Zahlen, bitte! 120 Grad auf dem Globus verteilt für stete Weltraumkommunikation

Das weltweite Deep Space Network der NASA sorgt dafür, dass die Kommunikation mit den Raumfahrzeugen und Sonden gelingt, egal wo sie sich im All befinden.

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(Bild: heise online)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Wenn die NASA das nächste Bild des James-Webb-Telescope oder neue Informationen über die Voyager-Missionen verbreitet, ist nahezu unbemerkt ein Antennenkomplex beteiligt: Das Deep Space Network (DSN), ein weltweites Netzwerk von Radioantennen, übernimmt dabei die Kommunikation.

Die Standorte sind auf dem Globus in etwa 120 Grad verteilt, damit die Kommunikation zu einer Mission permanent aufrechterhalten werden kann: Die Empfangsbereiche überlagern sich leicht von Anlage zu Anlage, sodass ein Raumfahrzeugsignal nahtlos von einem anderen Radiokomplex übernommen werden kann, wenn das aus dem Sendebereich des einen Komplexes sinkt. Das DSN wird gesteuert und kontrolliert vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena.

Zahlen, bitte!
Bitte Zahlen

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Der Vorläufer des DSN ging im Januar 1958 in Betrieb mit Empfängern in Kalifornien, Singapur und Nigeria – damals war das JPL noch unter der Schirmherrschaft der US-Armee, die für Explorer 1, dem ersten erfolgreiche US-Satellit, eine leistungsfähige Überwachung benötigten. Die NASA wurde im Oktober des gleichen Jahres als zivile Weltraumorganisation gegründet und übernahm am dritten Dezember 1958 das JPL. Das Konzept des heutigen DSN nahm danach Formen an.

Insbesondere, als Kennedy im Jahr 1961 eine bemannte Mondmission ankündigte, war den Entscheidern klar, dass sie dafür ein leistungsfähiges Kommunikationsnetzwerk benötigen, um Zwei-Wege-Kommunikation sowie Datenübertragung zu ermöglichen. Daraus entstand das Manned Space Flight Network, ein Netz aus 26-Meter-Antennen, die spezialisiert waren für die Kommunikation in der Erdumlaufbahn bis zum Mond.

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Das DSN unterstützte dabei und bot Notfall-Kapazitäten. Eine große 64-Meter-Parabolantenne sowie mehrere 26-Meter-Antennen gehörten zu jedem Standort dazu. Bei Apollo 13 wurden diese dann auch gebraucht: Die großen Antennen sicherten den Kontakt, nachdem die normale Kommunikation durch Energieknappheit gestört war und das Apollo-Gespann nur eingeschränkt senden konnte.

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Zu den Voyager-Missionen wurden die Kapazitäten erweitert, um den weiteren Sende-Reichweiten wie Uranus oder Neptun Rechnung zu tragen. Mittlerweile sind an jedem Standort mindestens eine 70-Meter-Radioantenne sowie mehrere 34-Meter-Antennen vorhanden, die zusammengeschaltet werden können, um die Empfangsleistung zu erhöhen.

Zu den Aufgaben gehören: Telemetriedaten, Position und Geschwindigkeit der Raumfahrzeuge empfangen, Befehle und Softwareupdates senden, sowie die allgemeine Kommunikation sicherzustellen. Außerdem sind sie bei der Beobachtung und Erforschung des Alls behilflich.

In drei Standorten sind mehrere Radioantennen verteilt: Das Goldstone Deep Space Communications Complex (GDSCC) in der Mojave-Wüste im US-Bundesstaat Kalifornien ist bereits seit 1958 in Betrieb. Das Madrid Deep Space Communications Complex (MDSCC) nahe Madrid in Spanien ging 1961 ins Netz. Das Trio komplettierte ab 1965 das Canberra Deep Space Communications Complex (CDSCC) in Australien. Die Standorte befinden sich jeweils in einer Senke, sodass sie weitgehend vor Umgebungseinflüssen geschützt sind.

Mehrere DSN-Parabolantennen in Madrid

(Bild: Benjamín Núñez González, CC BY-SA 4.0)

Die ESA betreibt mit ihrem ESTRACK ein ähnliches Netzwerk – seit 2007 unter gegenseitiger Unterstützung. Man hilft sich dabei gegenseitig durch Bereitstellen von Infrastruktur in kritischen Missionsphasen wie Starts oder komplexen Manövern oder in Notfällen.

Ansonsten ist das DSN in der Lage, über vom Consultative Committee for Space Data Systems geschaffene Standards für die Deep-Space-Kommunikation mit anderen Netzwerken aus Russland oder China zu kommunizieren.

Im Jahr 2008 kamen mehrere Jubiläen zusammen: 50 Jahre Explorer 1, 50 Jahre NASA, sowie 45 Jahre Deep Space Network. Außerdem wurde der legendäre Beatles-Song "Across the Universe" 40: Am 4. Februar 1968 wurde der Song eingespielt.

Dem zu Ehren wurde am 4. Februar 2008 der Song über das Deep Space Network als MP3 ins All geschickt. Ziel war der Polaris – der Nordstern, der 431 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Für die Beatles-Fans ist der 4. Februar seitdem der "Across-The-Universe-Day".

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Entsprechend begeistert war der Programmleiter des DSN, Berry Geldzahler: "Ich bin seit 45 Jahren ein Beatles-Fan – so lange, wie es das Deep Space Network gibt." Was für eine Freude, besonders wenn man bedenkt, dass 'Across the Universe' mein persönlicher Lieblingssong der Beatles ist."

Ex-Beatle Paul McCartney war ebenfalls erfreut. Er schrieb an die Raumfahrtbehörde: "Erstaunlich! Gut gemacht, NASA! Grüßen Sie die Außerirdischen von mir. Alles Gute, Paul."

Yoko Ono, die Witwe von John Lennon, der den Song geschrieben hatte, empfand die Sendung als etwas ganz Besonderes: "Ich denke, dass dies der Beginn eines neuen Zeitalters ist, in dem wir mit Milliarden von Planeten im ganzen Universum kommunizieren werden."

Die Idee zur Übertragung kam von Martin Lewis, einem in Los Angeles lebender Produzent und Beatles-Experte. Er bekam die Erlaubnis zur Übertragung von den Rechteinhabern. Das Beatles-Lable Apple gab bekannt, sie seien erfreut, da sie immer nach neuen Märkten suchen.

Technisch gesehen wird es wohl allerdings keine Meisterleistung: Der Song wurde von Madrid aus als MP3 mit 128 kbps übertragen. Davon mal abgesehen, dass die Aliens wohl eher keinen Schimmer vom Codec haben, ist der Polarstern als Dreifachsternsystem vermutlich auch nicht geeignet für außerirdisches Leben.

Während der Song also eher irgendwo im All verschwindet, wird das Netzwerk mit jeder Deep-Space-Mission umso wichtiger. Auf der Deep-Space-Network-Website lässt sich live verfolgen, mit welchen Missionen die einzelnen Antennen des DSN gerade Kontakt haben. Und die Arbeit wird nicht weniger: Bei Artemis, der nächsten bemannten Mondmission, wird das DSN wieder eine wichtige Rolle spielen.

(mawi)