Weniger Lignin für mehr Biosprit

Eine internationale Forschergruppe will Energiepflanzen genetisch so verändern, dass sich die Zellulose der Biomasse ohne Säurebehandlung effektiv zu Kraftstoff verarbeiten lässt.

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Von
  • Kevin Bullis

Eine internationale Forschergruppe will Energiepflanzen genetisch so verändern, dass sich die Zellulose der Biomasse ohne Säurebehandlung effektiv zu Kraftstoff verarbeiten lässt.

Segen oder Plage? Am Biosprit scheiden sich die Geister. Seit Jahren werden immer mehr Nahrungspflanzen angbaut, nur um aus ihren Früchten – etwa Maiskörnern – Kraftstoffe zu machen. Blätter und Stengel bleiben hingegen ungenutzt. Vor allem das feste Lignin, das neben der Zellulose einen erheblichen Teil der Pflanze ausmacht, verhindert bislang eine wirtschaftliche Weiterverwertung der restlichen Biomasse. Eine internationale Forschergruppe will dies nun mit gentechnisch veränderten Pflanzen ändern. Sie könnten die Produktion von Zellulose-basierten Kraftstoffen erleichtern.

Zellulose und Lignin machen zusammen bis zu 80 Prozent der Pflanzenmasse aus. Anders als Lignin, ein Biopolymer aus Alkoholverbindungen, lässt sich die langkettige Zellulose in verwertbare Zuckermoleküle zerlegen. Um sie vom Lignin zu trennen, behandeln Biosprit-Produzenten derzeit die Pflanzenreste mit Säure vor. Weil das nur mit speziellen, säurebeständigen Anlagen geht, ist das Verfahren immer noch relativ teuer.

Das Forscherteam hat jedoch in der Ackerschmalwand – eine häufig genutzte Versuchspflanze in Laboren – ein Gen identifiziert, das für die Bildung von Lignin wichtig ist. Das Gen kodiert das sogenannte CSE-Enzym. Schaltet man das Gen aus, produziert die Pflanze kein CSE und in der Folge wesentlich weniger Lignin.

Dann lässt sich die Zellulose auch ohne Säurebehandlung effektiv herauslösen. Rund 80 Prozent der Zellulose konnten die Forscher aus der Biomasse gewinnen. Zum Vergleich: Bei Pflanzen mit dem für Lignin wichtigen Gen lag der Anteil der ohne Säure herauslösbaren Zellulose nur bei 18 Prozent.

Von einem kommerziellen Einsatz ist der neue Ansatz aber noch weit entfernt. Zunächst müssen die Forscher zeigen, dass er für gängige Energiepflanzen machbar ist, aus denen Zellulose-Ethanol gemacht werden kann. Dazu gehören etwa Rutenhirse und Pappel. Zumindest fanden sie schon heraus, dass die Lignin-Produktion in diesen Pflanzen auf einem ähnlichen Zellstoffwechsel beruht.

Die genetisch veränderte Ackerschmalwand ist allerdings kürzer als ihre natürlichen Artgenossen. Das ist nicht verwunderlich: Lignin wird in den Wänden von Pflanzenzellen eingelagert und macht sie stabiler. Je weniger von diesem Strukturmaterial in der Pflanze vorhanden ist, desto schwächer fällt ihr Wachstum aus.

Forscher am Lawrence Berkeley National Laboratory gelang es aber kürzlich, den Ligningehalt von Pflanzen gezielt zu verändern, so dass nur bestimmte Teile weniger Lignin aufweisen. Die Pflanzen wuchsen daraufhin ganz normal. Dieser Ansatz könnte auch bei ihren Pflanzenexperimenten funktionieren, sagt Wout Boerjan vom Flämischen Institut für Biotechnik VIB, der an der aktuellen Studie beteiligt war.

Einige Unternehmen haben bereits selbst begonnen, mit veränderten Pflanzen zu experimentieren, um die Säuretrennung von Lignin und Zellulose zu umgehen. Die kalifornische Firma Ceres etwa will im Herbst die ersten Lignin-armen Pflanzen ernten und testen. Fällt die Säurebehandlung weg, seien auch nicht mehr so viele Enzyme wie bisher nötig, um die Zellulose in Zucker aufzuspalten, sagt CEO Richard Hamilton. Er rechnet dadurch mit einer Kostenersparnis von einem Dollar pro Gallone Bioethanol (3,8 Litern).

Das Paper:
Vanholme, Ruben et al.: "Caffeoyl Shikimate Esterase (CSE) Is an Enzyme in the Lignin Biosynthetic Pathway", Science, Online-Veröffentlichung am 15.8.2013 (Abstract)

(nbo)