Blick ins Heft c't 24/2023: So kaputt ist E-Mail

Die E-Mail ist im Grunde ein kaputtes System, aber das beste, das wir haben. Die Überwachungsindustrie lobbyiert in der EU kräftig für die Chatkontrolle.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Ann-Kristin Repp
Inhaltsverzeichnis

Hallo aus Hannover,

wenn Sie, wie ich vor ungefähr 20 Jahren als Jungredakteurin, auch schon mal eine peinliche „Antwort an alle“ verschickt haben, kann ich Ihnen nur unseren aktuellen Schwerpunkt über das kaputte System E-Mail ans Herz legen. Zugegeben, die Erinnerung an damals schmerzte zunächst ein wenig. Aber dann die befreiende Erkenntnis: Es lag an der Technik, nicht an mir. Der Fehler liegt im System. Man muss quasi ein Genie sein, um nicht in die unzähligen Fallen zu tappen, die sich bei dem Wust an Re-Fwd-BCC-CC-Optionen zwangsläufig auftun.

Weniger beruhigend finde ich allerdings die Entwicklung, dass sich auch die Mail-Infrastruktur mehr und mehr zentralisiert, sowohl auf Server- als auch auf Clientseite. Viele Firmen betreiben aus Kostengründen keine eigenen Mailserver mehr, sondern beauftragen Google und Microsoft. Mails werden zunehmend auf dem Handy über die vorinstallierten Clients gelesen, viele Projekte für den Desktop wurden eingestellt, es dominieren Microsoft Outlook, Apple Mail und das immer wieder auf der Kippe stehende Mozilla Thunderbird. Wie man mit den Mängeln von E-Mail leben lernt, einen eigenen Server betreibt, die alternativen Clients zum eigenen Vorteil nutzt und welche alternativen Mail-Provider empfehlenswert sind, erklären meine Kollegen in der aktuellen c’t.

Für mich ist das zumindest Anlass, mein kleines privates Projekt wieder anzugehen: den Umzug meiner aus Bequemlichkeit genutzten werbefinanzierten Mail-Postfächer auf einen der datenschutzfreundlichen Anbieter in Deutschland: Mailbox.org oder Posteo.

Mit neuen Simulationsalgorithmen rüstet die europäische Raumfahrtorganisation ESA ihr Space-Safety-Programm nach. Damit wächst die Vorwarnzeit, was Satelliten bessere Chancen gibt, Trümmern rechtzeitig auszuweichen und sich vor Sonnenstürmen zu schützen.

Haben, haben, haben war gestern. Vielen steht der Sinn nach: leasen, mieten, abonnieren. Die Technikmiete verspricht mehr Flexibilität und verhindert verstopfte Regale durch nutzlos angehäufte Konsumgüter. Wir haben geschaut, was hinter dem Trend zur Flatrate steckt.

Die ersten Raspberry Pi 5 sollen in diesen Oktobertagen ausgeliefert werden, aber manches Zubehör wie der M.2-SSD-Adapter kommt erst 2024. Wir haben mit unserem Raspi-Muster experimentiert und interessante Dinge herausgefunden.

Die Mixed-Reality-Interessierten warten auf die für nächstes Jahr angekündigte Apple Vision Pro, da wagt sich der Facebook-Konzern Meta mit seinem Headset Quest 3 auf den Markt. Im c’t-Test musste es zeigen, ob es als preisgünstigere Alternative punkten kann.

Apples Smartphones von 2023 wiegen minimal weniger als die Vorgänger, fotografieren mit 48 Megapixel und laden mit USB-C. Die Pro-Modelle haben einen Gehäuserahmen aus Titan, das Pro Max glänzt mit einem Fünffach-Tele. Lohnt sich der Umstieg?

Über die Jahre wächst bei vielen Musikenthusiasten eine lokale, liebevoll gepflegte Audiothek aus digitalisierten CDs und LPs. Darauf möchten sie per Mobilgerät und PC zugreifen, gern auch von unterwegs. Wir haben fünf Medienverwaltungen getestet.

Lesen bildet, so eine landläufige Meinung. Doch wenn Maschinen Millionen von Webseiten und Hunderttausende Bücher verschlingen, werden sie nicht unbedingt schlauer, wie ein Blick ins Bücherregal der künstlichen Intelligenzen zeigt.

Eine speziell für jüngere Schüler entwickelte Unterrichtsreihe vermittelt grundlegendes Wissen über künstliche Intelligenz und neuronale Netze. Dafür ist lediglich eine frei zugängliche Webanwendung nötig, die sich auch daheim im Browser nutzen lässt.

Coole Anzeigen werten das smarte Heim auf und präsentieren spannende Daten – etwa die Leistung der Solaranlage. Ulanzis TC001 ist eine Pixelclock mit 256 LEDs, die genau das kann, und dank der Firmware Awtrix Light sogar ohne Cloud. Wir zeigen Installation, Einrichtung und Betrieb.

Die Chatkontrolle ist einfach nicht totzukriegen. Vor zwei Jahren beschäftigte ich mich erstmals intensiv mit dem Thema und den Algorithmen, weil Apple eine angeblich privatsphärewahrende Technik für iOS vorstellte: Sie sollte Fotos auf Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder scannen, bevor sie in die iCloud hochgeladen werden. Doch selbst Strafverfolger gaben zu bedenken, dass solche Mechanismen, die die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung schwächen, ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko darstellen: nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Staaten und die Gesellschaft. Nach Protesten von Forschern, Sicherheitsexperten und Datenschützern ruderte Apple zurück, aber Begehrlichkeiten blieben. Insbesondere die EU-Kommissarin Ylva Johansson macht sich seitdem für eine EU-weite Einführung stark.

Nun enthüllen "Die Zeit" und andere europäische Medien, wie stark die US-amerikanische Überwachungsindustrie hinter den Kulissen versucht, Johansson und andere Entscheider zu beeinflussen. Die Recherchen belegen, was gerne als reflexartig vorgebrachtes Argument anarchistisch veranlagter Nerds verunglimpft wurde: Einige einflussreiche Akteure, die sich vorgeblich für die Opfer einsetzen, wittern das große Geschäft und verfolgen eine klare Strategie. Erst instrumentalisieren sie die Kinder, dann soll die Technik – wenn sie nun schon mal da ist – Terroristen auf öffentlichen Plätzen aufspüren, später speisen die Daten ganz generell Predictive-Policing-Systeme und so weiter.

Nun ist nichts dagegen einzuwenden, Technik zur Kriminalitätsbekämpfung einzusetzen. Aber nicht diese Technik. Denn sie macht Systeme unsicher, setzt zu viele Unschuldige einer anlasslosen Überwachung (und zu oft auch einem unbegründeten Verdacht) aus und verbietet sich wegen ihrer unverhältnismäßig hohen Risiken allein schon aus statistischen Gründen, wie Gerd Gigerenzer in seinem Blog "Die Unstatistik des Monats" schon vor einem Jahr ausführte. Insbesondere bescheinigt er den politischen Entscheidungsträgern mangelnden Sachverstand, weil sie sich der Brisanz der Falsch-Positiv-Problematik bei anlassloser Massenüberwachung noch immer nicht bewusst seien.

Als meine Kollegin Dorothee Wiegand Apps zum Teilen von Kosten testete, konnte ich mit dieser Softwaregattung erst mal nicht viel anfangen. Ich wohne nicht mehr in einer WG und in der Familie fließt das Geld meistens nur in eine Richtung, nämlich von uns Eltern weg zu den Kindern. Doch seit einem wunderbar entspannten fünftägigen Mountainbike-Tripp ins italienische Monte-Grappa-Massiv bin ich Fan. Gleich am ersten Abend war klar: Wenn 13 Leute im Restaurant einzeln zahlen wollen, sind wir am nächsten Abend keine gern gesehenen Gäste mehr.

Die Lösung war Splid, in das jeder seine Ausgaben und Anteile eintrug, am Ende waren es um die hundert Einzelposten. Was dann passiert, ist einfach magisch: Ein Druck auf "Abrechnen", und der Optimierungsalgorithmus findet eine Lösung mit minimaler Anzahl an Transaktionen: Fast jeder musste nur an einen einzigen Empfänger Geld überweisen.

Welche Apps es gibt und was sie können, verrät unser Artikel in c’t. Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie genau der Algorithmus funktioniert.

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(atr)