Wie sich die Gehirne von Künstlern, Denkern und Unternehmern unterscheiden

Forscher aus dem Saarland haben Korrelationen zwischen der beruflichen Neigung und der Hirnanatomie gefunden.

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(Bild: Jesse Martini / Unsplash)

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„Was willst Du denn später einmal werden?“ – diese Frage dürfte Kinder und Jugendliche regelmäßig nerven. Forscher der Universität des Saarlands in Homburg haben nun einen Weg gefunden, die beruflichen Stärken und Neigungen mit einem Blick in die Hirnanatomie zu erfassen.

Dazu nutzten sie ein Verfahren namens "Voxel-Based Morphometry": Mittels Magnetresonanz-Tomographie wird das Verhältnis von grauer zu weißer Hirnsubstanz bestimmt. Die graue Substanz enthält vornehmlich Nervenzellkörper, die weiße überwiegend Nervenfasern.

"Es kann beobachtet werden, dass Training zu einer intra-individuellen Verschiebung zu mehr grauer Substanz führt", schreiben die Forscher Stefan Gurres, Klaus-Ulrich Dillmann, Wolfgang Reith und Christoph M. Krick in ihrem Paper. "Diese strukturellen Veränderungen korrelieren mit der gemessenen Performance."

Für ihre Studie untersuchten sie 67 Frauen und 37 Männer mit einem Durchschnittsalter von knapp 29 Jahren (Standardabweichung: 12,8 Jahre). Mit dem "Situativen Interessentest", einem einschlägig verbreiteten Fragebogen, wurden ihre beruflichen Neigungen erfasst. Das Ergebnis dieses Tests sind unterschiedliche Ausprägungen von sechs Charakterzügen: "realistisch", "intellektuell", "künstlerisch", "sozial", "unternehmerisch" und "konventionell".

Die Ergebnisse des Fragebogens verglichen die Forscher mit denen der Hirnscans. Den Einfluss von Alter, Geschlecht und Hirnvolumen haben sie dabei herausgerechnet. Das Ergebnis: Für alle der sechs Charakterzüge wurden "statistisch relevante Korrelationen oder Anti-Korrelationen" der Dichte von grauer beziehungsweise weißer Hirnsubstanz in bestimmten Hirnarealen gefunden. Die diesen Hirnarealen zugeschriebenen Funktionen korrespondierten wiederum "erklärbar" mit denen der gefundenen Charaktereigenschaften:

  • So zeigten laut Fragebogen "realistische" Versuchspersonen ("Doer") eine höhere Dichte grauer Hirnsubstanz in den Bereichen, die für Sehen, Hören, Greifen, Orientieren und komplexe Bewegungsabläufe zuständig sind.
  • Bei "intellektuellen" Probanden ("Denker") hingegen waren es hingegen eher Bereiche, die taktile und visuell-räumliche Reize verarbeiten. Zudem zeigten sie eine geringere Vernetzung in Hirnregionen für Kreativität, Sprache und audiovisuelle Fähigkeiten.
  • Kennzeichnend für "künstlerische" Menschen ("Creators") war eine generell stärkere Vernetzung der Hirnareale.
  • "Soziale" Neigungen ("Helpers") spiegelten sich im "Sulcus temporalis superior" wider, der vor allem für die soziale Wahrnehmung zuständig ist.
  • Besonders dichte graue Substanz haben "unternehmerische" Menschen ("Persuaders") in Hirnregionen für die bewusste Steuerung von Hand- und Kopfbewegungen – wahrscheinlich erleichtert dies, durch Gestik und Mimik andere Menschen zu überzeugen, vermuten die Forscher. Zudem sind bei ihnen Areale für Rechnen und Mathematik ausgeprägt.
  • "Konventionelle" Neigungen ("Organizers") korrelieren laut Studie mit einem Netzwerk zur "Integration von regelbasierten Informationen in motorische Aktionen", verbunden mit einer "Tendenz zu geringeren sozialen Fähigkeiten".

All diese Beziehungen sind nicht in Stein gemeißelt – schließlich ist das Hirn plastisch. "Wir können lediglich Momentaufnahmen bieten, denn schließlich verändern sich die Interessenslagen der Menschen im Lauf der Zeit möglicherweise noch", sagte Co-Autor Gurres gegenüber dem Magazin Laborpraxis.

Zudem wisse man nicht, was zuerst da war: eine bestimmte Neigung oder die ausgeprägte Hirnregion. "Wenn man viel übt, verändern sich Hirnregionen ja ebenfalls", ergänzte Co-Autor Krick.

(grh)