Weltfunkkonferenz: Satellitenvormarsch und Spektrumshunger

Vor allem Satellitenthemen dominierten die Weltfunkkonferenz in Dubai. Was in Sachen Mobilfunk, Funkfrequenzen und Satelliten beschlossen wurde.

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 Ein Satellit umkreist die Erde

(Bild: Andrey Armyagov/Shutterstock.com)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Viele Augen waren in den vergangenen zwei Wochen auf Dubai gerichtet. Neben der Klimakonferenz COP28 fand dort parallel die weniger beachtete Weltfunkkonferenz (World Radiocommunication Conferences, WRC23) statt. Bis zuletzt wurde dort um die Aufteilung des Frequenz-Kuchens zwischen Mobil- und Rundfunkern, geostationären Satellitenanbietern und boomenden Low-Earth-Orbit-Konstellationen (LEO) gerungen. Ein erstes Fazit zeigt, dass Satellitenanbieter auf dem Vormarsch sind.

In früheren Jahren der alle vier Jahre statt findenden WRC waren die Themen jeweils gleich stark vertreten, sagte Isabelle Mauro, Generaldirektorin der Global Satellite Operator’s Association (GSOA) in einem ersten Resümee am Donnerstagnachmittag. "Dieses Mal betrafen 70 Prozent der Tagesordnungspunkte Satellitenfragen", so Mauro. Das zeige ihrer Meinung nach die wachsende Bedeutung von Satellitenverbindungen, ausgelöst durch den Boom des LEO-Markts.

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

Manche US-Experten, wie die Spektrumsexpertin und ehemalige OneWeb-Vizepräsidentin Ruth Pritchard Kelly sprechen sogar davon, dass mit den Entwicklungen rund um Direct-to-Device-Satellitenangebote eine Entwicklung im Gange sei, die sowohl klassische geostationäre Satelliten-Dienste (GEO) als auch den Mobilfunk an den Rand drängen werde.

Bei den ITU-Funkkonferenzen schachern Regierungsdelegationen vier lange Wochen um die Zuteilung von Frequenzen und bewegen sich dabei zwischen den Maßgaben der weltweiten Harmonisierung und der Positionierung der jeweils eigenen Märkte.

Für die Zuweisung von Frequenzen ist die Welt in drei Regionen eingeteilt: 1 – Europa, Russland, Zentralasien, Naher Osten, 2 – Nord- und Südamerika, 3 – China, Australien, Südostasien

(Bild: ITU)

In den vergangenen Jahrzehnten war es insbesondere der wachsende Mobilfunk, der nach mehr Frequenzen gerufen hat. Das war auch bei der WRC23 nicht anders. Bis zuletzt wurde darüber gerungen, ob Mobilfunk – in ITU-Lingo International Mobil Telecommunications, kurz IMT – einen Platz in attraktiven Teilbändern unterhalb von 700 MHz (UHF) bekommen könne.

Wenigstens für den überwiegenden Bereich der Region 1, das sind Europa, Afrika, Russland und Zentralasien, hat sich hier aber der "alte" Nutzer Rundfunk durchgesetzt, bilanzierte Jochen Zenthöfer, Sprecher der Initiative "SOS - Save Our Spectrum". Der Rundfunk bleibe im UHF-Bereich alleiniger Primärdienst, so Zenthöfer gegenüber heise online. Die Forderungen der Mobilfunkanbieter wurden mit einer sogenannten Sekundärzuteilung beschieden. Das bedeutet, IMT-Anbieter dürfen die Frequenzen für ihre Dienste mitnutzen, müssen aber Beeinträchtigungen des Primärnutzers, etwa durch Interferenzen, auf jeden Fall vermeiden. Das mache die Nutzung dieser Frequenzbereich wenig interessant für Mobilfunkunternehmen, erklärt Zenthöfer. Eine ko-primäre Zuweisung für Mobilfunk im Bereich 614-694 MHz haben elf arabische Staaten, einschließlich Palästina, bekommen.

Zu den Verlierern gehören deutsche Blaulicht-Organisationen. Sie hatten ursprünglich, so Zenthöfer, ebenfalls eigene Frequenzen im UHF-Bereich fürs digitale Behördennetz ins Auge gefasst. Doch hatte die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben am Ende nicht einmal mehr an der Konferenz in Dubai teilgenommen.

Noch nicht ausgestanden sind für SOS die Sorgen, dass die "Programme Making and Special Events" (PMSE) Nutzer, sich nun die vom Rundfunk gelassenen Lücken im Band mit den Mobilfunkern teilen müssen. Zu den PSME gehören Konzertveranstalter und Rundfunk mit ihren Mikrofonen und Kopfhörern. Am Ende komme es hier auf die Umsetzung an, so Zenthöfer, und über die werde bereits im Januar im Bundesministerium für Verkehr und Digitales weiter diskutiert.

Der Verband der Mobilfunkindustrie erklärt sich selbst zu einem Gewinner der WRC23. Die Regierungen hätten der Mobilfunkbranche zusätzliche Frequenzen unterhalb 1GHz, rund um 3.5 GHz und auch bei 6 GHz in Aussicht gestellt, meldete die GMSA per Pressemitteilung. Vor allem die für Europa, den Nahen Osten und Afrika sowie die Amerikas verabredete Harmonisierung im mittleren Bereich zwischen 3.3 und 3.8 GHz – dem "5G Pionier Band" (GSMA) – sei zu begrüßen, so die Organisation.

Außerdem sei das 6 GHz Band (6.425-7.125 GHz) als IMT-Band für alle ITU-Regionen festgelegt worden und Länder mit 60 Prozent der Weltbevölkerung hätten diesen Bereich nunmehr als die Heimat für den Ausbau der 5G-Netze und darüber hinaus avisiert.

Mit den Beschlüssen in Dubai stehe man dabei aber erst der Anfang, sagte Luciana Camargos, Head of Spectrum bei der GSMA, laut der Mitteilung. „Wir dürfen nicht hier anhalten, die WRC23 ist lediglich der Startschuss. Jetzt müssen Regierungen ihre Beschlüsse in die Tat umsetzen“, sagte sie.

Bis 2030 benötigten die Mobilfunkanbieter mindestens 2 GHz Kapazität im mittleren Bereich, um die Städte zu versorgen. Ausreichend Platz für die wachsenden Datenverkehre gebe es nur noch im 6-GHz-Band.