Zahlen, bitte! 110 Himmelsobjekte im Messier-Katalog

Der bei Amateurastronomen beliebte Messier-Katalog war eigentlich nur ein Nebenprodukt in der Kometenjagd. Man wollte damit Verwechselungen ausschlieĂźen.

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Wer erstmals durch ein Amateurteleskop einen Kugelsternhaufen wie M13 erspäht, wird einen faszinierenden weißen Fleck erkennen, der auf den ersten Blick auch ein Komet ohne erkennbaren Schweif sein könnte. Damit kommt man dem Zweck des Messier-Katalogs schon sehr nahe.

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Der Messier-Katalog ist eine Zusammenfassung verschiedener astronomischer Objekte. Er wurde 1774 erstmals vom französischen Astronom Charles Messier mit 45 Objekten veröffentlicht. Mittlerweile umfasst er 110 Himmelsobjekte: 40 Galaxien, 29 Kugelsternhaufen, 28 offene Sternhaufen, sechs galaktische Nebel, vier planetarische Nebel sowie zwei Sternenmuster und eine Sternwolke.

Zahlen, bitte!
Bitte Zahlen

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblĂĽffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natĂĽrlich der Mathematik vor.

Der Messier-Katalog ist vor allem bei Amateurastronomen beliebt, da er die meisten lohnenswerten Deep-Sky-Objekte der nördlichen Hemisphäre zusammenfasst, die mit Amateur-Ausrüstungen gut beobachtet werden können.

Viele aufgelistete Objekte tragen bis heute den Messier-Namen. Dabei war der Katalog ursprĂĽnglich nur ein Nebenprodukt der Kometenjagd: Erfinder Messier legte ihn an, um eine Hilfe zu schaffen, um die erfassten "festen" Himmels-Objekte nicht mit Kometensichtungen zu verwechseln.

Charles Messier erblickte am 26. Juni 1730 im französischen Badonviller als Sohn eines Verwaltungsbeamten das Licht der Welt. Der kleine Charles wurde als zehntes von zwölf Kindern geboren. Seine Kindheit war nicht einfach: Sechs seiner Geschwister starben früh, und sein Vater verstarb, als Charles 11 Jahre alt war.

Illustration des großen Kometen von 1744. Die Himmelserscheinung hat den 14-jährigen Charles Messier so beeindruckt, dass er daraufhin sein Leben lang nach Kometen fahndete.

(Bild: The World of Comets, London, 1877)

Das Jahr 1744 war wohl wegweisend für die Zukunft von Charles Messier: Im Frühjahr war der Komet Klinkenberg (oder C/1743 X1) zu sehen, ein heller, großer Komet mit mehreren Streifen. Der Komet war so hell, dass er sogar am Tage erschien. Es muss für den vierzehnjährigen Charles beeindruckend gewesen sein, genau wie vier Jahre später eine partielle Sonnenfinsternis, in der der Mond die Sonne zu 80 Prozent abdeckte.

Im Alter von 21 Jahren zog Messier nach Paris und trat in den Dienst des französischen Astronomen und Kartografen Joseph-Nicolas Delisle. Von ihm lernte Messier, wie man Himmelsobjekte wissenschaftlich beobachtet und die Sichtung, inklusive der Position, exakt dokumentiert. 1754 trat er wie sein Mentor in die Dienste der französischen Marine. Neben astronomischen Arbeiten zeichnete er auch Seekarten sowie Karten der Chinesischen Mauer ab.

Charles Messier im Alter von etwa 40 Jahren

(Bild: Ansiaux, um 1770 herum)

Schlüsselmoment für den Messier-Katalog war der 12. September 1758. Messier suchte nach dem Halleyschen Kometen, dessen Wiedererscheinen vom britischen Astronomen Edmund Halley vorausgesagt wurde und er dachte, er sei im Sternbild Stier auf einen Kometen gestoßen. Er sah aus wie ein Komet, änderte aber seine scheinbare Position nicht. Später schrieb Charles Messier in Connaissance des temps 1800/1801:
„Was mich dazu veranlasste, den Katalog in Angriff zu nehmen, war der Nebel, den ich am 12. September 1758 über dem südlichen Horn des Stieres entdeckte, während ich den Kometen jenes Jahres beobachtete. Dieser Nebel hatte eine solche Ähnlichkeit mit einem Kometen in seiner Form und Helligkeit, dass ich mich bemühte, andere zu finden, damit die Astronomen diese gleichen Nebel nicht mit den gerade zu leuchten beginnenden Kometen verwechseln würden. Ich beobachtete weiter mit geeigneten Refraktoren, um Kometen zu entdecken, und das ist der Zweck, den ich mit der Zusammenstellung des Katalogs verfolgte.“

Die Idee zum Messier-Katalog war geboren. Den Halleyschen Kometen fand Messier am 21. Januar 1759, allerdings vier Wochen nach Johann Georg Palitzsch. Sein Mentor Delisle hatte sich in den Bahndaten verrechnet.

Alle 110 Objekte des Messier-Katalog auf einem Bild, zusammengefasst durch den Amateurastronomen Michael A. Philips.

(Bild: Michael A. Phillips, CC BY 4.0)

In seiner Kometenjagd entdeckte er nicht nur weitere Kometen, sondern auch weitere Objekte, die er M2 und M3 nannte. 1764 fasste er 18 Objekte aus eigener Beobachtung und 22 Objekte anderer Kataloge zusammen. 1771 trat er die Nachfolge von Nicholas Delisle als Astronom der Marine an. Die erste Veröffentlichung des Katalogs erschien 1774 in den "Mémoires de l’Académie 1771" und umfasste die Objekte M1 bis M45. Der zweite, erweiterte Teil erschien 1783 im Connaissance des temps und enthielt M1 bis M70. In der gleichen astronomischen Jahrbuchreihe erschien im darauffolgenden Jahr auch der letzte von Messier selbst veröffentlichte Katalog mit den Objekten M1 bis M103.

Sieben weitere Objekte wurden nach dem Tod von Messier zwischen 1921 und 1966 in den Messier-Katalog aufgenommen. Es sind allesamt Objekte, die aus Frankreich gut zu sehen sind.

Zwar gibt es mittlerweile unzählige weitere, viel präzisere Himmelskataloge. Aber bis heute ist der Messier-Katalog bei Amateur-Astronomen in Europa beliebt, eben weil er die besonders lohnenswerten Objekte zusammenfasst, die man mit einem simplen Feldstecher oder einem kleinen Teleskop bereits gut betrachten kann.

Mittlerweile gibt es sogar den Messier-Marathon, einen Wettbewerb, um in einer Nacht so viele Deep-Sky-Objekte des Messier-Katalogs zu sichten wie möglich. Für den Messier-Marathon 2025 bietet sich die beiden Nächte des letzten Wochenendes im März an, zwischen dem 29. und dem 30. März 2025.

Das Schicksal meinte es nicht immer gut mit Charles Messier. Im Jahr 1770 heiratete er die drei Jahre jüngere Marie-Françoise de Vermauchampt. Zwei Jahre später gebar seine Frau einen Sohn, aber beide starben kurz nach der Geburt. 1781 stürzte Messier in einem Eiskeller und verletzte sich bei dem Sturz schwer. Der hannoversch-britische Astronom Wilhelm Herschel besuchte Messier kurze Zeit später. Er schrieb in seinen Memoiren:
"Vor ein paar Tagen habe ich Herrn Messier in seiner Wohnung gesehen. Er beklagte sich, dass er sehr unter seinem Unfall gelitten habe, als er in einen Eiskeller fiel. Er ist immer noch sehr fleißig beim Beobachten und bedauerte, dass er nicht genug Interesse hatte, die Fenster in einer Art Turm, in dem sich seine Instrumente befinden, reparieren zu lassen; aber er bleibt bei guter Laune. In Gesprächen schien er ein sehr vernünftiger Mann zu sein. Verdienst wird nicht immer so belohnt, wie es sein sollte."

1815 erlitt Messier einen Schlaganfall, von dem er sich nicht erholen sollte. Er starb 1817 im Alter von 86 Jahren. Kurios ist, dass Messier nicht fĂĽr seine 13 zu Lebzeiten entdeckten Kometen bekannt wurde, sondern aufgrund seiner Liste, die nichts anderes als ein Hilfsmittel bei der Kometenjagd werden sollte. Nach Messier sind ein Mondkrater, ein Asteroid sowie eine Meerenge im SĂĽden Chiles benannt. Und an seinem Katalog orientieren sich auch in diesem Jahr viele Astronomen, die auf der Nordhalbkugel spannende Himmelsobjekte beobachten wollen.

(mawi)