Es war einmal

Märchen beginnen alle mit den gleichen Worten. Für die Geschichte des Computers eignet sich dieses klassische Zitat allerdings nicht. Und auch die ‘lange, lange Zeit’ ist nicht wirklich glaubwürdig, da die ersten funktionierenden Rechenknechte gar noch jünger sind als das Automobil.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Torsten Beyer
  • Kersten Auel
Inhaltsverzeichnis

Bevor aber vom Computer und seinem Werdegang die Rede sein soll, noch einige Nachträge zum Roboterartikel. Zunächst eine Warnung: Die Bestellung einer Ware aus dem Ausland ist einfuhrumsatzsteuerpflichtig. Gern hält da Herr Lafontaine neben dem Spieleladen die Hand auf.

Zum zweiten haben sich diverse Studenten darüber geärgert, daß ‘schon wieder’ das MIT als Meßlatte diente. O. k., ich sehe ein, das war nicht ganz fair. Mittlerweile ist mir bekannt, daß auch an deutschen Unis eine muntere Bande von Robotern nebst ihren Müttern und Vätern ihr Unwesen treibt (siehe die Ergänzungen). Aber liebe Leute, warum findet man Euch nicht? Warum macht Ihr (oder fairerweise Eure Professoren) nicht ein bißchen mehr Aufhebens um Euch? Klar kochen die anderen auch nur mit Wasser - aber sie färben’s bunt ein, damit man es sieht!

Nun aber zurück in die Mottenkiste der Geschichte. Aufmerksame Leser wissen es längst: ich mag Macs. Darum kommt hier zunächst ein Link zu einer Website, die sich der Apple-Geschichte widmet. Volkmar Friauf (http://www.koeln.netsurf.de/~Volkmar.Friauf/applepast/) hat Memorabilien und Kuriosa aus dem bunten Leben der Firma Apple zusammengetragen. Gerade an letzterem ist die Geschichte dieses Unternehmens besonders reich. Der staunende Leser kann dort Bilder eines Apple I aus dem Jahre 1976 bewundern und erfährt, daß dessen Durchbruch mit der Bestellung von fünfzig Exemplaren zum Preis von 500 US-$ kam. Bei Herstellungskosten von 250 $ ermittelt der mathematisch Begabte rasch einen Bruttogewinn von 12 500 $. Nicht schlecht für den Anfang.

Über den Apple II und seine Anverwandten erfährt man lediglich, daß Volkmar noch an der Geschichtsschreibung arbeitet. Interessant für Byte-Historiker ist zweifellos die Abteilung Lisa. Der erste ‘berühmte’ Rechner mit grafischer Oberfläche und Maus, so lernt man, hat die sagenhafte Entwicklungszeit von vier Jahren (1979 bis 1983) verschlungen, kostete 9995 $ und wurde kurze Zeit später vom Mac eingeholt, der für ‘nur’ 2000 $ über den Ladentisch ging. Die letzten 2700 Lisas hat Apple - und das ist wahrscheinlich einzigartig in der Geschichte des bemannten Computerbaus - auf einem Acker im Bundesstaat Utah vergraben. Was tut man nicht alles, um einen alten Rechner von der Steuer abzuschreiben …

Genau richtig sind Spielernaturen bei Dot Eater, der die Geschichte der Videospiele von der Steinzeit bis heute zusammengetragen hat. Die Historie dieser Gerätschaften ist nicht minder kurios als die von Apple. Der ungläubige Leser erfährt zum Beispiel, daß der Urahn von Pong (o. k., jetzt richte ich mich mal an die über 35jährigen :-) bereits 1958 von einem Physiker mehr oder weniger nebenbei ersonnen und NICHT patentiert wurde. Dumm gelaufen, sagt man in meinem Teil Deutschlands zu solchen Fauxpas.

Auf der selben Site finden sich die ältesten Zeugnisse menschlichen Computerinfantilismus’. Bilder von Ataris ersten Spielecomputern und einiges an Hintergründen runden diesen Teil der Steinzeit ab.

Weiter geht es in die Neuzeit. Doteater läßt praktisch nichts aus, was gut und teuer war, und viele Erinnerungen an verpatzte Highscores tauchen aus der Verdrängung auf.

Daneben gibt es auch dort eine Geschichte der Heimcomputer, wo selbst so lang vergessene Gerätschaften wie der Sinclair oder der TRS-80 zu neuem Leben erweckt werden. Alles ist wunderschön aufgemacht und mit reichlich Bildern und zum Teil verblüffenden Artefakten. Und auch der einstmals so berühmte VC-20 findet seinen Platz zwischen den Silikonfossilien. Auf jeden Fall nimmt diese Seite einen Ehrenplatz in meiner Bookmark-Liste ein.

Wenn die Liebe zum alten ZX80 wieder aufflammt, die Kiste aber längst wegsedimentiert ist, helfen entsprechende Emulatoren. Damit steht der Entdeckung der Langsamkeit nichts mehr im Wege.

In einem ebenfalls nett gemachtem Fossiliarium stehen neben Exoten vor allem die alten Stars von Atari bis Sinclair im Vordergrund. Außerdem präsentiert man eine Liste aller Exponate des Computermuseums. Sogar Bilder vom Dataphon s21d, der einstmaligen Hochgeschwindigkeitsauffahrt auf die Datenautobahn, finden sich dort. Für Jüngere: das war ein Akustikkoppler mit sagenhaften 1200 Baud (oder gar schon 2400?). Akustikkoppler waren biegsame, klobige Dinger, die mit Hilfe von Weckgummis und Tape so an einem Telefonhörer festgemacht wurden, daß die meisten Pfeiftöne beim Empfänger ankamen. Wer also seinen Kindern mal zeigen will, wie Papa sich früher Bits erkämpft hat …

Hat jetzt jemand nach soviel Nostalgie den alten Kasten hinterm Schreibtisch mit dem 4-Bit-Prozessor mal wieder eingeschaltet, findet er auf der Homepage für 8 Bit-Computer und Videospiele gleichgesinnte Transistoriker (o. k., ab 8 Bit). Neben einigen weiteren Fossilien aus dem prägatesschen Computerzeitalter gibt es dort einen Flohmarkt, für den Fall, daß mal Teile verbrennen oder die Cola so fest in der Tastatur klebt, daß man sie austauschen muß (das Keyboard, nicht die Cola).

Wenn die Begeisterung für alte Bytes kein Halten mehr kennt und die eigene 8-Bit-Web-Seite her muß, dann gehört sie auch in den 8-Bit-Webring.

Und nicht zu vergessen: es gab da noch die Welt hinter dem eisernen Vorhang (aus der subjektiven Perspektive eines Wessis gesprochen), in der eine lebhafte und ungemein kreative EDV-Industrie und -Szene ihr Wesen trieb. Wer sich ein Bild von dem machen möchte, was trotz Cocom-Liste (oder wahrscheinlich gerade deswegen) an Computern gebaut und programmiert wurde, werfe mal einen Blick auf die Computerszene der DDR. Von dort führen auch Links zu weiteren Liebhaberseiten in puncto DDR-Rechner. Leider habe ich nirgends Infos zum einzigen DDR-System finden können, das ich je benutzt habe und das auf den Namen Z8000 hörte (wenn ich mich nicht irre) und unter Unix lief (System III war’s, glaube ich). Wer hierzu Infos hat, sei so nett und trage sie in die Online-Version dieser Geschichtsbewältigung ein.

Feste werden gefeiert, wie sie fallen. Das dachten sich auch ein paar Angestellte der Universität von Manchester und haben den fünfzigsten Jahrestag ihres ‘Baby’ zum Anlaß für eine Online Celebration genommen. Wie nachzulesen ist, hat am 21. Juni 1948 Manchesters Small Scale Experimental Machine als erster Computer weltweit erfolgreich ein Programm ausgeführt, dessen Instruktionen im RAM enthalten waren. Selbst Visionäre haben sicher nicht damit gerechnet, daß ein halbes Jahrhundert später PCs mit 64 MByte Hauptspeicher bei Aldi auf dem Grabbeltisch zu haben sein würden.

Bei all den alten Bildern kommt schon etwas Wehmut auf. Früher gab es zwar nicht so viele Abkürzungen, aber irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, daß damals mehr Vielfalt und Kreativität herrschte als in einer Welt, in der Computer automatisch Wintel meint … (ka)