Zahlen, bitte! 327 Bahnkilometer Schnellfahrstrecke von Nord nach Süd
Die Bahntrasse Hannover-Würzburg ist die erste und bis heute längste Schnellfahrstrecke Deutschlands und Rekordhalterin der schnellsten ICE-Bahnfahrt.
Wenn man heute mit der Bahn von Norden nach Süden reisen will, dann geht es über Hannover sehr schnell: In nur etwa zwei Stunden erreicht man mit dem ICE bereits Würzburg. Um diese schnelle Fahrt zu ermöglichen, musste sich die Deutsche Bahn anstrengen: Mit 327 Kilometer Länge wurde mit der Trasse Hannover - Würzburg die größte Schnellfahrstrecke Deutschlands geschaffen, die später sogar zu einer Rekordfahrt einlud.
Unter einer Schnellfahrstrecke versteht der Bahnkundige Trassen, die durch ihre baulichen Eigenschaften für eine Zuggeschwindigkeit von mindestens 200 km/h zugelassen sind. Um diese Geschwindigkeiten zu ermöglichen, sind zum Beispiel höhere Gleisabstände, sowie größere Bogenradien erforderlich. Dabei kann es sich entweder um eine ausgebaute Bahnstrecke, oder eine Neubaustrecke handeln.
Entlastung der bisherigen Trassen
Um durch eine schnelle Neubaustrecke bestehende Trassen zu entlasten, wurde Ende der 1960er-Jahre im "Ausbauprogramm für das Netz der Deutschen Bundesbahn" Schnellfahrstrecken eingeplant. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung war dabei eine Strecke von Hannover nah Gemünden am Main von höchster Priorität.
Wie dringlich eine Entlastung war, erkennt man an den Zahlen: Bis Ende der 1970er fuhren an Werktagen 160 Züge zwischen Hannover und Würzburg – bei einer eigentlich technisch und wirtschaftlich vertretbaren Obergrenze von 120.
Erste neue Bahnstrecke seit 1879
Somit entschied man sich für eine gänzliche Neuplanung, knapp 100 Jahre nach der letzten neuen Fernstrecke in Deutschland, die 1879 zwischen Rheine und Oberhausen eröffnet wurde. Am 10. August 1973, also auf den Tag genau vor 48 Jahren begannen in Laatzen die ersten Arbeiten für den Neubau. Da man nicht nur schnellen Personenfernverkehr, sondern die Nutzung von rund 1000 Tonnen schweren Güterzügen ermöglichen wollte, sollten Steigungen 1,25 % nicht übersteigen. Nur so konnten auch Güterzüge diese nach einem Halt erklimmen. Die Abstände, Radien und Gleisgegebenheiten sollten aber natürlich auch Hochgeschwindigkeiten ermöglichen.
Nicht nur die Anforderungen der Zugarten, sondern auch die topographischen Gegebenheiten durch viele Berge und Täler auf dieser Strecke machten enorme Anstrengungen erforderlich: Als am 2. Juni 1991 die Strecke durch eine ICE-Sternfahrt ab Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe eröffnet wurde, führte die gesamte Strecke über 49 Brücken (davon 43 Talbrücken) und 61 Tunnel.
Die Fahrstrecke führt von Hannover über Nörten-Hardenberg bis zum nächsten Halt in Göttingen. Von da aus über Lutterberg zum nächsten Halt nach Kassel-Wilhelmshöhe. Weiter geht es über Mühlbach und Hattenbach nach Fulda. Dann über Rohrbach zum Würzburger Hauptbahnhof. Teile der Streckenführung ähneln die der Bundesautobahn 7, sowie der Bundesstraße 27. Sie unterbietet die bisherigen Bahn-Trassen zwischen Hannover und Würzburg um ganze 35 Kilometer.
Ein Drittel Fahrstrecke über Tunnel
Die Fahrstrecke führt in über 121 Kilometern durch Tunneln. Zum Vergleich: Insgesamt existieren in Deutschland 456 Kilometer Bahntunnel. Somit besteht die Fahrstrecke allein aus über ein Drittel Röhren, was einerseits technisch eine Meisterleistung darstellt, die Fahrt aber auch bisweilen ziemlich eintönig macht. Viele Pendler kennen die Geschichten des Gesprächsabbruchs, wenn man seine Lieben anrief und mal wieder im Tunnel die Telefonverbindung am Gestein zerschellte. Der Landrückentunnel (10.779 Meter), sowie der Mündener Tunnel (10.525 Meter) sind dabei die längsten Tunnel und das nicht nur auf der Strecke, sondern insgesamt in Deutschland.
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Die schnellen Gleise wurden pünktlich fertig für den damals nagelneuen Intercity-Express. Der kann unter bestimmten Bedingungen mit bis zu 280 km/h auf der Strecke fahren. Noch vor der Einführung des ICE holte der Prototyp InterCityExperimental am 1. Mai 1988 auf einen für diesen Rekord angepassten Streckenabschnitt einen Rekord: Mit 406,9 km/h erreichte das Versuchsfahrzeug die bis dahin höchste Geschwindigkeit eines Rad-Schienenfahrzeugs weltweit. Der Rekord wurde im Dezember 1989 durch einen französischen TGV mit 482,6 Km/h wieder nach Frankreich geholt. Der TGV in der Version Avelia Euroduplex könnte dem ICE auf der Strecke demnächst Konkurrenz machen.
Von 1991 bis 2020 wurden über 435 Millionen Fahrgäste über diese Strecke befördert. Und seit 2019 wird die bis heute größte Schnellfahrstrecke in Deutschland saniert. Dabei sind zwei der vier Abschnitte bereits fertig, die Planungen der anderen beiden Sanierungsschritte reichen in das Jahr 2023. Unter anderem will die Bahn neue Weichen-Sensoren installieren, um frühzeitig Reparaturbedarf zu erkennen, bevor es zum Ausfall und dadurch zu Störungen im Betrieb kommt. Sofern nicht Streiks um bessere Arbeitsbedingungen den Betrieb eh einstellen.
Baustart: 10. August 1973
Eröffnung: 2. Juni 1991
Gesamtlänge: 327 Kilometer, davon:
- Niedersachsen: 133 Kilometer
- Hessen: 135 Kilometer
- Bayern: 59 Kilometer
Kosten:
11,9 Milliarden D-Mark (etwa 6,1 Mrd Euro)
Personenverkehr:
- 110 Fernzüge pro Tag
- 42.000 Reisende pro Tag
- etwa 40.000 Fernzüge pro Jahr
- 15,5 Mio Reisende pro Jahr
Güterverkehr:
- circa 26 Züge pro Tag
- 37.460 Bruttotonnen pro Tag
- 9.490 Züge im Jahr
- 13,7 Mio Bruttotonnen im Jahr
Erneuerung der Abschnitte:
1. Abschnitt Hannover-Göttingen:
Juni bis Dezember 2019
2. Abschnitt Göttingen-Kassel:
April bis Juli 2021
3. Abschnitt Fulda-Würzburg
Für 2022 geplant
4. Abschnitt Kassel-Fulda
Für 2023 geplant
Darin Erneuerung von:
- 557 Kilometer Gleisen
- 235 Weichen
- Rund 700.000 Schwellen
- 1 Mio Tonnen Schotter
(mawi)