Warum der Green New Deal Sinn ergibt

Staatlich gesteuerte Industriepolitik gilt als unsinnig. Die Ökonomin Mariana Mazzucato erklärt, warum ihre Kritiker von den falschen Annahmen ausgehen.

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Solarpanele auf grüner Wiese

(Bild: Kitson & Partners)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • David Rotman

Mit einem Green New Deal fordern vor allem die Demokraten in den USA öffentliche Investitionen, um den Klimawandel und andere soziale Herausforderungen, insbesondere die Ungleichheit, anzugehen. Diese Art staatlicher Investitionen ist unter Ökonomen seit Langem umstritten. Mariana Mazzucato, Ökonomin am University College London, meint dagegen: Eine öffentliche Finanzierung ist entscheidend für den Fortschritt gewesen – vom Internet bis zur Biotechnologie.

TR: Industriepolitik hat unter Ökonomen häufig einen schlechten Ruf. Weshalb sind Sie so erpicht darauf?

Mazzucato: Erstens gibt es verschiedene Arten der Industriepolitik, die effektive und die ineffektive Sorte. Problematisch ist Industriepolitik, die nur das Wachstum eines begrenzten Wirtschaftsteils fördert und die Wirtschaft nicht systematisch transformiert. Ich denke, funktionale, effektive Industriepolitik ändert das Verhalten über verschiedene Industriezweige hinweg – statt einzelne Industriezweige zu subventionieren. Es geht um wirtschaftliche Transformation.

Ist der Green New Deal gute Industriepolitik?

Es hängt von der Interpretation ab. Ich habe mit Alexandria Ocasio-Cortez (sie sitzt für die Demokratische Partei im US-Kongress; Anm. d. Red.) darüber gesprochen. Der Green New Deal wäre wirtschaftlich breit angelegt effektiv. Und das ist genau der Geist, für den Ocasio-Cortez und andere Demokraten eintreten. Es geht hier nicht nur um erneuerbare Energien. Es geht um die Ökologisierung der gesamten Wirtschaft. Bei einem Green New Deal geht es auch darum, jeden Teil des verarbeitenden Gewerbes in eine grüne Richtung zu bewegen.

Weshalb die Referenz auf den New Deal von Präsident Roosevelt, der die USA aus der Großen Depression geholt hat?

Der Green New Deal besteht aus zwei Teilen. Der eine Teil ist richtungsweisend im Sinne von Roosevelts Angebot, neue Projekte und Infrastrukturen auf den Weg zu bringen. Hier ist es wichtig, von einem sektoralen Ansatz zu einem wirtschaftsweiten Wandel überzugehen. Ein weiterer wichtiger Teil betrifft das Wort "Deal" zwischen Regierung, Wirtschaft und Bürgern. Je größer der Umfang, in dem der Green New Deal zu einem Dialog über die Richtung von Investitionen und Innovationen führt, desto interessanter wird er. Das gilt auch für den Dialog über die Verteilung der Gewinne, die aus einer neuen öffentlich-privaten Partnerschaft resultieren. Was für einen Deal wollen wir mit diesen Unternehmen? Welche Bedingungen sollten wir stellen?

Ist es möglich, dem Klimawandel zu begegnen und gleichzeitig Wachstum zu erzielen?

Wachstum hat sowohl eine Geschwindigkeit als auch eine Richtung, und der Green New Deal ist die Richtung, die uns grüneres Wachstum bringen kann und gleichzeitig private Investitionen freisetzt. Er sollte den Druck auf die Wirtschaft erhöhen, ihre Gewinne zu reinvestieren, statt sie etwa für Aktienrückkäufe zu verwenden.

Eines Ihrer Bücher, "Rethinking Capitalism", kritisiert, dass viele Ökonomen nicht über die Lösung großer Probleme wie den Klimawandel nachdenken. Weshalb?

Der ökonomische Mainstream sieht politisches Handeln als Korrektiv für Marktversagen. Du wartest darauf, dass etwas schiefgeht, und machst einen Verband drum. Eine grüne Transformation muss ehrgeiziger sein. Es sollte darum gehen, gemeinsam zu gestalten, Märkte gemeinsam zu nutzen.

Die Steuerung von Investitionen in Richtung öffentlicher Aufgaben kann Innovationen stimulieren, aber ohne Mikromanagement. Gib eine Richtung vor, und dann nutze die gesamte Palette der staatlichen Instrumente, um Bottom-up-Experimente und Explorationen voranzutreiben. Und behalte dein Ziel im Auge...

(bsc)