Die Woche: Kaufrausch

Seite 2: Open Source und das Recht am Code

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Ähnlich wertvoll wie das Know-how der Entwickler dürften die Rechte am Code sein. Xen und Lustre stehen unter GPL, Zimbra und Scalix unter MPL – beides Lizenzen mit Copyleft-Effekt, die verlangen, dass man Änderungen am Code wieder als Open Source freigibt. Will also etwa Citrix eine modifizierte Xen-Version in seine Produkte integrieren oder Sun das Cluster-Dateisystem Lustre in Solaris , muss der geänderte Code als Open Source veröffentlicht werden – es sei denn, man ist der Besitzer des Copyrights: Der darf jederzeit eigene Versionen auch unter anderen Lizenzen veröffentlichen.

XenSource macht genau das, wenn das Unternehmen auf Basis des Xen-Hypervisors seine Virtualisierungslösungen entwickelt; Zimbra und Scalix bieten "bessere" Versionen ihrer Groupware mit zusätzlichen Features unter kommerzieller Lizenz an. Lustre wird in angepassten Versionen in Speicher-und Clusterlösungen integriert. Für ein Unternehmen, das mit einer Software mehr anfangen will als sie bloß zu nutzen oder zu vertreiben, ist weniger der Zugriff auf den Code unter den Bedingungen einer Open-Source-Lizenz entscheidend als vielmehr das Copyright daran: die Möglichkeit, damit tun zu können, was man will, ohne dabei fremden Lizenzbedingungen unterworfen zu sein.

Eine Software als Open Source zu entwickeln oder offenzulegen, entwertet also keineswegs das geistige Eigentum, wie immer wieder zu hören ist. Im Gegenteil: Es hilft, die Software populär zu machen und Interesse darauf zu lenken, gibt anderen Unternehmen die Möglichkeit, zu prüfen, was sich mit dem Code anfangen lässt – und lässt, sofern das Copyright beim Hersteller verbleibt, doch alle Möglichkeiten.

Wertet man den Verkauf eines Unternehmens für viel Geld (Citrix bezahlt für XenSource 500 Millionen US-Dollar, Xandros für Scalix 350 Millionen) als Erfolg, zeigen die Beispiele, was Open-Source-Firmen erfolgreich macht: Expertise in einem angesagten Bereich, ausgewiesen durch eine Software, an der man die Rechte hält. Nicht anders also als bei anderen Startups – nur, dass die offenen Quellen es anderen leichter machen, sich von der Expertise der Entwickler und der Brauchbarkeit der Software zu überzeugen.

Und was wird aus den Open-Source-Projekten, die zusammen mit den Firmen den Besitzer gewechselt haben? Citrix ist ein klassischer proprietärer Softwarehersteller, der offenbar kein großes Interesse daran hat, ein Open-Source-Projekt wie Xen zu weiterzupflegen – diese Aufgabe möchte man an ein firmenübergreifendes Konsortium abgeben. Sun, selbst Open-Source-Anbieter, wird Lustre wohl weiterlaufen lassen, geht mit den Rechten am Code aber möglichen Lizenzproblemen bei der OpenSolaris-Integration aus dem Weg. Auch Xandros hat keinen Grund, die Open-Source-Version von Scalix sterben zu lassen, schließlich setzt man als Linux-Anbieter sowieso auf Open Source. Und Yahoo kann mit einer eigenen Open-Source-Software ein bisschen Imagepflege gegenüber dem mächtigen Konkurrenten Google betreiben. (odi)