Zahlen, bitte! 3.377.500 Dollar für Andy Warhols Amiga-Grafiken

Andy Warhol und der Amiga 1000 – Was auf der Präsentation des revolutionären Computers begann, führte 2021 mitten im NFT-Hype zum Millionenerlös.

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Grafik Zahlen bitte mit blauem Hintergrund

(Bild: heise online)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Nicht der Macintosh, sondern der Amiga war Werkzeug des Künstlers Andy Warhol: Als der Amiga 1000 im Jahr 1985 auf den Markt kam, wurden dessen beeindruckenden grafischen Fähigkeiten durch den Pop-Art-Künstler demonstriert.

Warhol bearbeitete bei der Präsentation von Commodores 16/32-Bit-Rechner im New Yorker Lincoln Center eine digitalisierte Aufnahme von Blondie-Sängerin Debbie Harry mit einem Grafikprogramm nach. Was heute eine Selbstverständlichkeit ist, war damals sensationell, da es zuvor zumeist teurer Spezialhardware bedurfte, ein Bild zu digitalisieren und in der Form zu bearbeiten.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Auch danach blieb der Künstler dem Amiga treu: Bis zu seinem Tod im Jahr 1987 erstellte er noch mehrere Werke, die im Laufe der Zeit wiederentdeckt und im Falle von fünf digitalen Warhol-Kunstwerken im Jahr 2021 als NFT-Dateien angeboten wurden. In einer Christies-Auktion erzielten die Bilddateien mit Pixelgrafik einen Erlös von mehr als 3,7 Millionen US-Dollar.

Andy Warhol feierte vor allem in den 1960ern Erfolge mit seinen Pop-Art-Werken wie der Campbells-Dose oder dem "Shot Marilyn", in dem Warhol ein Portraitbild von Marilyn Monroe farblich verfremdete. Er war Grafiker, Fotograf, Filmer, Schriftsteller, und Illustrator für Mode- und Lifestyle-Magazine. Er prägte einst den Satz: "'Fortschritt ist sehr wichtig und aufregend, außer beim Essen." Doch warum ausgerechnet Amiga?

Andy Warhol am 14. Juni 1977 aufgenommen.

(Bild: Jack Kightlinger)

Künstlerische digitale Grafik kam in den 1980ern mit den ersten Homecomputern auf: Nun konnte jeder auf einem ZX Spectrum, C64, oder Apple II mit einem Grafikprogramm der 8-Bit-Generationen digitale Pixelgrafiken erstellen, soweit es die zumeist rudimentären Grafikfähigkeiten zuließen – die Limitierungen brachten Grafiker insbesondere am C64 zu Höchstleistungen, um grafische Meisterwerke zu entwickeln. Im Allgemeinen war das Pixeln allerdings eher mühselig.

Das änderte sich mit dem Amiga: Mit ihm kam erstmals ein Computer auf, der bis zu 4096 Farben gleichzeitig auf 320 × 256 Pixel darstellen konnte. Allerdings war die Nutzung von 32 Farben gleichzeitig aufgrund des knappen Speichers und anderer Beschränkungen gebräuchlicher – und selbst das waren für die damalige Zeit Spitzenwerte. Bei der Premiere des Amiga am 23. Juli 1985 war Debbie Harry, Musikerin und langjährige gute Freundin von Warhol dabei, damit er ein live aufgenommenes Bild von ihr vor laufender Kamera nach seiner Art am Amiga verfremdete.

Amiga-Entwickler R. J. Michael erinnerte sich: Er und Jeff Bruette baten ihn vor der Präsentation darum, auf keinen Fall den Füllmodus zu verwenden, da er in den Generalproben mehrfach den Rechner zum Absturz brachte. Ausgerechnet die Funktion nutzte Warhol mehrfach, was die Entwickler Blut und Wasser schwitzen ließ, aber zum Glück ohne Absturz funktionierte. Er schuf ein Kunstwerk auf einer Bühne.

Screenshot aus der Amiga-1000-Präsentation: Das von Andy Warhol verfremdete Bild von Debby Harry.

(Bild: Amiga / Reupload auf Youtube)

Auch nach der Präsentation nutzte Warhol den Amiga: In seinem Nachlass befanden sich ein Amiga 1000 sowie mehrere Disketten. Ein Teil davon wurde 2014 aufwendig ausgelesen.

Ein Journalist der Amiga World fragte Warhol 1986, was ihm am Amiga gefalle und ob Computertechnik Künstler pushen werde. "Am meisten gefällt mir an der Kunst am Computer, dass sie wie meine Arbeit aussieht. Das ist das Beste daran. [...] Ein Künstler kann wirklich das ganze Ding machen. Eigentlich kann er einen Film machen, in dem alles drin ist, Musik und Ton und Kunst ... alles."

In den geretteten Disketteninhalten befand sich auch ein Kurzfilm. Auf einer Diskette war die Animation, auf einer anderen Diskette der Ton. Im Jahr 2006 wurde er als Weltpremiere im Museum of New Art (MONA) gezeigt.

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Am 27. Mai 2021 kamen fünf Non-Fungible Token (NFT), die zu Warhols Amiga-Werken gehören, unter den Hammer: Zwei verfremdete Selbstporträts, eine gezeichnete Campbell-Dose, eine typische Warhol-Blume sowie eine Banane. Die Pixel-Werke brachten in der Auktion 3.377.500 US-Dollar ein, Kritiker wendeten jedoch ein, dass da keine NFTs der Original-Bilder angeboten wurden, sondern hochskalierte Nachbearbeitungen.

2024 ist das nächste Kunstwerk im Zusammenhang der Amiga-Präsentation aufgetaucht: Debbie Harry meinte einmal, dass von der Premierengrafik zwei Kunstdrucke hergestellt worden seien – eins davon ging an sie. Nun meldete sich der andere Besitzer: Jeff Bruette aus Delaware, der Commodore-Entwickler, der Warhol die Funktionsweise des Amigas gezeigt hatte. Er möchte nun den Kunstdruck mit signierter Diskette dem Kunstmarkt zur Verfügung stellen. Spekuliert wird über einen Verkaufspreis von 26 Millionen Dollar. Nicht gerade wenig für eine Amiga-Grafik.

(mawi)