Handeln statt quasseln

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Handeln statt quasseln

Mittlerweile jagt mein Blutdruck zuverlässig hoch, sobald eine der zahllosen Pressemitteilungen oder Konferenzeinladungen zum Thema Green IT eintrifft. Die hierbei gebohrten Bretter werden zusehends dünner, weil man alle wichtigen Fakten seit Jahren kennt: Zwar kommen häufiger sparsame Geräte zum Einsatz, statt Desktop-Rechnern etwa Net- und Notebooks oder Smartphones, und erfreulicherweise wächst die Effizienz der Server-Hardware. Die Anzahl der Geräte nimmt jedoch rasant zu, Internet und Online-Dienste werden mehr und länger genutzt. Deshalb wächst der kumulierte Energie- und Ressourcenverbrauch von Endgeräten, Telekommunikationsnetzen und Rechenzentren. In Deutschland wird der Anteil der IT-Technik am gesamten Stromverbrauch auf über 10 Prozent geschätzt, weltweit soll ihr Energiebedarf die Größenordnung des Luftverkehrs bereits überschritten haben.

Jetzt, wo man das alles weiß, könnte man sofort handeln; stattdessen kauen selbsternannte Expertenrunden altbekannte Zahlen weiter durch und wägen Handlungsoptionen endlos ab. Sehr beliebt sind Diskussionen über geradezu größenwahnsinnige Vorhaben: Solarkraftwerke in der Sahara! Intelligente Stromzähler in jeder Wohnung! Elektroautos als rollende Energiespeicher! Wichtigster Vorzug solcher Megaprojekte scheint mir, dass sie in bequem ferner Zukunft liegen.

Das Dauerquasseln über Green IT verstellt den Blick auf unmittelbar realisierbare Maßnahmen. Viele simple Regelungen wirken prima, beispielsweise die verbindliche Energiebedarfskennzeichnung von Autos oder Haushaltsgeräten. Die technischen Hürden liegen niedrig, wie der endlich von der EU vorgeschriebene Standby-Grenzwert zeigt: Mit einem Watt kommen viele Computer und Peripheriegeräte nun locker aus - und hätten das schon vor Jahren schaffen können. Aus eigenem Antrieb taten die Hardware-Hersteller indes: nichts. Über die Energie-Etikettenpflicht für PCs, Monitore und Drucker wird seit Jahren beraten, den Versprechungen von Ex-Umweltengel Sigmar Gabriel folgte: nichts. Jeder Hersteller oder Händler könnte aber einfach auch die Leistungsaufnahme seiner Produkte auf die Verpackung schreiben; aber wer tut es? Na, Sie raten es schon.

Firmen handeln ausschließlich aus Profitstreben. Wird das Verschleudern begrenzter Ressourcen teuer, lohnt sich Umweltschutz für sie. Plötzlich klappt’s dann mit dem Sparen, wie die Betreiber großer Rechenzentren beweisen: Sie halten ihre Verfahren zur Effizienzsteigerung als Spezialwissen geheim, so wichtig sind sie heute für den Geschäftserfolg.

Auf den zahllosen Green-IT-Veranstaltungen treten Industrievertreter jedoch eher als Bremser auf: Bloß keine schärferen Regelungen oder klaren Vorgaben! Politiker reden gerne über das Thema, bringen aber selten wirksame Gesetze zustande. Die Anreise der Teilnehmer verursacht bei manchem Green-IT-Kongress wohl mehr schädliche Emissionen, als die Umsetzung der mageren Diskussionsergebnisse einspart. Also bitte: Nicht weiter quatschen, sondern jetzt einfach mal sparen! (ciw)