Kommentar: Die Bahn und das WLAN

Wieso bekommt man als Bahn-Vielfahrer allerlei Mumpitz, aber kein kostenloses WLAN? Das fragt sich TR-Redakteur Jens Lubbadeh.

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ICE

(Bild: dpa, Bernd Thissen)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh

Die Bahn tut allerlei, um Bahncard-Kunden mit tatsächlichen oder vermeintlichen Vorzügen zu locken. Stichwort Gamification: Man sammelt bei jedem Ticketkauf Prämienpunkte und Statuspunkte. Für beide gilt die einfache Rechnung: 1 Euro = 1 Punkt.

Jens Lubbadeh

Jens Lubbadeh ist seit 2012 Redakteur bei Technology Review. Ob Plastik im Meer, Sharing Economy, Neurotechnik oder Virtual Reality – er kann sich für die unterschiedlichsten Themen begeistern, in sie abtauchen und einige Zeit später mit einem Text darüber wieder an Land gehen.

Die Punkte kann man dann gegen Prämien eintauschen. Wer also beispielsweise gewaltige 1500 Euro im Jahr verfährt, kann sich stolz eine nicht ganz geschmackssichere Keramikspardose "ICE-Zugwagen", einen Monat umsonst die FAZ gönnen oder allerlei anderen mehr oder weniger nützlichen Krempel aus dem Katalog bestellen. Wobei fairerweise gesagt sein muss, dass die Nützlichkeit der Prämie mit der Höhe der nötigen Prämienpunkte korreliert.

Und dann gibt es die Statuspunkte, die eher psychologisch funktionieren. Denn ab 2000 Euro, pardon Punkten, bekommt man den auch mit einer extra Karte verbrieften „Comfort-Status“, darf sich also privilegiert fühlen. Dann darf man zum Beispiel in die heiligen Hallen der DB Lounges eintreten und sogar Unwürdige, pardon Begleitpersonen mitnehmen. Man darf auch bis kurz vor knapp einen Sitzplatz reservieren und dann auf den speziellen Comfort-Sitzen Unwürdige, pardon Nicht-Comfort-Status-Besitzer vertreiben. Dazu hat man dann das gottgegebene, pardon von der Bahn verliehene Recht. Als Comfort-Auserwählter genießt man auch Vorzüge bei Partner-Hotels und Partner- Mietwagenverleihern.

Nur eines genießt man bei der Bahn nicht: freies WLAN. Dafür muss man bitteschön extra zahlen, wenn man kein Telekom-Kunde ist. Egal ob man ein stinknormaler Bahnfahrer, ein 62-Euro-BC25, ein 255-Euro-BC50- oder ein 4090-Euro-BC100-Kunde ist. Zweiter Klasse wohlgemerkt. Die Besserfahrer aus der 1. Klasse bekommen es bald.

Und das ist so ziemlich das Ärgerlichste und Dümmste überhaupt, wie ich finde. Denn liebe Bahn, wenn du schon all diesen Punkte-Firlefanz veranstaltest, dann wohl doch nur, um das Bahnfahren Vielfahrern attraktiver zu machen. Und, liebe Bahn, hast du dich schon einmal gefragt, wer diese Vielfahrer eigentlich sind? Richtig, das sind überwiegend Berufspendler, die wahrscheinlich nicht aus Spaß am Zugfahren oder aus Begeisterung über die Toiletten ständig Zugfahren, sondern weil sie es müssen. Und was würden Berufspendler gerne im Zug tun? Die verlorene Zeit vielleicht sinnvoll nutzen? Mit Arbeiten zum Beispiel? Und, liebe Bahn, was braucht man heutzutage für die Arbeit in der Regel? Richtig, das Internet.

Also, liebe Bahn – wie wie wär's, wenn du als Prämien- oder Comfortleistung endlich einmal das Naheliegendste, Wichtigste und Selbstverständlichste bietest: kostenloses WLAN. Das gehört heutzutage so zur basalen Infrastruktur wie Toiletten. Und übrigens: Die Fernbusse kriegen das schon lange hin.

(Update vom 03.12.2014, 08:51 Uhr: Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder. Bahnchef Grube will WLAN fĂĽr alle ab 2016 einfĂĽhren. ) (jlu)