Wie Japan drahtlos durch die Luft laden will

Ein neuer Markt entsteht, der keine umständlichen Ladekabel oder Batteriewechsel erfordern soll.

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(Bild: Aeterlink)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Smarte Kontaktlinsen, schlaue Stühle und Smartphones, denen niemals der Strom ausgeht – in Japan wird die schnurlose Stromübertragung in Gebäuden und im Freien Realität. Das Start-up Aeterlink hat im November 2021 seine Technik in den Markt eingeführt, die Strom per Mikrowellen bis zu 20 Meter weit übertragen kann.

Zur Demonstration wurde ein Büro eines Baukonzerns mit Sendern und den speziellen Empfängern versehen. Von Sendern an der Decke sollen dann smarte Bürostühle über das 920-MHz-Band mit Elektrizität versorgt werden. Die Stühle können dann automatisch an das Gebäudemanagementsystem melden, ob sie besetzt sind, um dann die Klimaanlage genauer steuern zu können.

Dies ist nur ein Beispiel für einen neuen Markt, den die Regierung durch eine Freigabe von Frequenzen für die schnurlose Stromübertragung schaffen will. Bislang ist diese Technik nur bedingt einsetzbar, da die Regierung sich über eine Störung von Sendesignalen sorgte. Nun wollen die Behörden die schnurlose Stromübertragung zuerst in Gebäuden und dann ab 2024 im Freien erlauben. Zuerst werden drei Frequenzbänder freigegeben: 920-MHz für Umgebungen mit Menschen, 2,4 und 5,7 GHz für unbemannte Umgebungen.

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Dass Aeterlink zu den Pionieren gehört, liegt am Hintergrund des Gründers Yuji Tanabe. An der amerikanischen Stanford-Universität hat er die schnurlose Aufladung für medizinische Implantate wie Herzschrittmacher mitentwickelt. In seiner Heimat will er jetzt den weit größeren Markt von vernetzten Wearables, Dingen und Maschinen erschließen.

Die Leistung des Systems beträgt zwar nur wenige Milliwatt, da für Umgebungen mit Personen bisher nur das 920-Mhz-Frequenzband für die Übertragung freigegeben wurde. Aber für bestimmte Sensoren an Geräten und Maschinen, die sonst kaum mit Strom versorgt werden können, reicht dies aus, meint Aeterlink.

Als Beispiel nennt das Unternehmen die Stromversorgung von Sensoren in Roboterhänden, die sich nur schwierig verdrahten lassen. Die Vermarktung von schnurloser Stromversorgung von Fabriken soll im kommenden Jahr beginnen. Aber Tanabe hofft längerfristig auch auf smarte Kontaktlinsen, die Bilder auf die Netzhaut projizieren können, und implantierte Schnittstellen zwischen Hirn und Maschinen.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Doch in Japan beschäftigen sich nicht nur Start-ups mit der Technik, sondern auch der Mobilnetzanbieter Softbank, dessen Hauptaktionär der gleichnamige Investmentkonzern ist. Das Unternehmen entwickelt gerade mit der Universität Kyoto, dem Kanazawa Institute of Technology und dem National Institute of Information and Communications Technology die Technik, die dann in den Sendern für 5G-Mobilnetze untergebracht werden soll.

Die elektrische Ladung wird im 28-Gigahertz-Hochfrequenzband gesendet. Zuerst wird sie nur ein Milliwatt über zehn Meter übertragen können. Aber mit der Zeit will Softbank die Reichweite auf 100 Meter erhöhen. Softbank hofft, die Technik ab 2025 einführen zu können. Aber noch ist nicht klar, welche Wearables sich auf diese Art und Weise aufladen ließen.

(jle)