Auf dem Weg zur Quantenpunkt-Kamera

Das Start-up InVisage will mit einer neuen Sensortechnik Handy-Kameras deutlich bessere Bilder entlocken. Firmengründer Ted Sargent gibt sich im TR-Interview optimistisch, dass erste Geräte 2011 auf den Markt kommen.

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Das Start-up InVisage will mit einer neuen Sensortechnik Handy-Kameras deutlich bessere Bilder entlocken. Firmengründer Ted Sargent gibt sich im TR-Interview optimistisch, dass erste Geräte 2011 auf den Markt kommen.

Sargent ist neben seinem Job als Technikchef bei InVisage Professor für Nanotechnologie an der Universität Toronto. Er gilt als Pionier auf dem Gebiet der Nutzung von Quantenpunkten.

Technology Review: Herr Sargent, was für Probleme sehen Sie mit der heutigen Generation von Handy-Kameras?

Ted Sargent: Die aktuelle Technik stellt nur einen Kompromiss dar. Auf der positiven Seite sind die Bildsensoren zwar klein und erlauben uns deshalb, stets eine Kamera dabei zu haben. Negativ ist aber, dass die Geräte für ihre marginale Bildqualität berühmt sind. Das liegt daran, dass Silizium-Bildsensoren mit sehr kleinen Bildpunkten verwendet werden. Große Teile der Fläche werden von winzigen Drähten bedeckt. Außerdem bedeutet Silizium als Photodetektor, dass es nur eine schwache Lichtabsorption gibt. Silizium ist zwar ein toller Halbleiter für Elektronik, aber für Bildaufnahmen ist es nicht optimiert. Das Ergebnis ist ein Bildsensor, der 75 Prozent des Lichtes wegwirft.

TR: Was soll Ihre Technik daran ändern?

Sargent: Unser neues Material namens QuantumFilm soll den Status Quo beenden. Es handelt sich dabei um ein lichtempfindliches Material, mit dem wir einen Silizium-Wafer beschichten können. 100 Prozent der Fläche jedes Bildpunktes absorbiert Licht – wir haben damit also eine Fülldichte von 100 Prozent. Das Material ist außerdem speziell darauf abgestimmt, Licht besonders stark zu absorbieren – nur ein sehr geringer Teil des Spektrums des sichtbaren Lichts durchdringt es. Das Ergebnis ist eine Vervierfachung bei der Lichtaufnahme durch den Sensor im Vergleich zu reinen Silizium-Techniken.

TR: Sie setzen dabei auf Quantenpunkte. Können Sie das Verfahren näher erläutern?

Sargent: Quantenpunkte sind Halbleiterpartikel, die wir in einem Lösungsmittel verteilen. Es ergibt sich ein Kolloid, das wie ein Farbstoff aussieht. Wenn man damit eine Oberfläche beschichtet, ergibt sich ein dünner, glatter Film. Wir haben es also mit einem stark lichtabsorbierenden Material zu tun, das aus einem dichten Array von Quantenpunkten besteht, die sehr eng in einer Matrix zusammenstecken.

TR: Wie weit ist Ihr Prozess fortgeschritten? Weit genug, um ihn schon in echten Handys einzusetzen?

Sargent: Ausgewählten Kunden werden wir Ende 2010 erste Muster übergeben. Der Herstellungsprozess soll dann in der ersten Jahreshälfte 2011 mit unserem Produktionspartner TSMC hochgefahren werden. Dann beginnt die Massenproduktion und Ende 2011 kann die Auslieferung starten.

TR: Sie nutzen Halbleiter-Nanopartikel in einem nichtleitenden Film. Wie ist dabei der Ladungstransport möglich?

Sargent: Die Nanopartikel sind derart dicht gepackt, dass Elektronen und Elektronenfehlstellen effizient zwischen nebeneinanderliegenden Nanopartikeln transportiert werden.

TR: Wie werden die notwendigen drei Farbschichten selektiv belichtet?

Sargent: Unser erstes Produkt besteht aus einer einzelnen QuantumFilm-Schicht ohne Muster. Die wird dann mit einem Farbfilterarray versehen, der dem Ganzen Farbe verleiht.

TR: Ihr Chef, InVisage-CEO Jess Less, meint, dass Silizium bei Kamerasensoren am Ende der Fahnenstange angelangt sei. Sehen Sie das auch so?

Sargent: Auf jeden Fall. Durch die stetige Verkleinerung der Bildpunkte, um mehr Megapixel auf einen kleinen Chip zu packen, werden die bekannten Probleme wie Fülldichte und schwache Lichtabsorption immer deutlicher. Unsere Roadmap zeigt dagegen weit in die Zukunft. Neben der deutlichen Verbesserung der Empfindlichkeit sollen auch neue Funktionen in die Handy-Kameras integriert werden, die man bisher nur von Profiausrüstung kannte.

TR: Es gibt aktuell sehr interessante Entwicklungen bei Digitalkameras – verbesserte HD-Darstellungen beispielsweise, die auch für Video genutzt werden können. Kann QuantumFilm das auch?

Sargent: Davon gehen wir aus. Video ist sicher ein Bereich, in dem wir eine deutliche Leistungsverbesserung erzielen können werden, bei gleichzeitig kleinem Formfaktor. (bsc)