Werbung mit einem Firmenjubiläum

Lange Jahre war die Möglichkeit, Werbeaktionen als Sonderveranstaltungen durchzuführen, stark eingeschränkt. Die Grenzen sind gefallen, doch alles ist dem Unternehmer dennoch nicht erlaubt.

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Von
  • Marzena Sicking

Unternehmen können einen Geburtstag oder ein Jubiläum für Werbeaktionen nutzen. Viele Grenzen, die es hier vor wenigen Jahren noch gab, sind inzwischen gefallen. Dennoch müssen Unternehmen darauf achten, dass sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten und beispielsweise nicht gegen das Irreführungsverbot verstoßen. Rechtsanwalt Dr. Jan Felix Isele erklärt, was erlaubt ist und was nicht.

Besondere Anlässe werden von Unternehmen gerne für spezielle Angebote genutzt. Besonders beliebt: das "Jubiläum". Geht denn schon das einjährige Bestehen einer Firma als solches durch oder gibt es hier gesetzlich geregelte Vorgaben?

Dr. Jan-Felix Isele: Mit der UWG-Reform 2004 ist das Sonderveranstaltungsgebot (§§ 7 und 8 UWG a. F.) gefallen. Werbeaktionen, die nach früherem Recht als Sonderveranstaltung unzulässig waren, sind nun ohne Beschränkungen zulässig. Daher sind Preisherabsetzungen des gesamten Angebots unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sortiment erlaubt. Und in der Werbung sind Begriffe, die das Außergewöhnliche der Verkaufsaktion betonen, wie beispielsweise "Jubiläumsverkauf", freigegeben.

Rechtsanwalt Dr. Jan Felix Isele ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg. Nach Referendariat und 2. Staatsexamen im Jahre 1997 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsches und Europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Uni Heidelberg tätig, wo er 2001 auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts und des Europarechts promovierte. Seit 1999 ist er als Rechtsanwalt in der Kanzlei Danckelmann und Kerst in Frankfurt a.M. tätig, seit 2009 als Seniorpartner. Er wurde von dem „Juve-Handbuch“ „Wirtschaftskanzleien“ 2011/2012 als einer der Aufsteiger des Jahres 2011 im Wettbewerbsrecht gekürt und ist überdies von „Best Lawyers“ im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes für das Jahr 2012 nominiert worden. Er befasst sich schwerpunktmäßig mit der Prozessvertretung, aber auch der Beratung im Wettbewerbs- und Markenrecht.

Wenn es um Sonderaktionen zu einem Jubiläum geht, ist also quasi alles erlaubt?

Isele: Die Grenze des Zulässigen bildet heute vor allem das Irreführungsverbot. Eine relevante Irreführung kommt etwa in Betracht, wenn ein Unternehmen sich älter darstellt, als es in Wirklichkeit ist. Liegt keine Irreführung vor, ist es wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn Preisherabsetzungen mit einem Firmenjubiläum begründet werden. Das bedeutet für Jubiläumsverkäufe, dass das behauptete Jubiläum aber tatsächlich erreicht sein muss. Seit der Abschaffung der detaillierten Regelung durch die UWG-Reform, spielt es jedoch keine Rolle mehr, welches Jubiläum gefeiert wird. Deshalb kann schon das einjährige Bestehen als Anlass für einen Sonderverkauf dienen. Der Wortsinn "Jubiläum" weist allerdings eher auf ein mehrjähriges Bestehen hin. Zur Vermeidung von Irreführungen empfiehlt es sich daher, am einjährigen Bestehen von einen "Geburtstagsverkauf" zu sprechen.

Könnte das Unternehmen theoretisch also einfach jedes Jahr seinen Geburtstag feiern und mit entsprechenden Angeboten locken?

Isele: Tatsächlich kann ein Unternehmen jedes Jahr seinen Geburtstag oder das diesbezügliche Jubiläum feiern und mit entsprechenden Angeboten locken. Die "Jubiläumspreise" dürfen dabei natürlich nicht das ganze Jahr gelten. Ansonsten wird eine Preisgünstigkeit vorgegaukelt, die tatsächlich nicht besteht. Außerdem bedeutet der Wegfall der Sondervorschrift aus dem UWG 2004 nicht, dass Sonderveranstaltungen, die ohne zeitliche Begrenzung angekündigt werden, unbeschränkt zulässig wären. Immerhin geht von derartigen Ankündigungen ein erheblicher Kaufanreiz aus, weil die Zielgruppe von einer besonderen Aktion ausgeht, die sich außerhalb des üblichen Geschäftsablaufs befindet und nur während eines beschränkten Zeitraums läuft. Der Charakter als zeitlich begrenzte Sonderverkaufsveranstaltung muss also gewahrt sein. Daher gibt es auch heute noch zeitliche Grenzen für einen Jubiläumsverkauf. Als Anhaltspunkt kann bei einem Jubiläumsverkauf dabei von vier Wochen ausgegangen werden. Es ist also möglich, jedes Jahr für vier Wochen ein "Jubiläumsverkauf" zu veranstalten.

Muss die "Jubiläumsaktion" dann tatsächlich zum Zeitpunkt des Firmengeburtstags stattfinden oder kann der Unternehmer den Zeitpunkt frei wählen und den Geburtstag zum Beispiel im umsatzschwachen August feiern, obwohl die Firma eigentlich doch im Januar gegründet wurde?

Isele: Eine Jubiläumswerbung ist nur zulässig, soweit sie zeitnah zu dem Jubiläum stattfindet. Was noch zeitnah ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei ist kein kleinlicher Maßstab anzulegen. Deshalb ist nicht zu beanstanden, wenn ein in der Vorweihnachtszeit begründetes Unternehmen mit dem Jubiläumsverkauf bis zu den umsatzschwachen Anfangsmonaten des neuen Jahres wartet. Ob man das "Januarjubiläum" aber mehr als ein halbes Jahr später, also im August feiern kann, ist fraglich. Davon würde ich eher abraten.

Wenn ein Unternehmen seit – sagen wir mal – 25 Jahren auf dem Markt ist, zwischenzeitlich aber mehrfach den Besitzer gewechselt hat: beginnt die Uhr dann wieder neu zu ticken oder darf das 25-jährige Jubiläum als solches gefeiert werden? Und wie sieht es aus, wenn das Produktangebot, Name oder Stammsitz der Firma zwischenzeitlich geändert wurden?

Isele: Bei Geschäftsjubiläen kommt es für die Berechnung auf die Gründung, das heißt, auf die Aufnahme der Geschäftstätigkeit, sowie die Kontinuität des Unternehmens an. Daher muss die wirtschaftliche Fortdauer während der behaupteten Jahre vorliegen. Das gegenwärtige Unternehmen muss – trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen – noch mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden können, damit die Werbung mit dem Jubiläum sachlich noch gerechtfertigt ist. Erforderlich ist daher grundsätzlich eine Geschäftskontinuität, während die bloße Namenskontinuität nicht ausreicht. Eine völlige Änderung des Fabrikationsprogramms kann bei den angesprochenen Zielgruppen zu Fehlvorstellungen führen, da sie davon ausgehen werden, dass auch für die "neuen" Waren eine besondere Erfahrung und Tradition besteht. Ist die wirtschaftliche Kontinuität gegeben, so ist es unerheblich, ob Inhaberwechsel, Rechtsnachfolgen, Änderung des Firmennamens oder Rechtsformen erfolgt sind. Einschränkungen können sich im Falle der Rechtsnachfolge allerdings ergeben, wenn der Erwerber das Unternehmen auflöst.

Wenn ein Unternehmen mehrere Zweigniederlassungen hat: dürfen diese ebenfalls an der Jubiläumsaktion teilnehmen, obwohl sie nicht so lange bestehen, wie das Stammhaus?

Isele: Der Verkehr erwartet, dass die einzelnen Filialen eines Unternehmens aus der Tradition des Stammhauses erwachsen sind und es sich deshalb um ein organisatorisch entwickeltes Gesamtunternehmen handelt. Deshalb hat der Bundesgerichtshof beispielsweise entschieden, dass ein Juwelier- und Uhrmacherunternehmen nicht mit dem Alter des Stammhauses einer nachträglich übernommenen Filialkette werben darf, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich diese erst mehr als 100 Jahre nach der Unternehmensgründung eingegliedert hat. Hiernach können die Filialen also an der Jubiläumsaktion teilnehmen. Allerdings muss eben darauf hingewiesen werden, dass das "Jubiläum" selbst bloß das Stammhaus betrifft. (map)