasaison zu organisieren.

Bis 2005 wurde der Rechner am HKA liebevoll gehegt und gepflegt und dann als einzige übrig gebliebene Z22-Maschine noch voll funktionsfähig dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) überlassen. Funktionsfähig war sie dort bis 2013, dann stellte sie den Betrieb ein. Eine Reparatur erschien zu aufwendig und teuer.

Seit Kurzem gibt es jedoch ein internationales Programm von "Technik-Archäologen", die ehrenamtlich jeweils ein paar Wochen an der Z22 arbeiten. Just als die KIT-Mitarbeiter und Veteranen zur 40-Jahr-Feier zusammenkamen, haben italienische Experten der Uni Kalabriens erste Erfolge melden können: Daten ließen sich vom Lochstreifenleser in den Akkumulator laden – dann blieb die Z22 stehen.

Tags darauf kam weitere Hilfe in Gestalt des inzwischen 85-jährigen Z22-Experten Prof. Helmut Kammerer. Es steht also zu hoffen, dass die Zuse 22-13 bald wieder den Betrieb aufnehmen kann, etwa um die Paarungen der Bundesligasaison 2024/25 zu bestimmen.

(mma)