Die Woche: Mobile Zukunft

Für mobile Internetgeräte und Netbooks in Art des EeePC scheint Linux das System der Wahl zu sein – nicht zuletzt, weil Microsoft kein passendes Betriebssystem im Angebot hat. Kommt mit dieser neuen Geräteklasse für Linux der Durchbruch im Massenmarkt?

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Ob man sie nun wie Intel Mobile Internet Device (MID) nennt, Ultra Mobile PC (UMPC) à la Microsoft, Netbook oder einfach Mini-Notebook: Mobile Geräte zwischen Smartphone und Notebook scheinen der neue Trend zu werden, glaubt man den Produktvorstellungen auf der CeBIT und auf der Computex. Treibende Kraft dahinter ist der Prozessorhersteller Intel, der mit seinem neuen, sparsamen Atom-Prozessor die Kluft zwischen Embedded-Hardware und x86-PC-Technik überbrücken will.

Und wann immer von dieser neuen Geräteklasse die Rede ist, geht es auch um Linux: Intel-Chef Paul Otellini hat erklärt, dass sein Unternehmen Linux als zentralen Bestandteil in der Entwicklung der MIDs sieht. Im vergangenen Jahr hat Intel die Moblin-Initiative ins Leben gerufen, die die Linux-Entwicklung rund um Intel-basierte mobile Internetgeräte voranbringen soll.

Und tatsächlich scheint sich Linux für MIDs anzubieten: Der EeePC als erster Vertreter der Netbooks läuft mit einer angepassten Version von Xandros Linux. Canonical hat angekündigt, noch im Sommer einen speziellen "Netbook Remix" der populären Ubuntu-Distribution zu bauen. Allerdings verkauft Asus den EeePC inzwischen auch mit Windows XP, und Microsoft hat bereits erklärt, XP für "ultra-billige PCs" weiterhin anzubieten, obwohl man den Verkauf des Vista-Vorgängers ursprünglich bereits Anfang des Jahres, nach derzeitigen Planungen zum 30. Juni 2008 einstellen wollte. Aber Vista, das ist klar, taugt nicht für die neue Geräteklasse – zu schwach die Rechenleistung, zu schlapp die Grafik, zu gering die Display-Auflösung.

Windows XP, das zeigen die Tests von UMPCs in der c't-Redaktion immer wieder, ist allerdings auch nicht optimal für Geräte mit kleinen Displays – der kleine EeePC hat gerade mal 800 × 480 Bildpunkte, als Standard für die Netbooks scheinen sich 1024 x 600 Pixel zu etablieren. Da verschwindet der OK-Button manches XP-Dialogs jenseits der Display-Grenzen.

Linux hingegen lässt sich mit einem angepassten Desktop auch auf solchen Mini-Geräten verwenden, wie die EeePC-Version von Xandros, Ubuntu Netbook Remix oder auch die spezielle Bedienoberfläche des XO-Laptops der OLPC-Initiative zeigen. Hier erweist es sich als Vorteil, dass in Linux immer noch technische Design-Entscheidungen aus einer Zeit stecken, als leistungsfähige Hardware sehr teuer war, und dass der Desktop kein integrierter Bestandteil des Betriebssystems ist.

Im Microsoft-Angebot klafft eine große Lücke zwischen Windows Mobile, dem Betriebssystem für Embedded-Hardware wie Handys und Smartphones, und Vista, dem aktuellen Desktop-System. Die Auguren sehen das Unternehmen schon langfristig seine Position auf dem Markt verlieren, weil das nicht nur die neuen mobilen Internetgeräte trifft, sondern auch das wachsende Angebot an billiger Hardware für die "emerging markets" in Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika.

Natürlich ist Linux hier eine Alternative. Aber ob das ausreicht, um das freie Betriebssystem über die Netbooks und MIDs in den Massenmarkt zu bringen? Die Entscheidung Microsofts, Windows XP für solche Geräte weiter zu unterstützen, zeigt, dass man das Problem in Redmond bereits erkannt hat. Und Asus würde den EeePC sicher nicht mit XP anbieten, wenn es keine Nachfrage gäbe. Gut möglich, dass Microsoft bereits an einer Light-Version von Vista bastelt oder einem XP-basierten "Windows für Netbooks".

Die entscheidende Frage ist: Wie nehmen die Anwender die MIDs wahr? Als neuartige Geräteklasse, bei der – ähnlich wie bei Handys, Smartphones und PDAS – auch neuartige Bedienkonzepte akzeptiert werden? Oder eher als kleinen PC, der sich auch anfühlen soll wie der große PC im Büro? Von der Antwort der Käufer – und Anbieter – mobiler Internetgeräte hängt es ab, ob sich Linux bei den MIDs auf Dauer etablieren wird. (odi) (odi)