Streit um Oracles Lizenzbedingungen eskaliert
Eine französische Anwendervereinigung wirft Oracle vor, Kunden seiner Datenbank mit unzumutbaren Lizenzbedingungen mutwillig zu düpieren. Laut einer Umfrage plant ein Großteil der Unternehmen in Europa, die Software abzulösen.
Die französischen IT-Anwendervereinigungen CIGREF und EuroCIO haben ihrem Ärger über Oracles Lizenzpolitik Luft gemacht und werfen dem Konzern vor, die Beziehung zu seinen Kunden und deren Interessenvertretungen durch Untätigkeit zu ruinieren. In einer Pressemitteilung (englische Übersetzung als PDF) legen die Geschäftsführer beider Verbände dar, dass Oracle auf eine Anfrage vom Februar 2016 bis heute nicht geantwortet habe. Darin hatte man das Unternehmen gebeten, sich mit VMware wegen der aus Kundensicht unhaltbaren Lizenzbedingungen für den Betrieb der Datenbank in virtuellen Umgebungen ins Benehmen zu setzen.
Nach Oracles Verständnis muss eine Datenbankinstanz in einer virtuellen Maschine nicht die darin genutzten virtuellen Prozessoren lizenzieren, sondern sämtliche CPUs der gesamten virtuellen Umgebung, im Fall von VMware eines Virtual Center. Da solche Cluster aus Virtualisierungs-Hosts mitunter Dutzende oder gar hunderte CPUs enthalten können (seit vSphere 6 dürfen VMware-Cluster sogar über Rechenzentrumsgrenzen hinausreichen), würden bei den Kunden horrende Lizenzgebühren anfallen. Zahlt ein Kunde hingegen nur für die tatsächlich verwendeten CPUs der Datenbankinstanz, riskiert er bei einer Lizenzprüfung durch Oracle Nachzahlungen.
Umfrage soll Trend zur Abkehr von der Oracle-Datenbank belegen
CIGREF, dem über 140 große französische Unternehmen angehören, und sein für europäische Unternehmen offener Ableger EuroCIO (in dem auch die deutsche IT-Anwendervereinigung VOICE vertreten ist) verurteilen in ihrer Mitteilung die Ignoranz Oracles gegenüber den Nöten ihrer Mitglieder als nicht hinnehmbar und verweisen auf eine (nicht repräsentative) Umfrage von EuroCIO aus dem Jahr 2016, nach der von über 100 befragten europäischen IT-Verantwortlichen etwa drei Viertel unzufrieden mit den Bedingungen seien und bereits die Hälfte den Ausstieg aus der Nutzung der Oracle-Datenbank in Angriff genommen habe.
Unzureichender Workaround in Deutschland
Die Deutsche ORACLE-Anwendergruppe e.V. (DOAG) hatte 2016 mit dem Datenbankhersteller ausgehandelt, dass virtuelle Oracle-Instanzen in einem separaten Netz lediglich die tatsächlich genutzten vCPUs lizenzieren müssen. Dieses VLAN-Approval genannte Verfahren ist jedoch mit bürokratischen Hürden versehen, da Kunden unter anderem ihre Netzstruktur dokumentieren und Oracle vorlegen müssen. Dieser Workaround sei nur für einzelne Kunden eine vorübergehende Lösung, so Michael Paege, Leiter des Competence Center Lizenzierung und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DOAG. Diese Lösung sei nicht allgemeingültig, sondern müsse stattdessen bei jedem einzelnen Kunden genehmigt werden.
Die Erfahrung habe auch gezeigt, dass sie meist nicht kostenlos sei, weil man nur in den seltensten Fällen das VLAN-Approval erhalte, ohne dass man zusätzlich etwas bei Oracle kaufe, so Paege. Die DOAG sieht laut Paege trotz vieler Gespräche und Vorschläge keine Lösung und vermutet, dass Oracle seine Kunden hinhalten wolle. Den sinkenden Einnahmen mit Lizenzen aus dem klassischen Datenbankgeschäft stehen in Oracles Bilanz neuerdings Gewinne aus Cloud-Angeboten gegenüber. Oracle Deutschland wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Vorgang äußern. (tiw)